Ennepetal. 10 Millionen Klicks: Wilhelm Weide ist 100 Jahre alt, ein Tik-Tok-Star und stiehlt seinem Enkel, Zauberer Marc Weide, die Show.

Wie der gebürtige Marburger Wilhelm Weide nach Ennepetal gekommen ist? „Erst mit dem Auto, dann mit dem Zug“, sagt er. Es ist sein Humor, seine trockene Art, die bei den Menschen ankommt. Damals schon als Inhaber des Ennepetaler Hotels und Restaurants „Hühnerloch“ und heute als Tik-Tok-Star. An diesem Dienstag feiert er seinen 100. Geburtstag, seine Videos haben mehr als zehn Millionen Menschen im Internet gesehen. Sie zeigen ihn und seinen Enkel Marc Weide. Darin präsentiert der bekannte Zauberer einige seiner Tricks, es ist aber Wilhelm Weide, der das Publikum verzaubert.

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„Das mit dem Zaubern, das hat er nicht von mir“, sagt der Großvater. Opa, möchte er übrigens nicht genannt werden, „das macht einen nämlich so alt“. Mit Schach spielen und Kreuzworträtsel lösen halte er sich fit, in den Ruhestand ist er erst mit 78 Jahren gegangen, weil er immer gerne was gemacht hat. „Und dann sind wir erstmal ganz viel gereist“, sagt Erika Thür, mit ihr lebt er seit 35 Jahren zusammen. Nach dem Tod seiner Frau und seiner Zeit als bekannter Gastwirt.

Eröffnung Anfang der 60er Jahre

In Ennepetal wohnt Wilhelm Weide schon lange nicht mehr. Als er das Hotel an der Peddenöde verkauft hat, er sagt, das müsse so Anfang der 90er Jahre gewesen sein, hat er die Klutertstadt in Richtung Kierspe verlassen. Von dort aus gehen seine Videos in die ganze Welt. „Zehn Millionen Mal sind die Videos insgesamt auf Tik Tok, Instagram und Facebook angeschaut worden“, sagt Marc Weide, dabei sei es ihm gar nicht um die Klicks gegangen. Sein Großvater hätte wieder einmal etwas Witziges gesagt, das habe er spontan aufgenommen und dieses kurze Video online gestellt. Als Episode aus seinem Privatleben, mit seinem Großvater, der ihm viel bedeutet. Die Resonanz sei riesig gewesen und weil auch sein Großvater daran Spaß hatte, machten beide weiter.

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Ein Video zeigt den Zauberer, wie er ein Tuch in der Hand verschwinden lässt. Der Senior reißt erstaunt die Augen auf, grinst und sagt „Weiche von mir.“ „Seine Reaktionen sind es, sein Witz, das begeistert die Menschen“, sagt Marc Weide. Millionen Klicks machen das deutlich, dazu unzählige Kommentare. Er habe ihm viele davon vorgelesen, mit dem Internet hat Wilhelm Weide nämlich nichts am Hut. „Danke für die Anrufe“, sagt er in die Kamera und lacht, als sein Enkel ihm erklärt, wie viele Menschen ihn im Internet schon gesehen haben. „Ich habe ihn mal gefragt, wie man am besten eine Frau anspricht“, sagt Marc Weide. Wilhelm Weide antwortete: „Frag einfach, wie gehts.“ „Er hat einfach eine entwaffnende Art“, schwärmt der Enkel.

Spurensuche

Das Hotel hat auch im Internet Spuren hinterlassen, in einer Auflistung der Unterkünfte in Ennepetal aus dem Jahr 1973 steht: „Hotel Weide Im Hühnerloch“ – 17 Betten (3 EZ); Grüntal 4; Besitzer: Willi Weide.

Es gibt auch eine historische Postkarte mit dem Titel: „Café Restaurant Haus Grüntal im Hühnerloch, Inh. W. Weide“.

Heute sind Wohnungen im ehemaligen Ausflugslokal.

Ob er das auch zu seiner Frau Gisela gesagt hat? Fest steht, dass sich beide bei Siegen kennenlernten. Wilhelm Weide war zu dieser Zeit Lkw-Fahrer, seine zukünftige Frau hatte eine Lkw-Raststätte, erzählt Tochter Bettina Weide im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie müsse etwa ein Jahr alt gewesen sein, als sich das Paar entschieden habe, den Gasthof „Im Hühnerloch“ zu kaufen. So sind sie nach Ennepetal gekommen. Hier bauten sie die Gaststätte zu einem Hotel um, Anfang der 60er Jahre. Es wurden viele Zimmer eingerichtet, viel Platz für Restaurantgäste geschaffen, zahlreiche Garagen gebaut, weil ihm guter Service immer wichtig gewesen sei, und die Delegation aus Vilvoorde holte er selbst mit dem Bus ab und brachte diese auch wieder zurück, erzählt Erika Thür im Gespräch mit dieser Zeitung. Viele Menschen trafen sich dort, übernachteten, feierten. Vor allem aber für die Kochkünste war das Hühnerloch bekannt. In der Küche stand Wilhelm Weide. „Meine Mutter hat mir das Kochen beigebracht“, sagt er, und auch bei der Wehrmacht habe er gekocht. Er sei in Stalingrad verwundet worden und habe es gerade noch rechtzeitig nach Haus geschafft. Doch über den Krieg will er nicht reden. „Das ist alles Vergangenheit, ich lebe in der Zukunft.“

Typ zum Pferde stehlen

Die baute er sich mit seiner Frau Gisela in Ennepetal auf, sie bekamen fünf Kinder, der Sohn starb mit 18 Jahren. Und seine Frau verlor er auch viel zu früh. „Er musste uns vier Mädchen alleine groß ziehen“, sagt Bettina Weide, und der Laden musste auch noch laufen. Als es zu viel wurde, hat er verkauft. Er arbeitete dann bei Coca Cola in Gevelsberg. Jetzt liegt sein Lebensmittelpunkt im Sauerland. Wann immer Marc Weide Zeit hat, besucht er seinen Großvater. Mittlerweile lebt der Berufs-Zauberer in Berlin, ist viel auf Tour. Am 15. September tritt er in Hamm auf, im Oktober steht er in mehreren NRW-Städten auf der Bühne. Neue Videos mit seinem Großvater wird es erst einmal nicht geben. Weil es mittlerweile auch Tage gebe, in denen es schwieriger für den Senior sei. Man dürfe nicht vergessen, er ist nun 100 Jahre alt, sagt Marc Weide. „Und ist heute noch ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann, der empathisch ist“, sagt er über seinen Großvater. Und er stiehlt seinem Zauberkünstler-Enkel noch immer die Show.