Schwelm. Mit Udo Stichling führt erneut eine Person aus Schwelm den Rotary Club Gevelsberg. Der neue Präsident will in seiner Amtszeit „Brücken bauen“.

Beim Rotary Club Gevelsberg wechselt die Präsidentschaft im Jahresrhythmus. Auf die erste Clubpräsidentin in der Geschichte des Service-Clubs, Dr. Christina Kerckhoff aus Schwelm, folgt mit Udo Stichling nun wieder ein Mann. Aber: Der neue Rotary-Chef kommt ebenfalls aus Schwelm – und ist gerade mit seinen Rotariern von seiner Präsidentenfahrt zurückgekehrt.

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Frage: Der Rotary Club Gevelsberg war ursprünglich ein reiner Männerclub. Was hat sich im Clubleben verändert, seit Frauen Mitglieder sind?

Udo Stichling: Das war lange ein umstrittener Punkt auch zwischen den Mitgliedern. Es gibt sowohl für als auch gegen die Aufnahme von weiblichen Mitgliedern gute und schlechte Argumente. Auch ich selbst stehe dazu, dass ich für den „Frieden“ innerhalb des Clubs gegen die Aufnahme von Damen in den Club war. Nun nach mehreren Jahren und mehreren Aufnahmen weiblicher Mitglieder sehe ich das entspannter. Die Gemeinschaft der Clubmitglieder mischt sich von Jahr zu Jahr mehr und entwickelt sich fortlaufend weiter. Somit haben wir hier einen Teil der Normalität des Alltagslebens in gelungener Form auch auf den Rotary Club Gevelsberg übertragen.

Wie würden Sie jemanden die Idee beschreiben, die hinter Rotary steht, wenn dieser noch nie etwas von Rotary gehört hat?

In Serviceclubs, dazu gehören neben Rotary auch die Lions, Zonta, Round Table und andere Clubs, setzen die Mitglieder ihre Netzwerke, ihre Kraft und auch ihr Wissen dafür ein, anderen Menschen zu helfen, die dies nicht oder nicht so gut können. Außerdem bilden sie einen Kreis, der bei seinen regelmäßigen Meetings Vorträge hält, die über die jeweils eigenen Berufsgruppen hinausgehen und so für das Verständnis für andere Berufsgruppen wirbt.

Gebürtiger Schwelmer

Udo Stichling wurde am 5. Februar 1961 in Schwelm geboren, machte 1979 Abitur am Gymnasium.

Der Diplom-Ingenieur ist Inhaber eines Vermessungsbüros in Wuppertal und in diesem Bereich auch auf Verbandsebene seht aktiv.

Sein größtes Hobby war viele Jahrzehnte das Rudern im Wassersportverein Ennepetal, seit einige Jahren widmet er sich mehr und mehr den Rotariern.

Kommen wir auf Ihre Person zu sprechen. Wie kamen sie denn zu Rotary?

Ich war vor Rotary bereits knapp zehn Jahre bei Round Table Deutschland in Wuppertal. Als ich dann eine Anfrage bekam, ob ich mir eine Mitgliedschaft im Rotary Club vorstellen könnte, war das für mich leicht zuzustimmen. Dabei war alternativ auch ein Wuppertaler Rotary Club im Gespräch. Für mich war dabei der vorhandene menschliche Kontakt zu Mitgliedern in meinem Wohnort Schwelm wichtig, sodass ich mich für den Rotary Club Gevelsberg entschieden habe. In dem Club sind ja nicht nur Menschen aus Gevelsberg, sondern aus dem gesamten südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis. Bei der Gründung vor knapp 65 Jahren musste nur aus formalen Gründen ein Städtename enthalten sein. Zum damaligen Zeitpunkt kamen die meisten Mitglieder aus Gevelsberg. Heute hieße der Club mit Sicherheit „südlicher Ennepe-Ruhr-Kreis“.

Was muss jemand tun, wenn er Rotarier werden möchte?

Bei Rotary kann man sich nicht wie in einem Sportverein um die Mitgliedschaft bewerben. Da muss man vorgeschlagen werden. Potenzielle Mitglieder sollen zum Club, den Mitgliedern und den Prinzipien von Rotary stehen.

Vor welche Herausforderungen ist das Clubleben seit der Corona-Pandemie gestellt, wie haben sich die Meetings verändert?

Das wöchentliche Treffen ist wie alle gesellschaftlichen Veranstaltungen während der Pandemie nur als Videokonferenz möglich gewesen. Damit das Clubleben nicht vollständig zum Erliegen kam, musste schnell reagiert werden. Das war bereits zu Zeiten meiner Vorgängerin Dr. Christina Kerckhoff gelöst. Fast zeitgleich mit meinem Amtsantritt wurden Live-Treffen unter 3G-Auflagen möglich. Dennoch sind natürlich viele Rotarier, wie auch viele andere, verunsichert und scheuen das Livetreffen untereinander.

Sie blicken auf eine langjährige Clubmitgliedschaft zurück. Hat sich in all den Jahren das Clubleben geändert?

Ich bin seit 15 Jahren Mitglied im Rotary Club Gevelsberg und habe in der Zeit Mitglieder kommen und gehen gesehen. Neben den rein äußerlichen Punkten – weniger Anzug, kaum Krawatte und so weiter – hat sich auch im Zusammenleben einiges geändert. Auch in den Clubs hat das „Du“ Einzug gehalten. Die Themen der Vorträge haben sich mit der Zeit gewandelt, denn auch da müssen wir mit der Zeit gehen. Das Berufsleben führt dazu, dass die sogenannte Präsenzpflicht nicht immer einzuhalten ist. Die Menschen sind heute anders mobil. Besuche in auswärtigen Clubs, die bei Rotary möglich und zum Teil sehr spannend sind, werden weniger. Auch das ist ein Effekt der durch die immer hektischere Berufswelt entstanden ist.

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Jeder neue Präsident setzt sich für seine Amtszeit Ziele. Was sind Ihre Ziele?

Mein Motto bei der Ämterübergabe Ende Juni für das neue Rotaryjahr ist „Brücken bauen“. Eine Brücke verbindet zwei Seiten, die sonst nur über erhebliche Umwege zu erreichen sind. Die Brücke kann ein Symbol für das Erreichen von anderen Menschen auf der anderen Seite des Tales sein. Anderen Gesellschaftsschichten oder Nationen, Menschen, die nicht – wie die meisten von uns – auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Dafür möchte ich mich in diesem Jahr einsetzen und dafür kämpfen.

Wenn Sie einen Wunsch für den Club frei hätten. Wie würde der lauten?

Ich möchte, dass die Mitglieder des Clubs einen echten Querschnitt durch die aktive Bevölkerung bilden. Dazu gehört auch, dass wir Berufsgruppen erreichen, die bisher beim Rotary Club Gevelsberg zu wenig oder gar nicht vertreten sind. Das sind vor allem Handwerker aus allen Fachrichtungen. Wie können wir für Menschen aus dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis, die aktiv in ihrer Berufswelt eingebunden sind, interessant sein? Das ist in unserer Region schwieriger als in ländlichen Gegenden, aber sollte dennoch möglich sein. Mit Sicherheit gibt es viele Handwerker, die den Servicegedanken der Clubs unterstützen.

Was wünschen Sie sich für Ihr Präsidentenjahr ganz persönlich

Ich wünsche mir, genau wie der gesamte Club, nach fast zwei Jahren Corona eine Rückkehr zur Normalität, Normalität im täglichen Leben, im Umgang miteinander aber auch bei der Arbeit. Außerdem ist der Club neben vielen Aufgaben vor Ort Initiator für ein Hilfsprojekt in Kolumbien. Dabei geht es darum, Menschen dort mit einfachen Brillen zum Sehen zu verhelfen. Das geschieht durch die Menschen vor Ort und nicht durch Import unserer Leistung. Dazu hat der RC Gevelsberg einen sogenannten Global Grant initiiert, der mit einer Gesamtsumme von mittlerweile mehr als 160.000 US-Dollar das Projekt startet und befördert.

Zwei wichtige Ereignisse im Clubjahr eines Präsidenten liegen bereits hinter Ihnen: die Ämterübergabe und Ihre Präsidentenfahrt. Wo ging es hin?

Die Ämterübergabe ist das erste Highlight während der Amtszeit eines Rotary-Präsidenten. Daher war mir wichtig, dass wir einen Ort finden, der den Mitgliedern neu ist und der das entsprechende Ambiente bietet für den feierlichen Anlass. Dazu haben wir das asiatische Museum in Radevormwald auserkoren. Die Präsidentenfahrt ging nach Aurich.

Das Vereinsleben in Deutschland hat unter Nachwuchssorgen zu leiden. Wie sieht es in Ihrem Club aus?

Beim Rotary Club Gevelsberg finden wöchentlich Meetings statt, die bis auf eins pro Monat mittags von 13 bis 14.30 Uhr stattfinden. Das schließt natürlich viele Berufstätige aus, die nicht in der Lage sind – oder nicht wollen – diese Zeiten mit den Anfahrten im beruflichen Alltag zu organisieren. In einer Zeit, in der Menschen möglichst unverbindlich in Fitnessstudios statt in Vereinen Sport treiben, keine verbindlichen Verpflichtungen eingehen wollen, ist es schwer für Serviceclubs, Mitglieder zu finden, die bereit sind sich einzubringen. Außerdem hat der RC Gevelsberg mit momentan ungefähr 50 Mitgliedern eine Stärke, die so ist, dass wir uns nicht beliebig vergrößern wollen. Wir wählen die neuen Mitglieder sehr genau aus. Das führt teilweise zu längeren Aufnahmeprozeduren.

Wenn es Rotary nicht gäbe, würde der Welt etwas fehlen?

Ja, das weltweite Netz von Rotary, das seit mehr als 100 Jahren Gutes tut. Hervorzuheben ist dabei zum Beispiel die weltweite „End-Polio-Now-Kampagne“. Diese Aktion ist seit vielen Jahren darum bemüht die Kinderlähmung auszurotten. Mit Unterstützung der „Bill und Melinda Gates-Stiftung“ sind wir kurz davor das Ziel zu erreichen. Es gibt noch zwei Länder in denen es noch Kinderlähmung gibt. Ich bin gespannt, wie es in zehn Jahren darum steht.