Gevelsberg. Immer wieder hat es auf der A1 bei Gevelsberg Unfälle gegeben. Gibt’s eine Unfallhäufungsstelle? Und falls ja, warum? Das sagen Verkehrsexperten.
Die A1 ist in den vergangenen Monaten immer wieder in den Fokus gerückt. Schwere Unfälle ereigneten sich im Monatstakt, Menschen starben oder wurden schwer verletzt. Es ist eine ungewöhnliche Häufung dramatischer Ereignisse: Ist dies einfach nur Zufall? Oder steckt sehr viel mehr dahinter? Die Autobahnpolizei Dortmund, ein Unfallexperte des ADAC und die Autobahn GmbH nehmen auf Nachfrage dieser Redaktion Stellung.
21 Kilometer im Fokus
Im Mittelpunkt steht der 21 Kilometer lange Autobahnabschnitt zwischen Hagen und dem Autobahnkreuz Wuppertal-Nord - in beide Fahrtrichtungen. Besonders rund um die Ausfahrt Gevelsberg krachte es in den vergangenen Monaten immer wieder (siehe Infokiste). Meist waren es Lkw, die an den Auffahrunfällen beteiligt waren. Roman Sutholt, Fachbereichsleiter für den Bereich Verkehr und Umwelt beim ADAC, erklärt, dass oft ein Grund sei, dass sich die Fahrer bei der Geschwindigkeit verschätzten. Weil sie abgelenkt seien, nicht damit rechnen, stehen zu müssen, wenn links gefahren wird. Auch die Autobahnpolizei Dortmund, die für diesen Streckenabschnitt zuständig ist, hat bei der Auswertung der Unfallursachen ermittelt, dass Unaufmerksamkeiten eine große Rolle spielen. In Zahlen bedeutet das: 18 Prozent der Hauptunfallursachen sei ein zu geringer Sicherheitsabstand und bei 14 Prozent eine unangepasste Geschwindigkeit (siehe Grafik).
„Vor allem auf geraden und gut einsehbaren Strecken neigen Lkw-Fahrer immer wieder dazu, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen“, weiß auch Sutholt. „Eigentlich, so der Verkehrsexperte, ist eine Autobahn die sicherste Straße in Deutschland. Wenn sich plötzlich Unfälle häufen, dann hat sich meist etwas verändert.“ Im Falle der A1 sei dies ganz klar die Sperrung der Brücke auf der Autobahn 45 bei Lüdenscheid, so Sutholt. Seit dieser Entscheidung vor etwa sieben Monaten ist die A1 Teil der offiziellen Umleitungsstrecke über die A4 und A3 weiß der ADAC-Experte. Das sei ein massiver Eingriff in das bestehende Gefüge. Auch Baustellen wirkten sich aus, auch wenn sie sich nicht unmittelbar in dem Streckenabschnitt befinden, in denen sich die Unfälle ereignen. Roman Sutholt erklärt: Es staut sich an der Baustelle, die Fahrzeuge stehen mehrere Kilometer und es kommt zum Auffahrunfall. Eine Baustelle, verschiedene Unfallstellen.
Baustelle Volmarstein fast fertig
https://www.waz.de/archiv-daten/wp-gevelsberg-a-1-unfaelle-1-id235953771.htmlAuf Nachfrage dieser Zeitung bestätigt die Autobahn GmbH, dass es in dem Streckenabschnitt drei Unfallhäufungsstellen gibt - und zwar in den Baustellenbereichen für die Brückenbaumaßnahmen Volmarstein und Hengstey. „Hier wurden in den vergangenen drei Jahren immer wieder Anpassungsarbeiten bei der Baustellenverkehrsführung durchgeführt“, teilt der Straßenbaulastträger mit. Unter anderem seien mobile Stauwarnanlagen installiert worden, hätten Markierungsarbeiten stattgefunden und es seien Geschwindigkeitsbegrenzungen eingerichtet worden.
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Eine Baustelle wird Anfang September der Vergangenheit angehören: „Die Baumaßnahme Volmarstein ist so gut wie abgeschlossen“, teilt die Deges auf Nachfrage mit. Noch laufen Restarbeiten unter der Brücke, im Grünbereich und es fehlt auch noch eine Wartungstreppe an der Spritzbetonwand. Die Autobahn ist in dem Bereich jedoch wieder dreispurig, nur auf Höhe der Baustellenausfahrt ist noch eine Geschwindigkeitsbegrenzung. „Somit dürfte sich auch die Unfalllage in diesem Bereich wieder normalisieren“, teilt die Autobahn GmbH mit. Weiter heißt es: „Die Baumaßnahme Hengstey läuft noch und wird darum auch weiterhin kontinuierlich auf mögliche Verbesserungen überprüft.“
2020 ein Tiefstand
Aus Sicht der Autobahnpolizei und mit Blick auf die Anzahl der Verkehrsunfälle und die Schwere der Ereignisse auf dem Streckenabschnitt sei die Entwicklung rückläufig. „Während 2019 noch 13 Personen bei Verkehrsunfällen schwer verletzt wurden, waren es 2021 nur fünf. Nach dem Rückgang der Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten von 35 auf 26 im Jahr 2020 stieg die Anzahl im Jahr 2021 um zwei auf 28 an“, teilt die Dortmunder Autobahnpolizei mit. Aktuelle Zahlen für 2022 seien noch nicht ausgewertet.
https://www.waz.de/archiv-daten/wp-gevelsberg-a-1-karte-id235956115.htmlDiese Tendenz sieht auch der ADAC-Experte: „2020 hat es die wenigsten Unfalltoten insgesamt gegeben.“ Durch Corona seien viel weniger Menschen auf den Straßen im Land unterwegs gewesen. 2021 sei der Verkehr schon wieder angezogen und auch die Zahl der Verletzen gestiegen. „2022 sind wir schon fast wieder auf dem Niveau von vor Corona.“ Roman Sutholt meint sowohl das Verkehrsaufkommen als auch die Anzahl der Unfallopfer.
Ob der Streckenbereich rund um Gevelsberg nach den Unfällen in diesem Jahr offiziell zu den Unfallhäufungsstellen zählen wird, wird derzeit ermittelt.
https://www.waz.de/archiv-daten/wp-gevelsberg-a-1-unfaelle-2-id235954695.htmlDas ist – per Definition – immer dann der Fall, wenn sich in einem Jahr innerhalb eines Kilometers drei schwere Unfälle ereignet haben. Gleichzeitig wird auch der Blick auf die vergangenen drei Jahre gerichtet. Dabei geht es nicht um Blechschäden, sondern um Unfälle, bei denen Menschen schwer verletzt wurden oder an den Folgen gestorben sind.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Situation tatsächlich durch den Abbau der Baustelle an der Brücke Volmarstein bereits entschärft hat.