Ennepe-Ruhr. Corona in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal: Gesundheitsamt ruft nicht mehr alle positiv Getesteten an. Pandemie-Team von Fallzahlen überrannt.

Die Corona-Welle türmt sich weiter unaufhaltsam auf. Die Inzidenzwerte und Fallzahlen sind täglich auf Rekordniveau – auch im Ennepe-Ruhr-Kreis. Die Omikron-Variante des Coronavirus sorgt für einen nie gesehenen Arbeitsanfall bei den Gesundheitsbehörden. Mit Folgen für die Bürger: Es können nicht mehr alle Menschen, die positiv getestet wurden, informiert werden. Das gilt auch für Kontaktpersonen. Von jetzt an muss priorisiert werden: Angerufen wird nur noch, wenn die Betroffenen mit vulnerablen Gruppen zu tun haben. Bei allen anderen setzt die Kreisbehörde auf Eigenverantwortung.

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Konkret bedeutet das: Ab sofort kontaktiert das Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises nur noch diejenigen positiv Getesteten persönlich, die in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und anderen medizinischen Bereichen beschäftigt sind. „Für das Vorgehen bei Schulen und Kindertageseinrichtungen werden in den nächsten Tagen neue Verfahrensweisen mit allen Beteiligten abgestimmt“, heißt es aus dem Kreishaus. Bis dahin bleibe es beim bisherigen Verfahren. Hierbei wird jeder weitere Fall von der Gesundheitsbehörde in den Blick genommen, geschaut, wer mit wem und vor allem wie Kontakt hatte, wie die Sitzordnung ist und dann die entsprechenden Quarantäne-Maßnahmen eingeleitet.

40 Prozent der Kitas betroffen

Die Zahlen vom Morgen des 21. Januar machen deutlich, wie massiv alleine hier die Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist: In 40 Prozent aller Kindertageseinrichtungen im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt es derzeit Corona-Fälle, das sind 69 Einrichtungen. In Schulen sind die Dimensionen ähnlich. Hier gibt es mehr als 300 Fälle und noch seien nicht alle Tests ausgewertet, Stand Freitagvormittag.

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„Mehrfach und wiederholt haben wir das Pandemieteam in den letzten Monaten und Wochen verstärkt. Wir haben die Bundeswehr um Unterstützung gebeten, wir haben Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen ins Gesundheitsamt geholt und vor wenigen Tagen haben wir die Zusammenarbeit mit einer Zeitarbeitsfirma aufgenommen“, berichtet Landrat Olaf Schade. Stand heute gehören rund 160 Personen mit umgerechnet 100 Vollzeitstellen zum Pandemieteam.

Eigenverantwortung gefordert

Mehr Personal, sehr engagiertes Arbeiten und auch das Umstellen auf Onlineformulare hat angesichts der Entwicklung aber nicht ausgereicht. „Natürlich“, so Schade, „könnten wir jetzt erneut versuchen, das Pandemieteam zu verstärken. Wirklich nachhaltig wäre das aber nicht. Unsere Erfahrung zeigt: In wenigen Tagen stünden wir erneut am selben Punkt.“ Daher hat der Landrat entschieden, die Aufgaben des Pandemieteams noch stärker zu priorisieren. Es sei aktuell und absehbar schlicht unmöglich, jeden Betroffenen anzurufen.

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Alle, die positiv getestet wurden, werden aufgefordert, sich selbst beim Gesundheitsamt zu melden. Auf der Internetseite gibt es ein Online-Formular, das ausgefüllt werden muss. Zwar melden auch die Ärzte weiterhin die Infektionen, aber auch hier gibt es Verzug. Diejenigen, die daraufhin nicht vom Gesundheitsamt kontaktiert werden, sowohl positiv Getestete als auch Kontaktpersonen, werden um eigenverantwortliches Handeln gebeten. Eine Quarantäne gilt übrigens auch ohne offizielle Mitteilung des Gesundheitsamtes. Wie der Ennepe-Ruhr-Kreis auf Nachfrage mitteilt, muss beim Arbeitgeber ein positiver Laborbefund eingereicht werden. Kontaktpersonen, die im selben Haushalt leben und nicht geboostert sind, müssen eine Bescheinigung mit der Adresse einreichen (siehe Zweittext). Wer einen positiven Schnelltest hat, wird aufgefordert einen PCR-Test zu machen. Anlaufstelle sind niedergelassene Ärzte.

Statistik nicht mehr aktuell

Bürgertelefon und Internet

Bürger, die unsicher sind, welche Regeln wie für sie gelten, können sich zudem an das Bürgertelefon des Kreises (02333/4031449, täglich von 8 bis 18 Uhr) wenden oder eine E-Mail an das Pandemieteam schreiben (pandemieteam@en-kreis.de).

Auf der Internetseite des Ennepe-Ruhr-Kreises finden sich die wichtigsten Informationen rund um Vorgaben für den Umgang mit Testergebnissen, Quarantänen und Kontaktpersonen sowie mögliche Ausnahmen, von denen Bürger mit Auffrischungsimpfungen profitieren können. Grundlage für alles ist die aktuell gültige Corona-Test- und Quarantäneverordnung des Landes.

Aufgrund der hohen Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „steht die Eingabe der Statistik nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste“, heißt es aus dem Gesundheitsamt. Das bedeutet: Derzeit werden positive Getestete nach überstandener Infektion im System aus Zeitgründen nicht mehr als „genesen“ eingetragen. Folgerichtig kann der Kreis keine Statistik zu aktuell Infizierten und Genesenen mehr nennen. Den Genesenen-Status erhalten die Betroffenen trotzdem weiterhin, dieser ist für die Betroffenen elementar, wenn sie am gesellschaftlichen Leben mit 2G-Regeln teilnehmen wollen.

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Ebenfalls neu: Die PCR-Proben werden im Labor nicht mehr auf Virusvarianten hin untersucht. „Das Labor hat zuletzt bei 80 bis 90 Prozent der Fälle Omikron festgestellt. Omikron ist inzwischen also auch bei uns eindeutig die vorherrschende Variante. Variantenspezifische Auswertungen sind deshalb derzeit nicht notwendig und würden die Laborkapazitäten unnötig blockieren“, erklärt Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein.

Die gute Nachricht: Die Hilfe der Bundeswehr wird weiter gehen, bis in den Februar hinein. Erst einmal. Wie es in Zukunft im Gesundheitsamt weitergehen wird, wenn die Fallzahlen noch weiter steigen? „Dann müssen wir neu überdenken, was zu leisten ist und was nicht“, heißt es aus der Behörde.