Gevelsberg. Die Commerzbank hat eine Studie zu Corona und dem Einzelhandel durchgeführt. Fachmann Peter Siedowski erklärt, was das für Gevelsberg bedeutet.
Die Commerzbank hat eine neue Studie durchgeführt und sich dieses Mal speziell mit dem Einzelhandel und der Situation während der Corona-Pandemie auseinandergesetzt. Zwar beziehen sich die erhobenen Daten in diesem Fall auf das Bergische Land. Peter Siedowski, Leiter Unternehmerkunden der Commerzbank-Niederlassung Wuppertal und damit auch für Gevelsberg verantwortlich, setzt die Ergebnisse aber in einen Kontext zur Gevelsberger Innenstadt. Erkenntnisse der Studie lassen sich hier zum Teil bestätigen. Es gibt aber auch Unterschiede.
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„Der wiederholte Lockdown und der damit verbundene Kundenverlust haben mehr als die Hälfte der Einzelhändler im Bergischen Land vor große Probleme gestellt“, berichtet Siedowski. „Ich glaube, die Kernaussage, dass der Umsatz stark eingebrochen ist, überrascht nicht.“
Verändertes Konsumverhalten
Die Corona-Krise hat laut den befragten Unternehmen das Einkaufs- und Konsumverhalten ihrer Kunden verändert. Dabei zeigen sich zwei gegenläufige Trends: „Einerseits hat Corona im Einzelhandel einen spürbaren Digitalisierungsschub ausgelöst, wie wir ihn auch als Commerzbank bei unseren Kunden feststellen“, erklärt Peter Siedowski weiter. So berichtet ein Fünftel der Einzelhändler, dass Kunden nun vermehrt online einkaufen. „Auf der anderen Seite sehen wir aber auch einen Nachholbedarf beim Konsum vor Ort. Denn ein Viertel der Einzelhändler bemerkt wieder mehr Bedarf an persönlicher Beratung. Die Studie zeigt daher, dass Kunden beide Kanäle nutzen wollen – digital und persönlich.“
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Auf diese Bedürfnisse der Kunden hat der Einzelhandel mit verschiedenen Maßnahmen reagiert. So setzte fast jeder Dritte auf Angebote wie Click & Meet, jeder Fünfte beriet Kunden auch online. 20 Prozent der Unternehmen investierten in den Auf- oder Ausbau einer Website beziehungsweise App, weitere 15 Prozent in den Auf- oder Ausbau einer Kundendatenbank zur direkten Kundenansprache.
Dabei zeige sich etwas, das sich so auch im Gevelsberger Einzelhandel habe beobachten lassen: „Einzelhändler, die vorher schon einen starken Onlineshop hatten, haben eher Vorteile durch Corona gehabt“, so der Unternehmerkunden-Fachmann. Viele hätten beim Thema Digitalisierung in der Vergangenheit hinterhergehinkt. „Es gab vielleicht eine Website, aber kein Bestellverfahren. Das macht sich jetzt bemerkbar“, weiß Siedowski.
Rat an Gevelsberger Unternehmen
48 Prozent der Unternehmen mussten laut Studie auf vorhandenes Eigenkapital zurückgreifen, um Umsatzeinbußen auszugleichen. Jeder Dritte nahm demnach staatliche Hilfen in Anspruch, etwa jeder Zehnte einen Bankkredit. „Wir haben alles getan, um unsere Kunden in der Krise schnell und unbürokratisch zu unterstützen und zu den verschiedenen Förderprogrammen zu beraten“, sagt Peter Siedowski. „Wir hätten uns als Bank auch vorstellen können, mit eigenen Mitteln zu unterstützen.“
Achte Unternehmerkunden-Studie
Die Studie ist die mittlerweile achte Unternehmerkunden-Studie im Auftrag der Commerzbank.Dafür befragte das Meinungsforschungsinstitut Ipsos bundesweit 3500 Einzelhandelsunternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 15 Millionen Euro. 50 der Unternehmen haben ihren Sitz im Bergischen Land.
Mit Blick auf mögliche Kredite rät er auch den Gevelsberger Unternehmen für die letzten Tage des Jahres, schnell zu sein: „Spätestens ab 1. Januar 2022 müssen wir Bilanzen per Ende 2020 haben. Da sind ja schon die Auswirkungen von Corona mit drin. Dann ist die Frage, wie viel Kredit bei diesen Zahlen noch geht.“
Einige Unternehmen im Bergischen Land könnten der Krise aber auch etwas Positives abgewinnen. „Immerhin 48 Prozent der Bergischen Einzelhändler geben an, dass Corona zu einer Stärkung des Teamgeistes der Mitarbeiter und mehr Zusammenhalt im Unternehmen geführt habe“, so der Bank-Profi. Gleichzeitig muss er einschränken: „Die Studie ist noch vor der vierten Corona-Welle entstanden. Jetzt könnten die Leute schon weniger optimistisch sein.“
Robustes Angebot in Gevelsberg
Was die Studie auch zeigt: Viele Einzelhändler machen sich Sorgen um die Entwicklung der Bergischen Innenstädte. Zwei Drittel befürchten in den kommenden fünf Jahren eine Verödung des Stadtzentrums durch Geschäftsschließungen und auswärts gelegene Einkaufszentren. „Da machen sich ja alle Stadtplaner Gedanken drum“, sagt Peter Siedowski. „Wenn ich hier in Gevelsberg gucke, hat noch keiner seine Türen zugemacht. Um den Einzelhandel in Gevelsberg mache er sich weniger Sorgen als anderswo. „Die Mittelstraße ist ein gesunder Mix“, so Siedowski. „Mir fehlt hier nur etwas größeres, ein Ankermieter wie Saturn zum Beispiel.“
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Ein guter Mix in Innenstädten sei erforderlich. „Gegen Einkaufszentren wie den Ruhrpark in Bochum werden kleine Innenstädte nie mithalten können“, schätzt Peter Siedowski. „Gevelsberg ist mit seinen 30.000 Einwohnern aber noch interessant für den Einzelhandel. Probleme gibt es eher im Umland in den kleineren Orten und Dörfern. „Der Einzelhandel in Gevelsberg ist robust und guckt grundsätzlich positiv in die Zukunft“, sagt Peter Siedowski.