Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Seit Montag stellen auch Apotheken in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal den digitalen Impfnachweis aus. Der Start lief allerdings holprig.

„Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht“, hat Herbert Grönemeyer einmal gesungen. Und wie auf so viele Situationen im Leben passt diese Zeile auch irgendwie zu dieser: Seit Montag stellen viele Apotheken kostenfrei einen digitalen Impfpass für diejenigen aus, die vollständig geimpft sind. Mit Hilfe von QR-Codes können sie dann ihren Impfschutz ganz bequem über das Smartphone nachweisen und ihren analogen Impfpass sicher zuhause verwahren. So weit zumindest die Theorie, wäre da nicht die Sache mit der Technik.

Gevelsberg

Mit Engelsgeduld sitzt Bettina Knauf von der Rats-Apotheke in der Mittelstraße 5 vor dem Computer. Vor ein paar Sekunden hat sie das System per Klick angewiesen, den QR-Code für ein sogenanntes digitales Impfzertifikat zu erstellen. Zuvor hat sie die entsprechenden Daten wie Name, Geburtsdatum, Impfstoff und Datum der Impfung eingegeben. Seitdem passiert nichts. Kurze Zeit später wird der Bildschirm schwarz. Fehler.

Ein exemplarischer Durchlauf wie es ihn seit Montagnachmittag schon mehrmals gegeben hat. Da hätten die technischen Probleme angefangen, wie Knauf erklärt. Zuvor habe das System einwandfrei funktioniert. Am Dienstag stapeln sich daher die Anfragen der Kunden für den digitalen Nachweis in der Rats-Apotheke. „Am Montag waren vielleicht fünf oder sechs Leute da“, schätzt Knauf. „Heute waren es schon mehr als zehn.“

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Für sie und das Team ziemlich ärgerlich. „Es ist schon peinlich, wenn wir den Leuten dann nichts mitgeben können“, gibt Bettina Knauf zu. Die meisten würden verstehen, dass die Apotheke nichts dafür könne, wenn die Technik nicht mitspiele. Es habe aber auch schon Fälle gegeben, in denen Kunden ungehalten worden seien.

In der Mittelstraße 5 hätten Kunden aus Gevelsberg und Umgebung die Möglichkeit, ihren Impfpass und die nötigen personenbezogenen Daten zu hinterlassen. „Wenn der digitale Impfnachweis erstellt ist, melden wir uns und sagen Bescheid, dass die Kunden alles abholen können“, erklärt Knauf. „Es lässt aber nicht jeder gerne seinen Impfpass und seine Daten da.“ Bettina Knauf hofft, dass möglichst bald alles richtig funktioniert. Kunden, die ihren digitalen Impfnachweis in der Rats-Apotheke erstellen lassen wollen, rät sie, am besten vorher einmal anzurufen und einen Termin zu machen (02332/3774). Das sei nicht verpflichtend, mache es im Zweifel aber einfacher.

Ennepetal

Mit technischen Problemen startet auch die Vergabe des digitalen Impfpasses in der Ennepetaler Fuchs-Apotheke. „Gestern ging es noch, heute ist das Portal zusammengebrochen. Wir können momentan nichts machen“, erzählt Apothekerin Claudia Schneppel am Dienstag auf Nachfrage dieser Zeitung. Sie betreibt unter der Dachmarke Amica Apotheken insgesamt vier Apotheken im Stadtgebiet. Neben der Fuchs Apotheke sind das die Klutert Apotheke, die Sonnen Apotheke und die St.-Georg Apotheke.

Um den normalen Betrieb weiterhin reibungslos aufrecht erhalten zu können, hat sie sich dafür entschieden, dass der digitale Impfpass nur in der Fuchs Apotheke und nur für Bürger aus dem EN-Kreis ausgestellt wird. Außerdem benötigt es eine Terminvereinbarung über die Website der Apotheke, bei der Name, E-Mail und die Daten der Impftermine angegeben werden müssen. „Beim Termin sind dann der Perso und die Impfbescheinigung mitzubringen. Angehörige können den digitalen Impfpass auch abholen“, so die Apothekerin.

Übersicht im Internet

Der QR-Code, den die Apotheken für den digitalen Impfnachweis erstellen, kann in der CovPass-App des Robert-Koch-Institutes oder auch der Coronawarnapp eingelesen werden.

Außer den drei genannten Apotheken stellen auch viele weiteren Apotheken in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal digitale Impfnachweise aus. Eine Übersicht ist im Internet unter der Adresse www.mein-apothekenmanager.de zu finden.

Die Mehrarbeit und die Mitarbeiterbelastung seien bereits die ganze Pandemie über hoch. „Wir sind das schon gewohnt von der Maskenvergabe und dem Testen. Trotzdem ist es ein schlechtes Gefühl, wenn das Portal hängt, man die Kunden vertrösten muss, es länger dauert. Und der steigende Erklärungsbedarf ist natürlich Stress für die Mitarbeitenden“, sagt Schneppel. Die ersten Tage wurde die Apotheke überrannt mit Kunden, die sich den digitalen Impfpass ausstellen lassen wollten oder Nachfragen dazu hatten. Das sei jedoch, wie sie sagt, zu erwarten gewesen.

Abgesehen von den technischen Problemen, sieht sie noch weitere Mängel in der Organisation des Passes. Vieles sei einfach noch nicht klar geregelt. „Wer im Impfzentrum geimpft wurde, bekommt den Code per Post zugeschickt. Das Land hat aber keine Ahnung, ob die Person schon hier war und sich den digitalen Impfpass ausstellen lassen hat“, erklärt Claudia Schneppel.

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Das seien doppelte Kosten für den Staat, weil einmal die Ausstellung des Passes an die Apotheke vergütet wird und die Kosten für die Sendung des Passes per Post hinzukommen. Die Vergütung belaufe sich laut Bundesgesundheitsministerium auf etwa 18 Euro, die Apotheken für die Ausstellung pro Zertifikat erhalten. Noch nicht klar sei aber, wann und wie die Abrechnung stattfinden soll, erzählt Claudia Schneppel.

Sie sieht sich und ihr Team dieser Herausforderung gewachsen, möchte allerdings auch deutlich machen, dass der normale, gelbe oder weiße Impfpass, weiterhin gültig ist und das Zertifikat kein Muss ist.

Schwelm

Auch in der Schwelmer Bahnhof-Apotheke gibt es Server-Probleme mit dem Portal. Apotheker und Inhaber Dr. Ludwig Kerckhoff zeigt sich jedoch zufrieden mit dem Start der Vergabe. „Die Kunden nehmen die Probleme mit Fassung hin, es gab noch niemanden, der hier rumgemault hat“, sagt er. Eher hätten sich die Patienten durch die mediale Berichterstattung im Vorfeld bereits auf solche Probleme und Wartezeiten eingestellt und seien froh, manche sogar überrascht, dass alles kostenfrei für sie ist.

„Insgesamt läuft es bei uns gut. Es war klar, dass das Portal hängt, solche Strukturen sind nicht für einen solchen Massenansturm konzipiert. Es ist zwar ärgerlich aber dann dauert es halt mal länger“, so Kerckhoff.

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Eigentlich sei es aber in seinen Augen eine Aufgabe der Behörden, die die Apotheken momentan übernehmen. „Wir übernehmen damit eine Identitätsprüfung. Wir müssen uns den Perso zeigen lassen, um zu Prüfen, ob die Daten übereinstimmen. Im Grunde genommen bin ich dazu gar nicht berechtigt“, erklärt er.

Derzeit bereite ihm außerdem Sorge, wie das ganze dokumentiert werden soll. „Es ist noch nicht klar, wie ich bei den Behörden nachweisen soll, dass wir hier korrekt die Leistungen erbracht haben. Wir hängen da noch voll in der Luft. Da wird es im Nachgang, wie bei den Testzentren, zu Diskussionen kommen“, meint Dr. Ludwig Kerckhoff. Gleiches kann er sich auch bei der Vergütung der Ausstellung vorstellen: „Die Vergütung hat sich die Behörde ausgedacht, da wurde kein Apotheker zurate gezogen. Ich bin mir sicher, dass wir im Nachhinein wieder eine Diskussion führen, darüber dass es hätte anders laufen können.“