Gevelsberg. Nach Rolle rückwärts bei den Osterregeln wächst der Ärger in der Wirtschaft weiter. Handel sieht sich zu Unrecht am Pranger.

Nachdem die Emotionen nach den Corona-Osterplänen von Bund und Ländern am Dienstag extrem hochkochten, hat sich die Lage nach der Korrektur nur einen Tag später sogar noch verschärft. Termine waren bereits abgesagt. Firmen hatten Urlaubspläne für den Gründonnerstag geändert – alles für die Katz. Wut und Ärger über die Planlosigkeit in der nächsten Runde im Lockdown-Hickhack machen sich breit. Parallel dazu wächst die Existenzangst im Einzelhandel, der sich zu Unrecht an den Infektionspranger gestellt fühlt.

Auch interessant

Marcus Romeik, Inhaber des gleichnamigen großen Gevelsberger Modegeschäfts, hat seine Angestellten nun seit Langem in Kurzarbeit. Die Freude war riesig unter ihnen, als sie wieder Kunden zum „Click and Meet“ ins Geschäft lassen durften. Das ist bald wieder vorbei. „Das ist ruinös, das ist existenzbedrohend“, sagt der Chef, der seinen Mitarbeitern gern Perspektiven aufzeigen möchte. Doch das ist nicht möglich. Seine Forderung: „Wir haben gute Konzepte und müssen zumindest wenige Leute mit viel Abstand in die Geschäfte lassen dürfen. Geht es so weiter, sind unsere Städte bald weder belebt noch lebenswert“, wählt Romeik deutliche Worte, um seinen Unmut kund zu tun.

Keine Strategie erkennbar

Nicht anders ist die Stimmung beim Pro City-Vorsitzenden Andreas Niehues, der das Opel-Autohaus Nolte leitet. „Gestern haben wir alle Werkstatttermine für Gründonnerstag abgesagt, heute rufen wir die Kunden erneut an, um zu sagen, dass ihr Ursprungstermin doch stattfinden kann.“ Auf die Mitarbeiter des Autohauses sei niemand zornig, aber in den Telefonaten werde deutlich, dass dieses Hin und Her die Wut in den Menschen schüre. Die aktuelle Entwicklung ändere nichts an seiner grundsätzlichen Forderung, dass Click and Meet „das absolute Minimum ist, das notwendig ist, um dem Handel ein Überleben zu sichern.“ Sein Fazit: „Das ist nicht durchdacht, das ist kurzfristig gesprungen, eine Strategie ist nicht erkennbar. Statt dessen wird schnell aus der Hüfte geschossen.“

Das Ziel müsse lauten, die Infektionsgefahr zu minimieren, gleichzeitig aber die drohenden Pleiten zu verhindern mit einem sinnvollen Konzept, in dem sich alles unter einen Hut bringen lasse.

Auch interessant

Noch drastischer bewertet Michael Schmitz die Entwicklungen am Dienstag und am Mittwoch. „Das ist ein dermaßen Schwachsinn, da fehlen mir die Worte.“ Er bietet mit seinem Physio-Team Physiotherapie, Ergo-Therapie und Logopädie in Gevelsberg und Wuppertal an. „Schlaganfallpatienten, Menschen, die frisch operiert sind beispielsweise an den Kreuzbändern oder der Hüfte sind in Angst verfallen, weil sie eigentlich am Gründonnerstag einen Termin bei uns gehabt hätten.“ Völlige Verunsicherung habe unter seinen Mitarbeitern und unter den Patienten geherrscht und wirklich wisse doch auch jetzt noch niemand, woran man sei.

Auf Infektionsherde blicken

Schmitz fordert, sich den Bereichen des Lebens zu widmen, in denen aus seiner Sicht das Infektionsgeschehen herrsche. „Das ist nicht der Handel, das sind nicht die Praxen und das sind auch nicht die Gastronomie oder die Arbeitsumgebungen generell. Das ist das private Umfeld.“ Mit dieser Auffassung ist er bei Weitem nicht allein.