Gevelsberg/Ennepetal. Andreas Alexius zeichnet ein düsteres Bild: Volksfeste könnten künftig nicht mehr möglich sein wie bisher. Existenzangst macht sich breit.
Laufende Kosten, keine Einnahmen. Das zweite Corona-Jahr verursacht bei den Schaustellern enorme Existenzängste. „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf“, bringt es der Ennepetaler Schausteller Andreas Alexius auf den Punkt, es sei mittlerweile schon zwei Uhr. Die anhaltende Corona-Pandemie trifft nicht nur ihn sehr hart, die gesamte Branche liegt mittlerweile brach und alle „leben quasi von der Hand im Mund“.
Dass auch in diesem Jahr die Gevelsberger sowie die Voerder Kirmes abgesagt wurden, war für ihn keine große Überraschung. „Jeder hat damit gerechnet“, sagt er. Nur anders als beim ersten Lockdown, sei inzwischen der bis dato vorhandene Optimismus bei ihm und auch bei seinen Kollegen verschwunden. Kirmes ist ein alter Brauch, der keinesfalls aussterben dürfe. Gerade die Gevelsberger Kirmes lebt von und mit den Vereinen und ist, seiner Aussage zufolge, in der Region ein Imageprogramm.
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Es seien die fehlenden Perspektiven und die Planungsunsicherheit die den Schaustellern zu schaffen machten. „Nur unsere Regierung hat immer noch keinen Schimmer davon, wie es eigentlich weitergeht“, kritisiert Alexius. Sie würde zwar ausreichende Sanktionen kennen, aber wie es mit der Pandemie weitergehe, da stünden sie wie ein Ochs vorm Berg. Und wenn da jetzt nicht endlich etwas passiert, dann, so ist sich Andreas Alexius sicher, haben die Menschen 2019 letztmalig ihre Kirmes so erlebt, wie sie sie lieben. „Uns steht zwar Hilfe zu“, erklärt Alexius. Doch mit einem einmaligen Zuschuss von 9000 Euro käme man nicht weit. Ganz im Gegenteil. Bestehende KfW-Kredite müssten zurückgezahlt werden und auch das Finanzamt verlangt weiterhin sein Geld.
Kein Notgroschen möglich
Nicht zu vergessen, dass man Investitionen in neue Fahrzeuge oder Wagen mit seinem eigenen privaten Hab und Gut absichere und Darlehensraten von der Überbrückungshilfe nicht abgegolten werden. Da frage er sich: „Wovon das alles, wenn nichts stattfindet?“ Und ganz nebenbei, meint Alexius sarkastisch, müsse man ja auch noch seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Schausteller hätten zuletzt keinen Gedanken an das Zurücklegen eines Notgroschens verschwenden können wie noch vor zehn oder 15 Jahren. Er selbst kennt viele Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Krise neu umorientiert hätten, weil ihnen einfach das Geld fehle, sagt der 48-jährige, der zwischenzeitlich bei der SIHK einen Ausbilderschein machte. Damit will er Sorge dafür tragen, dass die nächste Generation an Schaustellern positiv nach vorn blicken kann und das Brauchtum am Leben bleibt.
Nichtsdestotrotz stünden aber alle bereit, so versicherte er, ihr Geschäft wieder aufzumachen, wenn es die Lage zulasse. Geärgert habe er sich übrigens auch über ein Statement von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, erzählt Andreas Alexius. Dieser hatte gesagt: „Nach der Planung der Bundesregierung wird es noch bis zum Ende des Sommers dauern, bis allen Bundesbürgern ein Impfangebot gemacht worden ist. Ich glaube, solange wird es keine Schützenfeste und auch keine anderen Volksfeste geben können“. Da hätte er im wahrsten Sinne des Wortes einen „dicken Hals“ bekommen und den Minister in einem Brief darauf hingewiesen, dass es genügend Konzepte gäbe, er selbst könne ihm zwölf Versionen auf den Schreibtisch legen, um eventuell das eine oder andere kleinere Volksfest oder temporäre Freizeitparks wieder stattfinden zu lassen. Konzepte die sicher seien, den geltenden Hygienevorschriften entsprächen, ein Infektionsaufkommen verhindern würden und die letztendlich das am Leben erhalten, „was man sich als Familienbetrieb über Jahrzehnte aufgebaut hat“.
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Veranstaltungen sind notwendig
Das solch ein temporärer Freizeitpark funktioniert, bewies Andreas Alexius im vergangenen Jahr unter anderem mit dem „Gevelsberger Sommer-Feeling“ am Ennepebogen. „Ich würde mich freuen, wenn wir auch in diesem Jahr bei den Kommunen mit unserem Konzept auf offene Ohren stoßen würden.“ Nur dafür müsse sich zunächst einmal die Bundes- und Landespolitik von ihren Inzidenzen weg bewegen. „Wir können etwas auf die Beine stellen, was für alle sicher ist“, lautet sein eindringlicher Appell. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, das Lachen und das Fröhlichsein ist genauso wichtig für die Volksgesundheit.“