Gevelsberg. Nach 13 Jahren Gevelsberger Kirmes ist Schluss. Hammerschmied Bernd Matthäi hört auf. Im Interview spricht er über seinen emotionalen Abschied.

Er ist die Symbolfigur der Kirmes und des Kirmeszuges in Gevelsberg: der Hammerschmied. Und seit 13 Jahren ist Bernd Matthäi das Gesicht dieser Symbolfigur. Schon bald wird es heißen: Er war das Gesicht dieser Symbolfigur. Denn in diesem Jahr möchte der Mann mit dem trockenen Humor und dem nordischen Einschlag in der Aussprache den Hammer weitergeben. Ein Abschied, den er sich wohl überlegt hat, der ihm aber keineswegs leicht fällt, wie im Interview mit der Redaktion deutlich wird.

Du hast ein paar Deiner letzten Termine als Hammerschmied hinter Dir und erlebst jetzt die letzte Kirmes in Deiner Rolle. Was macht das mit Dir?

Bernd Matthäi: Das ist ein komisches Gefühl, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich hatte beim Kirmesabend ja mit ‘nem Heulkrampf gerechnet, aber da bin ich noch gut daran vorbeigekommen. Ich bin meine Rede auf der Terrasse so zwei Stunden vor’m Kirmesabend noch mal durchgegangen. Dabei hatte ich schon feuchte Augen und dachte mir, das kann gefährlich werden.

Was wird denn Dein letzter offizieller Auftritt?

Schwelm im September. Da fahre ich noch einmal beim Heimatfestzug mit.

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Wie fühlst Du dich, wenn Du an diesen letzten Auftritt als Hammerschmied denkst?

Das ist das letzte Mal, wo ich meine Hammerschmied-Klamotten anhaben werde. Das ist auch ein komisches Gefühl. Das war beim Zug in Haspe schon komisch. Da habe ich mich verabschiedet und hatte eine Träne im Auge. Ich habe das immer gerne gemacht und habe das gelebt.

Wenn Du die Figur 13 Jahre lang verkörpert hast, muss Dir ja daran auch etwas gelegen haben.

Ja, man hat sehr viele Leute kennengelernt, Freundschaften geschlossen – auch in den Nachbarstädten. Das war eine ganz tolle Sache.

Kurz und knapp

Die Gevelsberger Kirmes ist für mich...

...das schönste Volksfest der Welt.

Mein Nachfolger als Hammerschmied braucht...

...keine Angst zu haben.

Am meisten als Hammerschmied fehlen wird mir...

...die glänzenden Kinderaugen, wenn ich die Bonbons auf die Straße werfe. Ich habe auch immer sehr viel Spaß gehabt, die Kirmesführung mit den Gewinnern eurer Zeitung zu machen.

Hattest Du vorher schon ein „Kirmes-Amt“?

Nein, gar nicht. Meine Frau ist in der Kirmesgruppe Im Dörnen, die ist da reingeboren worden. Wenn dann mal eine Geburtstagsfeier war, wurde ich als Partner immer mal mit eingeladen. Und dann habe ich irgendwann gesagt: ,Ich werde hier ständig eingeladen, ich komme auch mal und helfe beim Bauen.’ Als ich Hammerschmied wurde, bin ich auch Mitglied der Kirmesgruppe geworden.

Wie waren Deine Anfänge als Hammerschmied? Wie bist Du in die Rolle hineingewachsen?

Als ich von meinem Vorgänger Michael Sichelschmidt dafür vorgeschlagen wurde, wussten ja 90 Prozent der Leute in Gevelsberg gar nicht, wer ich bin. Michael hatte sich gedacht, dass das von der Größe und vom Humor her gut passt. Ich wurde dann von der ganzen Truppe schnell herzlich aufgenommen. Dann kam der erste Kirmesabend, da ging mir natürlich erstmal der Ar*** auf Grundeis, weil ich noch nie im Leben auf einer Bühne gewesen bin. Michael hatte auch einen großen Fußabdruck hinterlassen. Da musst Du erstmal reinkommen. Du repräsentierst ja nicht zuletzt die Stadt Gevelsberg in den Nachbarstädten. Ich hatte mir als Ziel gesetzt, die Kontakte in die Nachbarstädte zu halten und auszubauen. Ich habe super Freundschaften mit den Haspern, Schwelmern und Voerdern geschlossen. Alles in allem habe ich das, glaube ich, nicht ganz so verkehrt gemacht.

Steckbrief: Hammerschmied Bernd Matthäi

Bernd Matthäi ist 62 Jahre alt und stammt gebürtig von der Ostseeinsel Fehmarn. Er wohnt in Ennepetal, lebt aber in Gevelsberg, wie er selbst sagt. Matthäi ist verheiratet und hat einen Sohn.

Den Hammer offiziell übernommen hat Matthäi 2010. Sein Vorgänger als Hammerschmied war Michael Sichelschmidt, der das Amt zehn Jahre inne hatte und Bernd Matthäi als seinen Nachfolger ausgesucht hat. „Er hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Da hab ich erstmal an ,Versteckte Kamera’ gedacht“, erinnert sich Bernd Matthäi. 2009 begleitete er Sichelschmidt schon, als dieser noch Hammerschmied war. Beruflich arbeitet Bernd Matthäi in der Kunststoffproduktion.

Was hat Dich angetrieben, über 13 Jahre die Kirmes-Symbolfigur zu sein? Du hast ja auch viel von Deiner Freizeit investiert.

Das hat einfach richtig Spaß gemacht. Das war nicht so: ,Du bist jetzt Hammerschmied und musst jetzt deine Pflichten da abeiern.’ Ich hätte das auch gerne noch ein, zwei Jahre länger gemacht.

Wieso dann der Abschied?

Meine Frau hat gesagt: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Wir haben darüber gesprochen. Ich stehe kurz vor der Rente und wir haben uns ein Wohnmobil gekauft. Und ich möchte in der Kirmesgruppe wieder mehr bauen. Als Hammerschmied hatte ich nicht viel Zeit, das zu machen, und in der Pandemie ist es da auch alles ein bisschen schwieriger geworden.

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Was ist für Dich das Schönste auf der Gevelsberger Kirmes?

Dass Du Menschen triffst, die Du sonst ein ganzes Jahr über nicht siehst. Diese Geselligkeit, Du stehst da ganz fix mit zehn Leuten und quatschst.

Ändert sich für Dich etwas, wenn Du in Zukunft nicht mehr als Hammerschmied über die Kirmes gehst?

Eigentlich nicht. Ich werde weiterhin da rumrennen, wo ich jetzt auch rumrenne. Ob das in Haspe, in Schwelm oder in Voerde ist. Die Freundschaften, die ich gefunden habe, werde ich weiterhin pflegen und genauso weiterhin auf die Veranstaltungen gehen, auf die ich jetzt gehe. Ich werde nur ein bisschen weniger im Rampenlicht stehen.

Wie ist das mit Deiner Nachfolge geregelt? Hast Du den den nächsten Hammerschmied schon ausgesucht?

Wir haben zwei Experten, die Hammerschmied werden wollen. Einer von beiden wird dann während der Jahreshauptversammlung im Januar gewählt. Darauf bin ich selbst gespannt.