Ennepetal. Ennepetals Kämmerer bringt am Donnerstag den Etat 2022 in den Rat ein. Die aktuellen Zahlen sind positiv, doch es warten große Herausforderungen.

Läuft alles nach Plan, kann sich die Stadt Ennepetal im Jahr 2023 aus der Haushaltssicherung verabschieden. Der Entwurf für den Etat des kommenden Jahres, den Kämmerer Tim Strathmann am kommenden Donnerstag, 23. September, in den Rat einbringen wird, sieht einen kleinen Überschuss vor. Das wäre das dritte Plus in Folge, so dass die Stadt ihren Haushalt danach nicht mehr zur Genehmigung bei der Kommunalaufsicht, dem Ennepe-Ruhr-Kreis, vorlegen müsste. Da auf Unternehmen und Bürger 2022 auch keine Steuererhöhungen zukommen, stünden ruhige Beratungen der politischen Gremien zu an – wenn nicht beim Thema Investitionen wichtige Weichen zu stellen wären.

Aktuelle Situation

Ennepetals Kämmerer Tim Strathmann.
Ennepetals Kämmerer Tim Strathmann. © WP | Hartmut Breyer

„Der Haushalt für das laufende Jahr läuft einigermaßen planmäßig“, erklärt Tim Strathmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Für den Kämmerer, der im vergangenen Jahr den Ersten Beigeordneten Dieter Kaltenbach in dem Amt ablöste, ist es übrigens der erste Etatentwurf, für den er verantwortlich zeichnet. Bei der Gewerbesteuer liege man derzeit um etwa eine Million Euro unter der geplanten Einnahme von 38 Millionen Euro, so Strathmann. „Das ist zu diesem Zeitpunkt im Jahr aber nicht ungewöhnlich“, hält er ein Erreichen des Solls noch für realistisch. Der Kämmerer weist allerdings darauf hin, dass man aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie den eigentlich vorgesehen Betrag um drei Millionen Euro reduziert habe.

Für den Haushalt 2020 liegt der Abschluss inzwischen vor. Etwa 6 Millionen Euro betrug das Plus, nachdem die Stadt zuvor Jahre lang rote Zahlen geschrieben hatte. Und für dieses Jahr ist ein Überschuss von etwa 4,5 Millionen Euro geplant. „Berücksichtigt man die Corona-Einflüsse, liegen wir bei 7,5 Millionen Euro“, so der Kämmerer. Was man allerdings noch gar nicht einschätzen könne, so Tim Strathmann, seien die Auswirkungen des Hochwassers von Mitte Juli. Die Schäden an Gebäuden und Inventar habe man erhoben, allerdings sei noch offen, was man selbst bezahlen müsse, was aus den zum Teil vorhandenen Elementarschadenversicherungen erstattet werde und was möglicherweise aus Fonds und Förderpaketen von Bund und Land bezahlt werde.

Aussichten für 2022

Für das kommende Jahr muss die Stadt Ennepetal ihr Haushaltssicherungs- und Personalwirtschaftskonzept noch fortschreiben. Eine Anhebung der Hebesätze für Gewerbesteuer (aktuell 495 Punkte) und Grundsteuer B (aktuell 740 Punkte inklusive der 28 Punkte für Straßenreinigung und Winterdienst) steht demnach nicht an. „Erst 2023 ist noch einmal eine Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 510 Punkte vorgesehen“, erklärt Tim Strathmann. Ob die Politik dies aber vor dem Hintergrund eines ausgeglichenen Haushalts und dem Abschied aus der Haushaltssicherung dann tatsächlich so umsetzen wolle, halte er zumindest für sehr fraglich.

Ausgleich der Corona-Lasten

Die finanziellen Belastungen, die der Stadt durch die Corona-Pandemie entstanden sind, können nach Vorgabe des Landes mit einem buchhalterischen Kniff aufgefangen werden. Entstandene Kosten und entgangene Einnahmen werden unter einer Aufwandsposition für Corona-Einflüsse zusammengefasst. Diesem Aufwand wird dann ein fiktiver Ertrag gegenübergestellt, um in der Bilanz einen Ausgleich zu schaffen. Ab 2025 kann der aufgelaufene Betrag dann real aus dem Eigenkapital ausgeglichen oder über einen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrieben werden.Für 2021 und 2022 kann auch die Differenz zwischen dem ursprünglich vor Corona geplanten Gewerbesteueransatz und den nun kalkulierten Einnahmen als Aufwand geltend gemacht werden. 2022 wird es laut Kämmerer Tim Strathmann aber nur noch einen kleinen Betrag „Corona-Isolierung“ vor allem in Form eines etwas reduzierten Gewerbesteueransatzes geben.Für das Haushaltsjahr 2020 hatte das Land die Differenz von Gewerbesteuer-Ist zum Soll durch eine Sonderzahlung an die Kommunen ausgeglichen.

Grundsätzlich habe sich die Gewerbesteuereinnahme stabilisiert, so Strathmann. Auch habe das Hochwasser die heimischen Unternehmen nicht so hart getroffen wie in Gevelsberg und Hagen. Nachteil des hohen Gewerbesteueraufkommens bei gleichzeitigem Rückgang in den meisten anderen EN-Kommunen: Ennepetal wird bei der Kreisumlage kräftiger zur Kasse gebeten. „Wir rechnen mit 2,5 Millionen Euro mehr Kreisumlage als für 2021“, so der Kämmerer.

Investitionen

Erstmals weist der Investitionsplan, den Tim Strathmann der Politik vorlegt, für jede Maßnahme die Zinsen (gerechnet wird mit 1 Prozent) und die Höhe der Abschreibungen für die jeweils zugrunde gelegte Nutzungsdauer aus. Während den Investitionskrediten ein entsprechender Sachwert entgegensteht, bedeuten Zinsaufwand und Abschreibungen eine Belastung für den Haushalt. Allein die Maßnahmen, die die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2021 bis 2025 an Investitionen vorsieht, belasten den Etat jährlich mit mehr als 2,5 Millionen Euro. Größte Vorhaben sind der Neubau des Technischen Rathauses auf dem Hesterberg-Gelände (11 Millionen Euro), Erweiterungen und Sanierungen an den Schulen (insgesamt rund 14 Millionen Euro), Sanierung und Modernisierung des Rathauses (2,4 Millionen Euro). Kanal- und Straßenbaumaßnahmen summieren sich auf etwa 30 Millionen Euro, Hochwasserschutzmaßnahmen auf 5,6 Millionen Euro.

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Die Politik wird sich in den kommenden Wochen und Monaten darüber hinaus mit weiteren Investitionsentscheidungen beschäftigen müssen. Wo und wie kann der – beschlossene – Ausbau der Sekundarschule auf vier Züge erfolgen? Muss es einen Neubau für die grundlegend sanierungsbedürftige Grundschule Voerde geben? Erhalten die Ennepetal Raccoons ihre lang ersehnte Baseballanlage? Wird der seit Jahren diskutierte Um- beziehungsweise Neubau des Busbahnhofs endlich in Angriff genommen? Ist eine Radwegbrücke vom Bahnhof zur Klutert im Hinblick auf die Internationale Gartenausstellung 2027 in der Metropole Ruhr, an der Ennepetal beteiligt sein wird, umsetzbar? Diese Fragen stehen im Raum – verbunden sind sie mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 101 Millionen Euro. Zum Vergleich: Aktuell stehen in der städtischen Bilanz Investitionskredite in Höhe von 90 Millionen Euro, hinzu kommen Kredite für den konsumtiven Bereich in Höhe von 63 Millionen Euro.

Nach Einbringen des Haushaltsplanentwurfs am Donnerstag werden die Fachausschüsse ihre Beratungen aufnehmen. Die Etatberatung des Hauptausschusses ist für den 18. November vorgesehen, die Verabschiedung des Zahlenwerks für den 25. November.