Schwelm. Der Streit um das Stadtmarketing Schwelm eskaliert zunehmend. Stephan Langhards Stuhl als Aufsichtsratsvorsitzender wackelt mittlerweile heftig.
Während am Sonntag mit dem Schwelmer Trödelmarkt die größte Veranstaltung des Schwelmer Stadtmarketings Zehntausende nach Schwelm locken wird, tobt hinter den Kulissen ein erbitterter Kampf um die Zukunft der GmbH. Dieser Zwist erlebte während der Gesellschafterversammlung am Dienstag, 3. Mai, ihren vorläufigen Höhepunkt, als die privaten Gesellschafter in deutlichsten Worten von Bürgermeister Stephan Langhard forderten, den Ratsbeschluss zur Quasi-Auflösung des Stadtmarketings zurückzunehmen. Zudem wird der Aufsichtsrat des Stadtmarketings Stephan Langhard aller Wahrscheinlichkeit nach als seinen Vorsitzenden abwählen. Der Bürgermeister ist nun bemüht, Ruhe in die Lage zu bekommen, die CDU, SPD, Grüne, Linke und BIZ mit ihrem gemeinsamen Antrag bis zum Siedepunkt aufgeheizt haben.
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Was bisher geschah: Nachdem die FDP-Fraktion an den Rat der Stadt Schwelm den Antrag gestellt hatte, die Wirtschaftsförderung der Stadt aus dem Rathaus wieder abzuziehen und dem Stadtmarketing, das auch in weiteren Bereichen finanziell wie personell gestärkt werden sollte, zuzuführen, konterten die oben angeführten Fraktionen nur einen Tag vor der Ratssitzung im Februar und drehten den Spieß um.
Massiver Ärger über Ratsbeschluss
Sie beschlossen, das strategische Stadtmarketing, der Tourismus, Events und Kulturveranstaltungen unter Einbeziehung des Hauses Martfeld als Ausstellungs- und Veranstaltungsort beim Wirtschaftsförderer anzusiedeln. Da hatte Wirtschaftsförderin Daniela Mehling bereits gekündigt, der jetzige Wirtschaftsförderer – SPD-Mann Oliver Kochs – hatte bereits eine Initiativbewerbung an das Rathaus gesendet. Der bekommt für diese Aufgaben 1,5 weitere Stellen im Rathaus zur Verfügung gestellt. Außerdem bekommt Kochs 30.000 Euro, um bis zum 1. Januar 2024 ein Stadtmarketingkonzept für Schwelm entwickeln zu lassen. Den dritten Punkt, der vorsah, in der GmbH nur noch 0,5 Stellen verbleiben zu lassen, vertagten die Politiker.
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Ein Schlag ins Gesicht der privaten Gesellschafter des Stadtmarketings, die darin eine Aushöhlung ihres Engagements sehen. Denn einerseits werden Kompetenzen und Entscheidungsgewalten aus der GmbH – derzeit mit Geschäftsführerin Claudia Lipke und der weiteren Angestellten Daniela Weithe mit 1,25 Stellen ausgestattet – ins Rathaus abgezogen. Andererseits ist all dies durch die Politik erfolgt, ohne vorher mit den denjenigen zu sprechen, die ehrenamtlich mit privatem Geld im Stadtmarketing engagiert sind.
Einstimmig – lediglich bei Enthaltungen der AVU und der Sparkasse, wie diese Zeitung aus gut informierten Kreises erfuhr – haben sich die Gesellschafter dafür ausgesprochen, den Ratsbeschluss abzulehnen und Bürgermeister Stephan Langhard, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der GmbH ist, aufzufordern, den Ratsbeschluss zurückzunehmen. Mit deutlichen Worten machten sie ihm am Dienstag im Schulhaushotel klar, dass sie gar nichts davon halten, wie Politik und Verwaltung ihr Engagement behandeln.
Bürgermeister Stephan Langhard äußert sich dazu auf Nachfrage dieser Zeitung wie folgt: „Den Ratsbeschluss, dem ein gemeinsamer Antrag von fünf Ratsparteien zugrunde liegt, halte ich, wie auch die Kommunalaufsicht des Ennepe-Ruhr-Kreises, für rechtmäßig. Die häufig geäußerte Behauptung, dass damit die Entscheidungsgewalt in die Stadtverwaltung implementiert würde, ist nicht zutreffend. Er beinhaltet im Übrigen, neben der gesondert zu klärenden Frage des ,strategischen Stadtmarketings’ allein Punkte, die in die Organisationshoheit der Stadt fallen. Eine pauschale Rücknahme ist damit nicht angezeigt.“ Das werden die Privaten um Schwelmer Wirtschaftsgrößen wie Ralf Stoffels, Burkhard Pass oder Dr. Hans-Joachim Vits nicht hinnehmen – zumindest deutet alles darauf hin.
Stimmung kippt im Aufsichtsrat
Denn im Aufsichtsrat ist die Stimmung bereits gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Stephan Langhard gekippt. Eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung sollte als einzigen Tagesordnungspunkt die Wahl eines Vorsitzenden beinhalten. Eine Abwahl des Bürgermeisters wäre mit höchster Wahrscheinlichkeit die Folge gewesen. Diese Sitzung sagte Langhard ab, weil er im Urlaub war und bewertet die Situation auf Nachfrage dieser Zeitung, wie er das Bestreben bewertet, ihn vom Vorsitz zu entfernen, so: „Ein solches Bestreben aus dem Aufsichtsrat gibt es nicht. Sollte ein solches Ansinnen aus dem Kreis der privaten Gesellschafter bestehen, wäre es ein Ausdruck ihres Gefühls der Sorge um die Stadtmarketinggesellschaft. Unabhängig von meiner Person halte ich es auch zukünftig für richtig und sinnvoll, die Funktion des Bürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden durch eine Person ausüben zu lassen, da nur so wesentliche Belange der Zusammenarbeit auf höchster Ebene erledigt werden können.“
Im Raum steht zudem die Frage, ob Langhard seinen Pflichten als Aufsichtsratsvorsitzender nachgekommen ist, Schaden von der Gesellschaft fern zu halten. Aus gut unterrichteten Quellen weiß die Redaktion, dass unter den privaten Gesellschaftern durchaus die Überlegung besteht, dies juristisch prüfen zu lassen.
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Doch wie kann es nun weitergehen mit dem Stadtmarketing? Eine entscheidende Stellschraube, damit der Plan der Ratsfraktionen überhaupt aufgeht, ist dass Stadtmarketinggeschäftsführerin Claudia Lipka ihre Stelle bis zum 30. Juni kündigt. Dies hatte sie Ende des vergangenen Jahres zwar in Aussicht gestellt, eine Kündigung ist nach Informationen dieser Zeitung bei der GmbH jedoch noch nicht eingegangen, deren private Gesellschafter geschlossen hinter Claudia Lipka stehen. Diese hätte dann einen über den 31. Dezember hinaus gültigen Arbeitsvertrag. Und: In ihrer öffentlichen Stellenbeschreibung ist explizit „strategisches Stadtmarketing“ aufgeführt. Zudem besitzt sie als Geschäftsführerin weitreichende Rechte in der Gesellschaft, die nicht so einfach in die Zuständigkeit des Rathauses überführt werden könnten.
Vertrauen wieder aufbauen
Bürgermeister Stephan Langhard will den Fokus auf folgende Entwicklungen legen: „Es geht darum Vertrauen wieder herzustellen und deutlich zu machen, dass privates, ehrenamtliches Engagement von großer Bedeutung ist. Dafür müssen langfristige Perspektiven entwickelt werden. Wenn uns all das gelingt, gehen wir gestärkt aus diesem Prozess hervor und werden unsere gemeinsamen Ziele verfolgen können. Dafür braucht es beiderseits vertrauensvolle Zusammenarbeit.“
Dieses Vertrauen ist nach dem Ratsbeschluss, den die Privaten als Bruch werten, sowie der starren Haltung der Verwaltung und der Politik zunächst zerstört. Alle drei Parteien werden in der kommenden Woche, am 9. Mai, zusammenkommen, um in einer weiteren Versammlung mit den Gesellschaftern über die Zukunft zu beraten.
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