Ennepe-Ruhr/Wuppertal. Amokfahrt eines Wuppertalers (24) durch den EN-Kreis endet mit mehreren Verletzten und einem immensen Sachschaden. Alle Hintergründe zu dem Fall.

Die Bilanz der Verfolgungsjagd, die sich ein 24-Jähriger Wuppertaler am späten Mittwochabend durch mehrere Städte – vor allem Schwelm und Gevelsberg – und über mehrere Autobahnen mit der Polizei lieferte, liest sich erschütternd: drei Verletzte, zwei zerstörte Polizeiwagen, ein demolierter Audi A4 und ein stark beschädigter Lkw. Zwischenzeitlich hatte die Polizei den Flüchtigen, der eine 18-Jährige auf dem Beifahrersitz dabei hatte, mit mehreren Streifenwagen und einem Hubschrauber verfolgt. Das Skurrile: Einen Grund für die Flucht des Mannes hat die Polizei bislang nicht herausgefunden.

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Dabei begann alles vollkommen unspektakulär, ja sogar zufällig. Eine Streifenwagenbesatzung der Wuppertaler Polizei war gegen 22.40 Uhr in ihrem Mercedes Vito auf der Opphofer Straße unterwegs, als ihr in ein Autofahrer auffiel, der offenbar sein Handy während der Fahrt nutzte. Die beiden 26-jährigen Polizeibeamten schalteten das Anhaltezeichen an, um den Wagen zu kontrollieren. Doch anstatt des Wagens, in dem das Smartphone gut sichtbar leuchtete, reagierte ein anderes Auto, das die Beamten überhaupt nicht kontrollieren wollten: ein schwarzer, recht neuer Audi A4; am Steuer der 24-jährige Wuppertaler, auf dem Beifahrersitz eine 18-jährige Remscheiderin. Er gab Vollgas und flüchtete. Umgehend nahm war das Interesse der Beamten an dem Handyverstoß erloschen und sie nahmen die Verfolgung auf. Weit kamen sie allerdings nicht, denn offenbar durch einen Fahrfehler auf regennasser Straße krachten die Polizisten frontal gegen eine Laterne. „Die Kollegen blieben unverletzt, mussten die Verfolgung jedoch abbrechen, weil der Vito nicht mehr fahrbereit war“, sagt Andreas Reuter, Pressesprecher der Polizei Wuppertal im Gespräch mit dieser Zeitung.

Polizeiwagen weggerammt

Die Unfallstelle, an der die Polizei den Amokfahrer endgültig stellte.
Die Unfallstelle, an der die Polizei den Amokfahrer endgültig stellte. © Alex Talash | Alex Talash

Der Wuppertaler rauschte derweil mit hoher Geschwindigkeit über die nah am Kontrollpunkt gelegene Autobahnauffahrt Wuppertal-Elberfeld auf die A 46 und verschwand zunächst. Die Polizei löste eine großangelegte Fahndung aus. Mehrere Streifenwagen und sogar ein Hubschrauber suchten die Region nach dem flüchtigen Audi ab. Der war offenbar auf die A1 gewechselt, über Schwelm und Gevelsberg bis Wetter-Volmarstein gefahren und hatte dort die Autobahn wieder verlassen. Hier heftete sich die Polizei mit zwei Streifenwagen wieder an den Flüchtenden, verfolgten ihn über die Schwelmer Straße in Richtung Gevelsberg. Im zweiten Kreisverkehr, von dem die Vordere Heide abzweigt, hatte die Polizei zudem mit einem Ford-Streifenwagen eine Straßensperre errichtet. Doch der 24-Jährige rammte den Streifenwagen, flüchtete wieder zurück zur Autobahnauffahrt Volmarstein. Eine 26-jährige Polizistin und ihr 30-jähriger Kollege, die sich bei dem Zusammenstoß noch in dem Streifenwagen befanden, wurden leicht verletzt. „Sie blieben allerdings beide dienstfähig“, sagt Andreas Reuter.

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Von mehreren Streifenwagen der Polizei des Ennepe-Ruhr-Kreises, der Polizei Hagen, der Autobahnpolizei Dortmund sowie der Polizei aus Wuppertal verfolgt, raste der Wuppertaler mit dem bereits arg ramponierten Audi Avant über die A1 in Richtung Köln durch Gevelsberg und Schwelm. Kurz vor dem Autobahnkreuz Wuppertal-Nord versuchte er offenbar, seine Verfolger auszutricksen. Der Audi-Fahrer deutete zunächst vor der Ausfahrt Wuppertal-Nord an abzufahren, überholte dann aber einen Lkw und wollte in entgegengesetzter Richtung über die Auffahrt entkommen. Dabei krachte er jedoch in die Front des Scania-Lkw, dessen 46-jähriger Fahrer unverletzt blieb.

Beifahrerin (18) verletzt

Der Audi – im Übrigen ein Leihfahrzeug der Firma Europcar – landete um 23.15 Uhr völlig demoliert im Graben, die Beamten griffen sofort zu und nahmen den 24-Jährigen, der unverletzt geblieben war, fest. Seine 18-jährige Beifahrerin erlitt bei der Amok-Fahrt leichte Verletzungen und wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. „Weil bei dem 24-Jährigen der Verdacht bestand, das Fahrzeug unter berauschenden Mitteln geführt zu haben, wurde dem Mann eine Blutprobe entnommen“, teilt die Polizei Wuppertal mit. Auf Nachfrage kann Andreas Reuter am Donnerstag noch nicht konkretisieren, ob es sich um Drogen oder Alkohol handelt.

Eine Flasche Jägermeister in dem Auto des Flüchtigen. Ist das das berauschende Mittel oder waren auch noch Drogen im Spiel? Dies muss die Wuppertaler Polizei noch klären.
Eine Flasche Jägermeister in dem Auto des Flüchtigen. Ist das das berauschende Mittel oder waren auch noch Drogen im Spiel? Dies muss die Wuppertaler Polizei noch klären. © Alex Talash | Alex Talash

Ist das auch der einzige Grund für die Flucht, die zahlreiche Menschen in (Lebens-)Gefahr gebracht hat? „Wir wissen es nicht und hoffen auf die Ermittlungen“, sagt Andreas Reuter. Fakt ist: Die Beamten haben in dem sichergestellten Wagen keine illegalen Substanzen wie Drogen oder Sprengstoff gefunden, keine Waffe oder andere Dinge, die auf Straftaten hindeuten. Gegen den Mann liegt auch kein Haftbefehl vor. Die Ermittlungen dauern derweil weiter an. Die Beifahrerin wird als Zeugin vernommen, auch die Ergebnisse der Befragung des 24-Jährigen stehen noch aus. Die Polizei beziffert den Sachschaden, den der Mann mit seiner Flucht angerichtet hat, auf mindestens 100.000 Euro.

Die Feuerwehr Gevelsberg rückte zur Unfallstelle aus, um auslaufende Betriebsmittel abzustreuen und die Batterie des Audi abzuklemmen. Die Autobahn 1 musste für die Dauer des Einsatzes zum Teil gesperrt werden.

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