Gevelsberg. Tausende sorgen für ein tolles Spektakel beim Gevelsberger Kirmeszug. Viele agieren im Hintergrund. Die Zugleitung gibt interessante Einblicke.

14.03 Uhr. Wieso dröhnen die Sirenen nicht? Haben die bei der Kreisleitstelle in Schwelm etwa die Gevelsberger Kirmes vergessen? „Abmarsch“ ruft Markus Loetz. Niemand will mehr warten. Die Menge hinter ihm will los, endlich können die vielen Gevelsbergerinnen und Gevelsberger zeigen, was sie in den vergangenen Monaten auf die Beine gestellt haben, worauf alle so lange gewartet haben. 14.04 Uhr.

Die Leitstelle hat endlich auf den Knopf gedrückt. Der Kirmeszug 2023 ist jetzt auch offiziell gestartet. Und ist wieder ein Erlebnis – für alle Beteiligten. „Wenn es erstmal losgegangen ist, dann kann ich nicht mehr viel machen“, sagt Dirk Hennig, er ist der Sprecher der Zugleitung, bei ihm und seinen fünf Mitstreitern liegt jetzt die Verantwortung, dass der Zug läuft und die Lücken nicht zu groß werden.

Auf 700 Metern wird aufgestellt

Die Männer mit den schwarzen Kappen und blauen Kitteln sagen, wann ein Wagen eine Pause einlegen muss, wann es weiter geht. Sie sind es, die die Nummern auf die Hagener Straße einzeichnen. Für jede Kirmesgruppe, für jede Darstellung, zentimetergenau ausgemessen. Damit jeder weiß, wo er hin muss. Und doch ist die meist gestellte Frage in den zwei Stunden vor dem Start: „Wo muss ich denn hin?“ Für Dirk Henning, Peter Ulrich, Daniel Wollny, Tobias De Heel, Björn Schonlowski, Peter Mertens und Bernd Stich, der für den erkrankten Dirk Bleicher eingesprungen ist, ist es die stressigste Zeit des Tages.

Die Feuerwehr Gevelsberg und die Zugleitung freuen sich auf die Gevelsberger Kirmes. Von Links: Bernd Stich, Daniel Wollny, Falk Ramme, Tobias De Heel, Stephan Breger, Peter Ulrich, Dirk Henning, Björn Schonlowski und Peter Dietrich.
Die Feuerwehr Gevelsberg und die Zugleitung freuen sich auf die Gevelsberger Kirmes. Von Links: Bernd Stich, Daniel Wollny, Falk Ramme, Tobias De Heel, Stephan Breger, Peter Ulrich, Dirk Henning, Björn Schonlowski und Peter Dietrich. © WP | Carmen Thomaschewski

700 Meter ist die Aufstellfläche lang – von der Drehbank bis zur Friedhofstraße. Von der 1 bis Nummer 93. Welche Gruppe wo startet, wird ausgelost. Die Fidelen Vogelsanger gehen mit ihrem Fluch der Karibik als letzte Kirmesgruppe auf die Strecke. Genau genommen an diesem Sonntag um 15.05 Uhr, wie Dirk Henning am Telefon hört. Er ist gerade auf der Mittelstraße mit den Bambinis und der Spielleute-Vereinigung Gevelsberg angekommen – sie führen den Zug in den Hexenkessel. Nicht nur die Sonne knallt, die Menge tobt.

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Zum Glück hat die Feuerwehr neben der Harfe eine Wasserdusche eingerichtet. Eine willkommene Abkühlung. Das Wasser sprudelt aus dem Schlauch. Auch die Polizisten auf ihrem Motorrad machen eine Spritztour durch die Sprinkleranlage 2.0. „Jetzt werden mir nicht mehr 30, sondern nur noch 24 Grad Außentemperatur angezeigt“, sagt einer und lacht. Zumindest kurzzeitig. „Diese Methode wird eigentlich bei Waldbränden eingesetzt“, erklärt Uwe Wolfsdorff, der ehemalige Feuerwehrchef. Er ist im Ruhestand und steht entspannt in der Menge und ist einfach nur begeisterter Zuschauer.

Hier gibt es weitere Fotos vom Kirmeszug

Sein Nachfolger Falk Ramme und dessen Stellvertreter Stephan Breger sind bei den Feuerwehr-Bambinis mittendrin in dem Trubel auf der Straße. Der Feuerwehr-Nachwuchs zeigt auf dem Laufsteg, was die Einsatzkräfte alles machen, und würdigt mit einer Darstellung auch Rüdiger Kaiser und seine Verdienste für die Wehr. Für den stellertreten Feuerwehrchef ist es die letzte Kirmes vor seinem Ruhestand. Der Jubel am Straßenrand ist riesig. Nicht nur für ihn, für alle.

Willkommene Abkühlung

15.16 Uhr. Der Zug kommt bei Hedtstück an. Auf dem Dach der Markthalle moderiert wieder Jan Schulte, Horst Hedtstück ist sich sicher, „150.000 Besucher sind es in diesem Jahr – mindestens“. Auch wenn er sicherlich nicht durchgezählt hat, die Schätzung ist nicht ganz verkehrt. „So brechend voll war die Hagener Straße schon lange nicht mehr“, sagt Dirk Henning. Er ist schon seit Jahren in der Zugleitung und ist froh, dass alle Trecker und Zugmaschinen angesprungen sind. Er sagt: „Alle sind weggekommen.“

Jeder Zugleiter hat seinen Abschnitt im Blick. Tobias de Heel ist den vorderen Kirmesgruppen zugeteilt, geht vor, wieder zurück, telefoniert, winkt, spricht sich kurz ab, geht wieder vor. Sieben Kilometer wird er am Ende zurückgelegt haben. 15.35 Uhr. Der Zug kommt oben am Kirmestor an. Zumindest die ersten Wagen.

Die Feuerwehr sorgte an der Harfe für Abkühlung
Die Feuerwehr sorgte an der Harfe für Abkühlung © Carmen THomaschewski

Pavillons, Sonnenschirme, Kühlboxen, sogar das ein oder andere Bier wurde mit Wassereis gekühlt. Die Zuschauer genießen ihren Kirmeszug. Sie haben auf der Hagener Straße so gut wie keine Lücken gelassen. Und der Zug? Keine großen Lücken und keine besonderen Vorkommnisse. „Ich hatte am meisten Angst vor der Hitze“, sagt Dirk Henning. Doch die Menschen sorgen für ausreichend Getränke, bei den Bambinis wird haufenweise Wassereis verteilt, wer will, wird mit Sprühflaschen abgekühlt. Besonders große Freude macht die Kirmesgruppe Schnellmark mit ihrem Freibad Schwimm In und vor allem ihren Wasserpistolen, die unter Dauerfeuer gesetzt werden. Herrlich.

Wer die Brumse sieht, leidet mit. Steam-Punk, schwitzende und Kohle schaufelnde Menschen, heiße Maschinen, Dampf. Ganz viele Kohle gibt es bei der Zug-Premiere der Kirmesgruppe Silschede zu sehen, der Wiege des Bergbaus. Stimmung machen alle Gruppen. Aechte de Bie’cke mit ihren Ghostbusters, Im Dörnen mit ihrer eigenen Kirmes. Autoscooter-Chef Andreas Alexius drehte dort mit Bürgermeister Claus Jacobi seine Runden. Dem Bürgermeister widmeten die Mühlenhämmer den Wagen „König Claus – der Biogaskönig“.

Die Laune ist bestens: Es gibt sogar extra T-Shirts für die Kirmesfreunde.
Die Laune ist bestens: Es gibt sogar extra T-Shirts für die Kirmesfreunde. © Carmen Thomaschewski

Neben den Wagen laufen viele Menschen her, sogenannte Rad-Engel. Sie passen auf, dass niemand unter die Räder kommt. „Etwa 30 kommen aus Schwelm“, sagt Jörg Brandenburg, er ist Zugleiter beim Heimatfestzug in der Nachbarstadt. Dirk Henning hätte vor zwei Jahren den Vorstoß gemacht, dass die Städte besser zusammen arbeiten. Aus Haspe sind Helfer dabei, aus Voerde auch. „Ich bin froh, dass sie hier sind“, sagt Dirk Henning. „Ich auch und dass es diese so wichtige Kooperation gibt“ sagt Jörg Brandenburg. Vor einigen Jahren wurden 20.000 Euro für den Sicherheitsdienst während des Schwelmer Zuges ausgegeben. Das ist jetzt nicht mehr nötig.

Und weiter gehts: Mit Börkey Tropical, Den Hippen auf Wacken, Vie ut Asbi‘eck, die den Toten gedachten, Dä vam Lusebrink, die ihren 50. Geburtstag mit Disney feiern, Vie vam Kopp und ihrem Tomorrow-Land, diese Gruppen sind noch unterwegs, als Dirk Henning schon wieder dabei ist, die Gruppen sicher aus der Innenstadt zu leiten.

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17.15 Uhr kommt auch der letzte Beitrag am Kirmestor an. Berge hat gar keine Darbietung gezeigt. Nach 18 Uhr haben auch die Zugleiter Feierabend. Die Mützen mit der „Zugleiter-Aufschrift“ wird jetzt ein Jahr liegen bleiben. „Wir tragen diese nur an Kirmessonntag. Der übrigens bei der Feuerwehr begann. Die Versorgungsabteilung hat für 200 Einsatzkräfte aus Feuerwehr, DRK, Rettungsdienst und für die Zugleitung ein fantastisches Frühstück aufgetischt. „Damit wir alle gemeinsam in den Tag starten. Es ist heiß, es wird anstrengend, aber wir kriegen das hin“, sagt Falk Ramme. Und sie haben es hinbekommen. Allen voran die Kirmesgruppen, die vielen Helferinnen und Helfer, die Zuschauer, und all die Menschen, die im Hintergrund agieren. Wie die Zugleitung.