Schwelm. Nach mehrjähriger Bauzeit eröffnet Ditib in Schwelm nun die neue Moschee an der Hattinger Straße. Ein Projekt mit Höhen und Tiefen.

Der Beschluss, dass die muslimischen Gemeinde eine Moschee an der Hattinger Straße errichten darf, hatte für einen Aufmarsch von Rechtsextremen aus dem ganzen Land in Schwelm gesorgt. Acht turbulente Jahre später, ist der Bau mit der goldenen Kuppel nun tatsächlich fertig. Der Vorsitzende der türkisch islamischen Gemeinde Schwelm, Osman Nuri Yilmaz, ist glücklich und erleichtert, dass das Gebetshaus am Freitag, 26. Mai, endlich eröffnet wird. Das ganze Wochenende über feiert die Gemeinde und jeder ist willkommen.

Bis dieser Tag erreicht war, mussten die Schwelmer Muslime einige Aufregung hinter sich bringen. Zuvorderst natürlich die zum Teil menschenverachtenden Proteste, angeführt von der ehemaligen Kleinstpartei Pro NRW und alten Kadern der Republikaner im Oktober 2015. Ihnen stellten sich bei ihrem Aufmarsch 250 Gegendemonstranten und tausende friedlich Feiernde beim Schwelmer Friedensfest entgegen. Wie sehr Religionen und Nationalitäten durch dieses Ereignis in Schwelm seinerzeit zusammengerückt waren, zeigt sich bis heute in einem exzellenten Verhältnis, das auch die Vertreter der christlichen Kirchen mit den Muslimen pflegen.

Schweineköpfe, Unfall, Gebetsrufe

Auch der Müllsack mit zwei Schweineköpfen, den Unbekannte auf der Baustelle abgelegt hatten, der schwere Arbeitsunfall, als ein Dachdecker während der Bauphase abstürzte oder der Gebetsruf, der zwischenzeitlich während des ersten Coronalockdowns in zu hoher Lautstärke durch die Stadt hallte, konnten dem guten Verhältnis der Schwelmer untereinander – egal welchen Glaubens – nichts anhaben. Das neu gebaute Minarett soll übrigens stumm bleiben.

„Wir fühlen uns in Schwelm sehr wohl. Und wir möchten die Schwelmer gern einladen, uns zu besuchen“, sagt Osman Yilmaz, der einen Rückblick auf die Bauphase wirft, die nun schon seit März 2018 anhält. Genauer gesagt war da die Grundsteinlegung, die ersten Räumungs- und Schachtarbeiten an den Grundstück fanden schon eher statt. Zwischenzeitlich hatten die Passanten das Gefühl, die Baustelle stehe über Monate still. Und so ganz täuschten sie sich mit dieser Vermutung nicht, wie Yilmaz klar macht: „Wir haben das Projekt ausschließlich über Spenden finanziert und konnten manchmal eben erst weiterbauen, wenn wir wieder Geld in der Kasse hatten.“

Mescidi Aksa ist die Schwelmer Moschee benannt – wie der große Bau in Jerusalem.
Mescidi Aksa ist die Schwelmer Moschee benannt – wie der große Bau in Jerusalem. © WP / Stefan Scherer | Stefan Scherer

Den Moscheebau hatte der Vorstand im Jahr 2018 einmal mit 1,2 Millionen Euro veranschlagt. Inflation und zusammenbrechende weltweite Lieferketten haben dafür gesorgt, dass die Gemeinde am Ende in noch größeres finanzielles Paket stemmen musste. Schwierigkeiten bei der Finanzierung bereitete den Schwelmer Muslimen vor allem die Corona-Pandemie. „Da konnten wir über lange Zeiten gar keine oder nur kaum Spenden sammeln“, sagt Osman Nuri Yilmaz. Andererseits: Über die Pandemie-Jahre ist die Gemeinde sogar gewachsen. 406 Mitglieder hat sie nun offiziell, vor Corona waren es etwa 100 weniger. Und: „inklusive der Angehörigen kann man pro angemeldetem Mitglied etwa zwei weitere Familienangehörige dazurechnen, so dass wir mehr als 1000 Gläubige haben“, rechnet der Vorstandsvorsitzende vor. Fast alle seien Schwelmer, ein kleiner Teil komme auch aus Sprockhövel und Wuppertal.

Neubau ist längst überfällig gewesen

Der Bau der Moschee sei lange überfällig gewesen, betont der Gemeindevorsitzende. Zwar habe die Gemeinde seit vielen Jahren direkt nebenan ein Gebetshaus betrieben, „doch das war alles sehr improvisiert, keine richtige Moschee“, wie Yilmaz betont. Der neue Bau biete nun einen Mehrzweckraum, einen Gebetsraum für etwa 290 Gläubige, dazu Sozialräume.

Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, was an der Hattinger Straße während der vergangenen Jahre entstanden ist, den lädt die türkisch islamische Gemeinde Schwelm für Freitag ab 16 Uhr ein, um mit ihr gemeinsam die Eröffnung zu feiern. Neben mehreren hochrangigen Festrednern und einem Gebet wird es auch Führungen durch die Moschee sowie einen Imbiss geben.

Von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet zogen die Rechtsradikalen im Oktober 2015 durch die Stadt Schwelm. Die Schwelmer machten deutlich, dass für diese Gedankengut kein Platz in ihrer Stadt ist.
Von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet zogen die Rechtsradikalen im Oktober 2015 durch die Stadt Schwelm. Die Schwelmer machten deutlich, dass für diese Gedankengut kein Platz in ihrer Stadt ist. © WP | Stefan Scherer

Dem offiziellen Festakt am Freitag, 26. Mai, folgen zwei weitere Tage Eröffnungsfest. Sowohl am Samstag, 27. Mai, als auch am Sonntag, 28. Mai, lädt die Gemeinde jeden zum Eröffnungsfest an die Hattinger Straße 18 von 12 bis 19 Uhr ein.

Direkt am Freitag mit dabei sein wird auch Bürgermeister Stephan Langhard, der sich sehr darauf freut und sich deutlich für die Werte positioniert, die die Schwelmer seit jeher hochhalten – ungeachtet rechtsradikaler Störfeuer wie vor einigen Jahren: „Unsere Schwelmer Stadtgesellschaft ist vielfältig. Für die einen ist Schwelm erste Heimat, für andere ist Schwelm zur zweiten Heimat geworden. Dazu gehören auch Gotteshäuser für unterschiedliche Religionen. Wenn man mit Schwelmer Kindern auf einer Stadtführung unterwegs ist, sprechen die Mädchen und Jungen zu meiner Freude über die Christuskirche, die Marienkirche und auch über die Moschee – ein Zeichen für gelebten islamischen Glauben. Ich freue mich daher sehr für die islamische Gemeinde, deren Wachsen und Werden wir über die Jahre mitverfolgt haben und die längst Teil unserer Stadtgeschichte ist.“

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