Schwelm. Das neue Schwelmer Rathaus besteht größtenteils aus Beton, „dem Klimakiller Nummer eins“, sagt Uwe Hugendick (FDP). Passt das noch in die Zeit?

Das neue Rathaus der Stadt Schwelm nimmt Tag für Tag mehr Gestalt an. Erst im Juli fand das Richtfest statt. Tobias Nolte, Inhaber der am neuen Rathaus tätigen Dachdeckerfirma, läutete das Fest damals mit dem traditionellen Richtspruch ein. Zwar sei kein Zimmermann bei dem Neubau wirklich am Werk gewesen, so scherzte er, dennoch wollte er sich die Tradition nicht entgehen lassen. Und genau das ist der Aspekt, der Uwe Hugendick (FDP) sauer aufstößt: „Rathaus und Kulturhaus sind genau das Gegenteil von dem, was der gleiche Rat als sein Klimaschutzziel beschlossen hat“, betont Hugendick.

Denn beide Gebäude entstehen aus Beton, „dem Klimakiller Nummer eins“, fährt der FDP-Politiker fort. „Beton steht für mindestens sieben Prozent der globalen CO2-Emmissionen“, ergänzt Uwe Hugendick und stützt sich dabei auf Analysen des Fußabdruckes sowie auf welche der Europäischen Umweltagentur. So ergibt sich in Hugendicks Augen folgende Rechnung: „Rechnet man nur die Außenwände und Decken kommen über 1800 Tonnen CO2-Äquivalente zusammen.“ CO₂-Äquivalente (CO₂e) sind eine Maßeinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase. Wie groß diese Zahl sei, zeige laut des Stadtrats ein Vergleich mit dem CO2-Ausstoß von Autos. Die Europäischen Umweltagentur (EEA) habe ermittelt, dass die in der EU im Jahr 2017 neu zugelassenen Autos etwa 118,5 Gramm CO2/km durchschnittlich emittieren. Um die gleiche Menge CO2 beim Autofahren einzusparen, müssten mehr als 15.000.000 – in Worten fünfzehn Millionen – Auto-Kilometer weniger gefahren werden, um diese 1800 Tonnen zu kompensieren. „Das ist soviel wie 380 mal um die Erde. Das Kulturhaus kommt natürlich noch dazu“, sagt der Schwelmer Politiker und Architekt.

Schwelms Bürgermeister: Wer baut, der habe auch die Auswirkungen auf das Klima im Blick

Die Redaktion konfrontiert Bürgermeister Stephan Langhard mit der Rechnung des Ratsmitglied. Der sagt dazu: „Das ,Klima‘ und seine Entwicklung sind wortwörtlich existenzielle Themen unserer Gegenwart und auch der Zukunft.“ Wer baut, der habe auch die Auswirkungen auf das Klima im Blick, fügt der Bürgermeister hinzu. „Das gilt selbstverständlich auch für die Stadtverwaltung Schwelm, wo im Rahmen der Planung für die beiden Objekte – auch unter Beteiligung der FDP – der Aspekt der Klimaeinsparungen sehr sorgsam abgewogen worden ist.“ Als Beispiele wären beim Rathaus die PV-Anlage, die Dachbegrünung und die Nutzung des Brunnenwassers für den Wärme-/Kälte-Haushalt zu nennen. Die Entscheidung über die verwendeten Baumaterialien sei verantwortungsvoll durch den Rat unter Abwägung aller Vor- und Nachteile beschlossen und auf den Weg gebracht worden, so Langhard.

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Die genannten Beispiele des Bürgermeisters sind die Vorhaben, die nach Abschluss des Baus umgesetzt werden sollen. So soll ein großer und offener Innenhof entstehen, der im Inneren des Gebäudes von jeder Seite zu sehen ist. Der Innenhof soll künftig für Idylle sorgen, wird ebenfalls begrünt. Zudem werden in der vierten und somit obersten Etage des neuen Rathauses vermutlich ab Herbst 2023 vor allem die Schwelmer Politiker zusammenkommen. Im obersten rechten Teil des Gebäudes wird der neue Sitzungssaal seinen Platz finden – mit einem Blick durch eine großzügige Fensterfront auf die Innenstadt. Zum Innenhof hin entstehen weitere Büroräume. Auf dem Dach der gegenüberliegenden Gebäudeseite sollen Photovoltaik-Anlagen angebracht werden. Außerdem steht auf der Agenda, dass das gesamte Dach begrünt wird. Das neue Schwelmer Rathaus soll im Herbst 2024 bezogen und in Betrieb genommen werden.

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Gegen diese Pläne stellte sich die FDP-Fraktion von Beginn an, als noch unter Ex-Bürgermeisterin Gabriele Grollmann die Zentralisierung auf dem ehemaligen Brauereigelände beschlossen wurden. Die Liberalen hatten sich seinerzeit dafür stark gemacht, die Gustav-Heinemann-Schule, die seit Jahren leer steht und zunehmend verfällt, umzubauen und dort die Stadtverwaltung unterzubringen.