Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Ein Hackerangriff legt die Stadtverwaltung Witten lahm. So schützen die Städte Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal ihre Computersysteme.

Ende. Aus. Bildschirm schwarz. Die Hacker haben die Regie über die gesamte Technik übernommen. Der pure Horror für die Arbeitswelt, die offline nicht mehr funktioniert. Der blanke Horror aktuell für die Verwaltung der Stadt Witten, die Kriminelle mit einem Hackerangriff seit einer Woche zu großen Teilen lahm gelegt haben.

Andreas Hasenberg, Leiter der städtischen IT und Datenverarbeitung in Witten, saß gerade beim Frühstück, als das Telefon klingelte. Die Feuerwehr war dran. Die EDV sei abgestürzt, etwas stimme nicht mit dem Telefon- und E-Mailserver. „Ich dachte, dann guckste mal eben vorbei“, sagt der 63-Jährige. Da ahnte er noch nicht, dass die Stadt Witten von Hackern angegriffen wurde und das gesamte Computersystem der Stadtverwaltung betroffen ist. In den Stunden und Tagen darauf wurde das ganze Desaster klar: Rien ne va plus – nichts geht mehr.

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Witten ist nicht die einzige Stadt in NRW, die aktuell von einem Hackerangriff betroffen ist. Auch der Stadt Wesel haben Hacker den Stecker gezogen. Dies wird auch von den heimischen Stadtverwaltungen ganz genau beobachtet. In Schwelm, wo der IT-Beauftragte Simon Nowack in wenigen Tagen seinen Schreibtisch räumt, um Beigeordneter bei der Stadt Gelsenkirchen zu werden, hat sich nun die SPD an die Verwaltung mit einem Fragenkatalog und besorgten Worten gewandt.

SPD richtet Fragen an Verwaltung

Die Sozialdemokraten schreiben: „Die SPD-Fraktion nimmt den Hacker-Angriff auf die IT der Stadt Witten zum Anlass, sich nach den bereits getroffenen beziehungsweise beabsichtigten Vorkehrungen zu erkundigen, um ein solches Szenario zu verhindern. Zugleich wollen wir mögliche Handlungsbedarfe noch vor den Beratungen zum Haushalt 2022 erkennen, damit etwaige Angriffspunkte gemeinsam und frühestmöglich durch Politik und Verwaltung geschlossen werden können.“

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Fraktionsvorsitzender Thorsten Kirschner macht deutlich: „Die Ereignisse in Witten zeigen, welchen Gefahren durch Hackerangriffe auch Kommunen ausgesetzt sind. Wir möchten proaktiv alles dafür tun, damit dies in Schwelm nicht passieren kann.“ Die SPD richtet sich mit zahlreichen Fragen, die exakt diese Thematik betreffen, an die Stadtverwaltung und will insbesondere auch wissen, wie diese die Lücke schließen will, die durch den Weggang von Simon Nowack entsteht.

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Will die Stadtverwaltung Schwelm zunächst auf die Fragen der SPD antworten, haben die Verwaltungen aus Gevelsberg und Ennepetal sich auf Nachfrage der Redaktion bereits zu diesem heiklen Thema, das auch bei ihnen seit dem Hackerangriff in Witten hohe Priorität genießt, Stellung bezogen.

Städte müssen Spagat meistern

„Die Stadt Ennepetal setzt verschiedene technisch geeignete Systeme zu Angriffserkennung ein, die auf dem neuesten Stand sind“, teilt Pressesprecher Hans-Günther Adrian mit. Wie weit die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung eingeschränkt sei, hänge vom Angriff ab: „Aus den Maßnahmen, die nach einem Hackerangriff getroffen werden müssen, kann eine Voll- oder Teilabschaltung der technischen Systeme resultieren. Wie lange dies notwendig sein kann, hängt von Art und Form der Attacke ab und kann nicht prognostiziert werden“, heißt es aus dem Ennepetaler Rathaus.

Liste der angegriffenen Kommunen wird länger

Vor Witten und Wesel traf es bereits die Städte Anhalt-Bitterfeld und Schwerin.

Auch sie wurden von Hackern lahm gelegt. In den meisten Fällen haben es die Cyberkriminellen auf Geld abgesehen.

Sie erpressen die Kommunen damit, ihre Systeme und Daten erst dann wieder freizugeben, wenn diese hohe Summen – gern in Kryptowährungen – gezahlt haben.

Auch nach einer Woche sind die Systeme in Witten noch nicht wieder hochgefahren, die Arbeit kaum möglich.

Andreas Saßenscheidt, Kämmerer der Stadt Gevelsberg, betont: „Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben. Hinter diesen Angriffen verbergen sich Leute, die damit viel Geld verdienen wollen. Es ist ein stetiger Wettlauf.“

Die Stadt Gevelsberg sei über den Digitalbeauftragten Dietmar Happe bestrebt, den Schutz so hoch wie möglich zu halten, dies sei jedoch auch ein gewaltiger Spagat. Denn, so betont Andreas Saßenscheidt: „Je mehr wir die Portale für Bürgerservice öffnen, desto mehr potenzielle Angriffsfläche bieten wir natürlich auch.“ Aus Sicherheitsgründen will auch er nicht ins Detail gehen.

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Klar ist: Jede Kommune ist bestrebt sich maximal zu schützen, zittert dennoch davor, dass ihr dasselbe widerfährt wie jüngst der Stadt Witten.