Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Corona verändert die Arbeitswelt. Im EN-Kreis gehen immer mehr Menschen ihrem Job im Homeoffice nach. So reagieren Arbeitgeber auf den Wandel.

Es gibt Begriffe, die werden für immer mit der Corona-Krise in Verbindung bleiben. Worte wie Inzidenz, Virus-Mutation oder Lockdown beispielsweise. Auch Homeoffice hat das Potenzial dazu. Die Pandemie sorgte wie ein Turbo-Beschleuniger dafür, dass immer mehr Menschen ihrer Arbeit von Zuhause aus nachgehen. Das belegen die Zahlen unseres Corona-Checks und zeigt auch die Nachfrage bei zwei großen Arbeitgebern unserer Region.

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In Gevelsberg sind es sage und schreibe 36,31 Prozent der Teilnehmer an unserem Corona-Check, die bereits heute zumindest teilweise ihren Job in den eigenen vier Wänden erledigen. In Ennepetal sind es 33,57 Prozent und in Schwelm mit 32,36 Prozent ebenfalls so gut wie jeder Dritter.

Doch Homeoffice ist nicht nur ein Segen, wie wir hier an dieser Stelle schon einmal aus ganz persönlicher Sicht berichtet haben. Es stellt Arbeitgeber vor die enorme Herausforderung, Arbeitsweisen und Strukturen an die neuen Erfordernisse anzupassen. Wie gehen sie damit um? Wir haben bei zwei größeren Arbeitgebern aus unserer Region nachgefragt.

Stadt Gevelsberg

Homeoffice-Regelungen hat es bei der Stadt Gevelsberg schon vor der Corona-Pandemie gegeben, wie Andreas Saßenscheidt als zuständiger Fachbereichsleiter erklärt. Um die zehn Arbeitsverhältnisse seien das gewesen. Die Zahl habe aber geschwankt. „Es gibt viele Stellen, wo sich das eignet“, sagt er. Mit Beginn der Pandemie sah sich die Stadt wie viele andere auch aber gezwungen, auf einmal wesentlich mehr Mitarbeiter nach Hause zu schicken, um von dort aus zu arbeiten. 60 Mitarbeiter haben aktuell die Möglichkeit, gleichzeitig im Homeoffice zu sein. „Wir haben gesagt, dass die Leute sich da, wo es möglich ist, abwechseln sollen“, erklärt Saßenscheidt. Auf die Weise können insgesamt also 120 Mitarbeiter der Stadt abwechselnd von zu Hause aus oder normal von ihrem eigentlichen Arbeitsplatz aus tätig sein. „Wir haben rund 100 Leute, die das regelmäßig nutzen“, so Andreas Saßenscheidt.

Die entsprechende Technik habe die Stadt in mehreren Etappen aufgerüstet. „Wir haben dadurch auch gesehen, dass viel mehr auf Distanz geht, als wir bisher dachten“, erklärt der Fachbereichsleiter. „Wir waren schon Anhänger der Präsenz vor Ort, und Homeoffice ist natürlich nicht die Lösung für alles.“ So gebe es bei der Stadt auch Stellen, die sich nicht dafür eigneten – beispielsweise die im Bürgerbüro oder an der Bürgerinfo. „Wie wir nach Corona damit umgehen, müssen wir sehen“, sagt Andreas Saßenscheidt. Bei der Stadt Gevelsberg sind mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt, davon rund 200 im Bereich der Verwaltung.

Sparkasse Schwelm

Wenn die Mitarbeiter der Städtischen Sparkasse zu Schwelm sich morgens in ihren Computer einloggen, dann sitzt mehr als jeder zweite von ihnen vielleicht am Küchentisch, im Wohnzimmer, im häuslichen Arbeitszimmer oder bei schönem Wetter bestenfalls auf der Terrasse in der Sonne. Seitdem die Corona-Pandemie die Welt im Würgegriff hat, ist auch bei dem Kreditinstitut das Homeoffice, besser gesagt, das mobile Arbeiten von zuhause aus, eher die Regel als die Ausnahme. Das war vor gut einem Jahr noch nicht der Fall. Der Arbeitsplatz zuhause war für die 122 Mitarbeiter keine Option, ihr Arbeitsplatz war ausnahmslos im Verwaltungsgebäude am Bürgerplatz zu finden.

Ein valides Stimmungsbild

Um belastbare Zahlen zu bekommen, wurde der Corona-Check begleitet durch Dr. Ana Moya, Statistik-Dozentin und Daten-Analystin der Funke-Mediengruppe.

Insgesamt haben sich 12.187 Menschen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet an der Umfrage beteiligt.

„Wie beim Heimat-Check haben wir darauf geachtet, dass insbesondere in jedem Ort eine ausreichende Teilnehmerzahl erreicht wurde. Im Zweifel haben wir Stichproben aggregiert, also Kommunen zu Lebensräumen zusammengefasst. Da wir auch Geschlecht und Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgefragt haben, erkennen wir auch in diesen Punkten die Qualität der Stichprobe. Geschlecht und Alter passen zum Querschnitt der Bevölkerung im Verbreitungsgebiet - allein die Gruppe der 40- bis 60-Jährigen ist leicht überrepräsentiert.“

„Insgesamt haben wir ein sehr valides Stimmungsbild. Der Corona-Check gibt Einblicke in die Empfindens-Welt der Menschen unserer Region. Zudem erlauben die Antworten teilweise Prognosen, wie sich unsere Gesellschaft unter dem Eindruck der Pandemie verändert.“

14 Monate später sieht auch die Sparkassenwelt in Schwelm am Bürgerplatz ganz anders aus. Skype-Konferenzen gehören mittlerweile zum Alltag, jeder Mitarbeiter, der nicht im direkten Kundenkontakt ist, hat die Möglichkeit, sich über einen sicheren Internetzugang, dem sogenannten VPL-Tunnel, in seine normale Computer-Arbeitsumgebung aufzuschalten. „Wir hatten nur sehr geringe Anlaufschwierigkeiten“, sagt Kay-Henner Vienken, Bereichsleiter Organisation bei der Sparkasse Schwelm.

„Die Nachteile sehe ich im fehlenden persönlichen Kontakt mit den Kollegen“, kommt Vienken direkt auf die Minus-Punkte der schönen neuen digitalen Arbeitswelt zu sprechen. Deshalb sind die Pläne für die Grundsanierung des Sparkassengebäudes aus den Jahr 1977 auch nicht überarbeitet worden. Die oberen Etagen wurden in den zurückliegenden Monaten komplett entkernt und in den Rohbauzustand versetzt worden. Zwischenwände wurden entfernt und die Büros nach modernen Maßstäben räumlich neu zugeschnitten. Es wird keine dunkeln Flure mehr geben, wenn die ersten Mitarbeiter im Juni wieder einziehen. Auf sie warten Begegnungszonen.

Zurück zum Arbeiten in Zeiten der Viruspandemie. „Viele Kollegen loben das ruhigere Arbeiten und haben das Gefühl, mehr geschafft zu bekommen“, weiß Kay-Henner Vienken aus vielen Gesprächen zu berichten. Wie für die Mitarbeiter der Sparkasse in Schwelm die Post-Corona-Ära einmal aussehen wird, ist noch offen. „Dazu haben wir im Vorstand noch keine Entscheidung getroffen“, sagt Vorstandsvorsitzender Michael Lindermann.