Ennepetal. PCB in Ennepetal ist vorbei. Nach drei Jahren Stress und Millionen-Verlusten läuft der letzte Meter Schlauch nach alter Herstellung bei BIW.
Diese drei Jahre sind an Ralf und Lutz Stoffels nicht spurlos vorbeigegangen. Als ihre Ennepetaler Firma BIW Ende 2019 in die Schlagzeilen geriet, weil sie – nicht gesundheitsschädliches – PCB emittierte, begann für Vater und Sohn eine Zeit, die manchmal etwas von einem Spießrutenlauf hatte. Eine Bürgerinitiative machte auch vor persönlichen Beleidigungen keinen Halt, der Ennepe-Ruhr-Kreis drohte zeitweise, die Produktion stillzulegen. Nun ist das letzte Kapitel in der Ennepetaler PCB-Akte geschrieben. Der letzte Meter Schlauch, der noch nach altem Herstellungsverfahren produziert werden musste, ist am Freitag, 16. Dezember, aus der Maschine gelaufen.
Schwierige Freigaben
„Damit haben wir Wort gehalten, dass bis Ende 2022 überhaupt nicht mehr die Möglichkeit besteht, dass PCB bei uns überhaupt entstehen kann“, sagt Ralf Stoffels. Zum Hintergrund und so einfach wie möglich erklärt: Bei der Silikonherstellung verwendeten die Betriebe in ganz Deutschland chlorhaltigen Vernetzer. Der sorgte dafür, dass PCB im Prozess entsteht und über Kamine in die Luft entweichen konnte. In Ennepetal fand man Flocken, an denen der Stoff nachgewiesen werden konnte. Bald war klar: Es handelte sich um PCB47 und zwei Untergruppen. Keiner dieser Stoffe hat die Möglichkeit, sich im menschlichen Körper festzusetzen, so dass von ihnen keine Gefahr wie bei den dioxinähnlichen PCB ausgeht. Ebenso existieren für diese Stoffe keine Grenzwerte.
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Dennoch: „Wir wollten so sauber sein, wie eben möglich“, sagt Ralf Stoffels. Sieben Millionen Euro ließ sich die Firma die Entwicklung und den Bau einer Filteranlage sowie die Umstellung aller 150.000 betroffenen Produkte auf chlorfreien Vernetzer kosten. „Wir haben sogar tagelang das Dach chemisch reinigen lassen“, ergänzt BIW-Chef Lutz Stoffels und fährt fort: „Zwischen Corona-Krise und Ukrainekrieg hatten wir auch noch mit dieser Mammutaufgabe zu kämpfen.“ Das begann in der Produktion, wie Andreas Natale berichtet: „Das Material mit dem chlorfreien Vernetzer verhält sich bei der Herstellung vollkommen anders.“
Das zog sich aber vor allem bei den Kunden in die Länge. Waren die meisten Umstellungen recht unproblematisch, so dauerten die internationalen Freigaben für die Automobilindustrie bereits länger, doch die höchste Hürde war die Medizintechnik, die enorme Anforderungen an die Produkte und ihre immer gleiche Herstellung stellt. „Doch auch das haben wir nun geschafft“, sagt Senior-Chef Ralf Stoffels, während er mit seinem Sohn Lutz in die Halle der BIW-Tochterfirma LFS geht, um der Produktion des letzten Artikels mit Chlorvernetzer beizuwohnen – ein Dialyse-Schlauch, der nun auch durch ein Nachfolgeprodukt ersetzt wird.
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Geschäftsführer Lutz Stoffels ist es vor allem ein Anliegen, denjenigen zu danken, die sich im Unternehmen besonders bemüht haben, den Umstellungsprozess erfolgreich voranzutreiben. Er hat für Thomas Gruschka, Dr. Hanns-Walter Tunger, Andreas Natale, Thomas Perian und Matthias Wittwer, die alle in anderen Bereichen ihre Fähigkeiten einbringen, ein Präsent dabei, als er auf die eigene Firma blickt und auf die Art und Weise, wie sich die Mitbewerber verhalten haben. „Weil es dieses Gesetz nur in Deutschland gibt und viele die Investitionen gescheut haben, haben sie ihre Produktion ins Ausland verlagert.“ Ein Fall liegt in direkter Nachbarschaft: Die Firma Sico aus Witten fertigt nun in Tschechien.
Bekenntnis zum Standort
Sind die Investitionen also ein Bekenntnis der BIW zum Standort Ennepetal? „Ja, denn hier ist das Herzstück des Unternehmens, hier sind die Verwaltung und die Entwicklung. Aber wir werden uns weiter internationalisieren“, sagt Lutz Stoffels und fasst abschließend die drei Kernpunkte zusammen, mit denen er die PCB-Akte in seinem Unternehmen zuklappt: „Erstens: Ohne chlorhaltigen Vernetzer kann kein PCB mehr bei uns entstehen. Zweitens: Zu keinem Zeitpunkt hat eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung bestanden. Drittens: Auch innerhalb unseres Testprojekts mit dem Institut für Umweltthemen der Universität Duisburg und Essen verwenden wir keinen chlorhaltigen Vernetzer mehr.“
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