Ennepetal. In der oberen Führungsebene bei der Stadt Ennepetal arbeiten fast nur Männer. Neue Wege bei der Stellenausschreibung soll helfen, das zu ändern.
Als eine der wenigen Städte in Deutschland hat Ennepetal mit Imke Heymann eine Bürgermeisterin. Doch der Blick auf die darunter liegende Führungsebene, angefangen beim Ersten Beigeordneten und beim Kämmerer bis zu den Leitungen der Fachbereiche offenbart, dass die Stadtverwaltung weit von dem im Gleichstellungsplan formulierten Ziel entfernt ist, in der Führungsebene einen Frauenanteil von 50 Prozent zu erreichen. Vordergründig gibt es eine einfache Erklärung: Es bewerben sich keine Frauen auf diese Stellen. Das soll sich künftig ändern – nicht zuletzt durch eine neue Strategie bei Ausschreibungen.
Gerade erst wurde im Ennepetaler Rathaus die Leitung des Fachbereichs Stadtentwicklung und Bürgerdienste neu besetzt. Die Nachfolge von Stephan Langhard, der zum Bürgermeister von Schwelm gewählt worden war, hat dessen bisheriger Stellvertreter Marco Heimhardt angetreten. „Es haben sich drei beworben, alles Männer“, erklärt Personaldezernent Tim Strathmann. Bei den jüngsten Ausschreibungen auf dieser Ebene habe sich das gleiche Bild ergeben. Die fünf Fachbereiche der Stadtverwaltung werden allesamt von Männern geleitet. Nur das Jugendamt, das eine Sonderstellung einnimmt und gleichrangig neben dem Fachbereich Jugend, Soziales und Bildung steht, wird mit Dagmar Ante von einer Frau geleitet. Schaut man allerdings auf die darunter liegenden Ebenen, stellt sich die Situation in Bezug auf die angestrebte Gleichstellung besser dar. Bei den stellvertretenden Fachbereichsleitern stehen zwei Frauen fünf Männern gegenüber, allerdings sind dort noch Stellen offen. Bei den Abteilungsleitungen ist mit 13 Frauen und 15 Männern die paritätische Besetzung fast erreicht.
„Woran liegt es, dass sich Frauen auf die höchsten Positionen nicht bewerben?“, fragen Tim Strathmann und die Gleichstellungsbeauftragte Nina Däumig unisono. „Die eine Antwort gibt es nicht“, meinen beide nahezu gleichlautend. „Fachlich sind Frauen sicher in der Lage, diese Stellen zu besetzen“, betont Nina Däumig. Sie vermutet, dass Frauen auch hinsichtlich der immer noch verbreiteten Rollendefinitionen rationaler an eine potenzielle Bewerbung herangehen. Sie würden diesen Prozess vor dem Hintergrund von Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder auch der Partnerschaft sehr genau überdenken. Eine Einschätzung, die auch Tim Strathmann teilt. „Männer sagen sich eher: ,Das wird schon funktionieren’. Und sie springen dann auch eher ins kalte Wasser“, meint er.
70 Prozent Frauenanteil
Bei der Stadtverwaltung gibt es 455,91 Stellen.30 Prozent der Mitarbeiter sind männlich, 70 Prozent weiblich.Teilzeitangebote nutzen 55 weibliche und 31 männliche Beschäftigte.In den niedrigen Besoldungsgruppen sind überwiegend Frauen beschäftigt.
Um für Frauen künftig in dieser Hinsicht die Hemmschwelle zu senken, wird die Stadt Ennepetal nun Fachbereichsleitungen, bei den klar ist, dass und wann der Stelleninhaber in den Ruhestand treten wird, frühzeitig ausschreiben. „Wir wollen diese Stellen nun mit einem Vorlauf von 18 Monaten ausschreiben“, erklärt Strathmann. Dann könne wir schauen, was an Qualifikationen gegebenenfalls noch erworben werden muss und vor allem solle ein halbes Jahr lang eine Einarbeitung durch den ausscheidenden Fachbereichsleiter erfolgen. „So gibt es einen sanfteren Übergang, Die- oder Derjenige wird nicht ins kalte Wasser gestoßen“, so Strathmann.
„Wir werden sehen, ob das funktioniert“, meint der Personaldezernent, der hofft, dass erste weibliche Fachbereichsleitungen als gutes Beispiel dienen und weitere Bewerbungen nach sich ziehen könnten. Mit der Leitung des Jugendamtes und der Leitung des Fachbereichs 1 (Finanzen und Interner Service) würden zwei Führungspositionen im kommenden Jahr frei. Für den Fachbereich 1 sei das Bewerbungsverfahren gerade beendet, es habe sich auch eine Frau beworben. Strathmann betont, dass es kein Automatismus sei, dass die Bewerberin auch zum Zuge komme.
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Hinsichtlich der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen sieht Nina Däumig vieles bei der Stadt Ennepetal bereits gut umgesetzt. „Als öffentlicher Arbeitgeber haben wir da eine Vorbildfunktion“, betont die Gleichstellungsbeauftragte. Der Bürgermeisterin sei die Personalentwicklung und dabei nicht zuletzt die Förderung von Frauen ein besonderes Anliegen. Dass die Abteilungsleitungen so ausgeglichen besetzt seien, zeige ja, wie wichtig dem Arbeitgeber Stadt die Gleichstellung sei. Es gebe die Möglichkeit, einen Homeoffice-Arbeitsplatz zu beantragen, man habe Gleitzeitregelungen, außerdem gebe es Teilzeitmodelle für den Wiedereinstieg, erklärt Däumig. Nicht zuletzt mache es die Stadt Ennepetal auch möglich, dass Männer in Elternzeit gehen – was in vielen anderen Bereichen der Arbeitswelt eher problematisch ist.
Nina Däumig betont, dass das Ziel, auch in der höchsten Führungsebene ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen und Männern anzustreben, kein Selbstzweck sei. „Eine paritätische Besetzung bringt die besten Ergebnisse“, meint sie. „Männer und Frauen unterscheiden sich in Auftraten und Sichtweisen – und ergänzen sich dadurch.“