Gevelsberg. Corona, Flut – im Interview spricht Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi über die Herausforderungen in 2021 und blickt auf kommende Aufgaben.

2021 war wie das Jahr zuvor auch für die Menschen in Gevelsberg eine Herausforderung. Nicht nur, weil die Pandemie den Alltag nach wie vor bestimmte. Auch die Hochwasser-Katastrophe hat in der Stadt ihre Spuren hinterlassen. Alles in allem kein einfaches Jahr für die Gevelsberger Stadtverwaltung. Im großen Interview blickt Bürgermeister Claus Jacobi auf die Herausforderungen in 2021 zurück. Gleichzeitig schaut er auf die wichtigsten Aufgaben im neuen Jahr und spricht über seine persönlichen Wünsche.

Die Pandemie hat 2021 auch Gevelsberg in vielerlei Hinsicht wieder vor große Herausforderungen gestellt. Die Gevelsberger Kirmes ist zum zweiten Mal in Folge ausgefallen. Gibt es trotzdem etwas Positives, dass Sie dem Jahr abgewinnen können?

Claus Jacobi: So schmerzhaft und traurig die Absage unserer geliebten Kirmes war, es bleibt trotzdem noch viel Positives, das wir dem Jahr 2021 abgewinnen können. Allein der geduldige Umgang der Gevelsbergerinnen und Gevelsberger mit der Pandemie, vor allem ihre uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern des Starkregenereignisses im Juli vergangenen Jahres hat mir gezeigt, dass die Menschen in unserer Stadt das Herz am richtigen Fleck haben und sich bei uns einer auf den anderen verlassen kann.

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Das ist am Ende doch das wichtigste für eine örtliche Gemeinschaft, dass Mitgefühl und tätige Nächstenliebe keine leeren Floskeln, sondern gelebte Praxis sind.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, vor die Corona die Stadt stellt? Welche Unterstützungsangebote können Sie als Stadt machen?

Die größte Herausforderung ist, dass wir durch die unvermeidlichen Schwierigkeiten im Umgang mit der Pandemie die Zukunftsfähigkeit, aber auch das Gemeinschaftsgefühl unserer Stadt nicht verlieren. Besonders bedrohlich nehme ich die Einschränkungen wahr, die Kinder und Jugendliche derzeit erfahren und erdulden müssen.

Kurz und Knapp: Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi

Meine Zeit als Bürgermeister war bisher…

…das Beste, das ich beruflich gemacht habe.

In meinem Amt nervt mich, dass…

...ich Ihnen diese Frage nicht beantworten kann, weil mich überhaupt nichts in meinem Amt nervt.

Gevelsberg ist für mich die schönste Stadt, weil…

...Gevelsberg die beste, engagierteste und gemeinwohlorientierteste Bürgerschaft hat, die man sich als Bürgermeister überhaupt nur wünschen kann.

Ich denke aber auch besonders an alte und behinderte beziehungsweise vorerkrankte Menschen. Um diese Bevölkerungsgruppen müssen wir uns kümmern, und gerade als Stadt versuchen wir, all unsere Netzwerke, die der Kinder- und Jugendhilfe, der Familienförderung, der Seniorenarbeit, der Integrations- und Inklusionsarbeit sowie vor allem das nachbarschaftliche Quartiersmanagement so effizient wie möglich an der neuen Situation auszurichten. Aber schwierig bleibt es, solange wir die weltweite Pandemie nicht in den Griff bekommen.

Inwieweit fühlen Sie sich durch Corona in Ihrem Amt aber auch privat eingeschränkt? Was fehlt Ihnen am meisten? Was tun Sie, um abzuschalten?

Mir fehlen vor allem die Intensität und die große Nähe, mit der ich vor der Pandemie auf die Menschen in unserer Stadt und diese auf mich zugehen konnten. Sich fragen zu müssen, ob man sich die Hand geben darf, das ist doch für Menschen als emotionale Wesen eigentlich gegen ihre Natur. Um abzuschalten, muss ich nur nach Hause kommen. Meine Partnerin, mein kleiner Sohn, die familiäre Umgebung, das ist Entspannung genug, um wieder neue Gedanken und Kraft sammeln zu können.

Außer Corona bleibt auch das Hochwasser im Juli aus 2021 im Gedächtnis. Im Vergleich zu anderen Städten ist Gevelsberg zwar glimpflich davongekommen, doch auch hier gab es erhebliche Schäden. Wie muss das Geschehen aus Ihrer Sicht in 2022 weiter aufgearbeitet werden?

Wir sind sowohl bei der Nachbereitung des Flutereignisses wie auch bei der vorbeugenden Planung für künftige Starkregenereignisse schon mitten im Verfahren. Alles in allem hat das Gevelsberger Krisenmanagement am Tag des Ereignisses gut gegriffen. Jetzt gilt es, zu analysieren, welche Stellen im Stadtgebiet durch weitere Hochwasserschutz- sowie Retentionskonzepte, sprich „Wasser-Zurückhaltungsmaßnahmen“, künftig besser geschützt werden können.

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Hier bedarf es an vielen Stellen interkommunal angelegter Konzepte und der Kreis hat dementsprechend ja auch sehr frühzeitig schon zu einer Gewässerkonferenz der betroffenen Städte eingeladen. Man muss bedenken, dass der gesamte Oberlauf der Ennepe und seine Einzugsgebiete nach Gevelsberg Niederschläge abfließen lassen.

Welche Ziele hatte sich die Stadtverwaltung für 2021 gesetzt? Welche davon wurden erreicht?

Wir sind, von pandemiebedingt unvermeidlichen Einschränkungen einzelner Verfahren abgesehen, bei den meisten Großprojekten gut im Zeitplan. Unser neues Freibad wird pünktlich zum Saisonauftakt an den Start gehen. Unsere neue Feuer- und Rettungswache ist als enorm komplexes Bauprojekt auf den Punkt bezugsfertig gewesen, eine große Leistung aller Beteiligten.

Steckbrief: Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi

Claus Jacobi kam am 14. Dezember 1971 in Hagen zur Welt. Aufgewachsen ist er in Gevelsberg am Klosterholz. 1987 trat er in die SPD ein und wurde bei den Kommunalwahlen 1994 in seinem Wahlkreis direkt in den Rat der Stadt Gevelsberg gewählt. 1999 übernahm er das Amt des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stadtrat und führte dieses bis 2004 aus. Am 10. Oktober 2004 gewann er die Wahl zum Bürgermeister.

Claus Jacobi lebt zusammen mit seiner Partnerin und hat einen kleinen Sohn.

Die Einweihung der neuen Kita St. Nikolaus kann wegen einiger Starkregenschäden erst Anfang dieses Jahres erfolgen, abgesehen davon ist das Projekt in 2021 aber sehr gut vorangekommen. Vor allem aber liegt Gevelsberg mit dem ersten Baustein seines Innerstädtischen Zukunftskonzepts Gevelsberg 2020 vollauf im Plan, der neue Vendômer Platz wird zum Sommer 2021 fertig sein und hoffentlich gebührend eingeweiht werden können.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Aufgaben, die die Stadt in 2022 vor der Brust hat?

Wir wollen als Bürgerschaft, alle miteinander, vor allem gut und gesund durch die Pandemie kommen. Dann müssen wir, so die Rahmenbedingungen es zulassen, vor allem das gesellschaftliche Leben wieder hochfahren. Dies wird eine Riesenkraftanstrengung, denn die meisten Dinge können nach meiner Einschätzung nicht von einem auf den anderen Tag einfach wieder so wie früher gemacht werden. Wir müssen eine „neue Normalität“ im Umgang mit vielen Dingen finden und da sind Erfahrung, Kreativität und Flexibilität einer Verwaltung gefragt.

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Denken Sie nur an die Eröffnung des Freibades, die Tage der offenen Tür unserer Feuerwehr, zahlreiche Pro-City-Veranstaltungen zur Stärkung unserer Innenstadt und besonders an unsere Gevelsberger Kirmes. All diese Ereignisse verantwortbar an den Start zu bringen, das sind große Herausforderungen. Gleiches gilt für die Bürgerbeteiligungsworkshops Rupprecht-Haus und unsere Fahrradoffensive 2022 im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes. Corona hin oder her, da muss etwas passieren.

Mehrere Führungspersonen haben die Stadtverwaltung in den vergangenen Wochen verlassen oder sind nun in den Ruhestand verabschiedet worden. Inwieweit wirkt sich das auf die Arbeit der Verwaltung aus? Wie ist der jeweilige Sachstand bei der Nachbesetzung der Stellen des Feuerwehrchefs, des Abteilungsleiters Allgemeine Ordnungsangelegenheiten, Bürgerdienste sowie des Fachbereichsleiters Schule, Bildung und Soziales?

Zunächst einmal ist es ja auch eine große Auszeichnung für die Personalentwicklung in der Gevelsberger Stadtverwaltung, dass so kompetente Mitarbeiter wie Michael Pfleging und Bettina Bothe in anderen Städten nun zu Beigeordneten berufen wurden. Zumal es ja auch nichts Ungewöhnliches ist, dass Menschen nach Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit an einer Stelle noch einmal einen neuen beruflichen Lebensabschnitt gehen wollen, gerade wenn er mit einer starken Karrierechance verbunden ist. Für unsere Gevelsberger Stadtverwaltung bin ich sehr zuversichtlich, dass noch im Januar die Stellenbesetzungsverfahren für alle offenen Führungspositionen erfolgreich abgeschlossen werden können. Es stehen sehr kompetente und für ihre künftigen Aufgabenbereiche noch recht junge Fachleute in den Startlöchern, die allesamt eine enge Beziehung zur Stadt Gevelsberg aufweisen und trotz ihres Alters schon große Erfahrung in Führungs- und Verwaltungsaufgaben vorweisen.

Sie sind am 14. Dezember 50 Jahre alt geworden. Seit 17 Jahren sind Sie Bürgermeister der Stadt Gevelsberg. Wie hat sich Ihr Verhältnis zum Amt mit den Jahren und wachsender Erfahrung verändert?

Ich bin Gott dankbar, dass ich 50 gesunde Jahre in meinem Leben schon geschenkt bekommen habe und ich dadurch stets die Kraft und Ausdauer hatte, das Amt des Bürgermeisters auch in der gebührenden Weise auszufüllen. 17 Jahre als Bürgermeister haben mein Leben und damit natürlich auch meine Persönlichkeit stark geprägt. Nichtsdestotrotz weiß ich, dass jeder Tag im Amt immer nur von den Bürgerinnen und Bürgern gewährte Verantwortung auf Zeit ist und ich dieser Verantwortung täglich gerecht werden muss. Der Unterschied meiner Amtsführung heute zu der vor 17 Jahren liegt natürlich darin, dass wiederkehrende Dinge von mir routinierter erledigt werden können. Die dadurch gewonnene Zeit und Energie kann ich nutzen, notwendige Ideen und Konzepte für die Stadtentwicklung kreativ und dialogorientiert zu planen.

Worauf freuen Sie sich im kommenden Jahr in Ihrem Amt am meisten?

Das freudigste Ereignis wäre es für mich, wenn ich im Juni des kommenden Jahres endlich wieder die Gevelsberger Kirmes eröffnen dürfte. Ich hoffe inständig, dass dies gelingt. Darüber hinaus freue ich mich sehr auf die Einweihung des neuen Vendômer Platzes als ersten großen Schritt unseres Innenstadtkonzeptes „Gevelsberg 2030“. Auch die Eröffnung des Freibades wird ein freudiges Top-Ereignis sein, denn gerade in Pandemiezeiten ist Naherholung und Freizeitvergnügen vor der Haustür gerade für unsere Kinder und Jugendlichen unverzichtbar.

Und was wünschen Sie sich ganz persönlich für 2022?

Ganz persönlich wünsche ich mir für 2022, dass wir in der Familie alle gesund bleiben und wir die Pandemie endlich überwinden können, um das menschliche Leben und Miteinander wieder in seiner ganzen Schönheit und Bandbreite erleben zu können.

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