Gevelsberg. Am Knotenpunkt Eichholzstraße/Berchemallee in Gevelsberg hat es schon mehrfach Unfälle gegeben. Experten erklären, wie das zu bewerten ist.

Es ist eine Situation, wie sie an der Einmündung der Berchemallee täglich passiert. Ein Auto fährt von Berge kommend die Kurve hinunter zur Eichholzstraße. An der gestrichelten Linie bleibt der Fahrer kurz stehen. Schließlich biegt er nach links ab, um weiter Richtung Gevelsberg zu fahren. So weit, so normal. Doch plötzlich knallt es. Ein anderer Fahrer, der auf der Eichholzstraße in entgegengesetzter Richtung fährt, kracht mit seinem Auto frontal in die Seite des Wagens, der gerade abbiegt. Es kommt zum schweren Unfall.

Klar ist das an dieser Stelle nur ein Beispiel. Aber eine sehr ähnliche Situation forderte im November vergangenen Jahres an eben dieser Einmündung ein Todesopfer. Andere Unfälle ohne Tote, aber mit Verletzten gab es dort auch in den Monaten und Jahren zuvor. Sind die Eichholzstraße und der angrenzende Teil der Berchemallee deshalb ein Unfallschwerpunkt? Nein, sagen Experten.

„Die Einmündung ist schon 2011 als Unfallhäufungsstelle eingestellt worden“, erklärt Andreas Berg, Sprecher von Straßen NRW. Sowohl die Eichholzstraße (L 527) als auch der Zubringer hoch zur Berchemallee liegen in der Zuständigkeit des Landesbetriebs. 2007 sei der Bereich aufgefallen, weil es zu mehreren Abbiegeunfällen gekommen sei.

Typen und Kategorien

Das allerdings nicht wie eingangs beschrieben von der Berchemallee kommend auf die Eichholzstraße, sondern aus Richtung Wittener Straße beim Linksabbiegen auf die Berchemallee. Die zugelassene Höchstgeschwindigkeit liegt dort bei 70 Kilometern pro Stunde. Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit liege laut einer Polizeimessung zwischen 83 und 88, so Berg.

„Das Problem war, dass die Leute durch die längere Abbiegespur zu schnell abgebogen sind“, erinnert er sich. „Wir haben die Linksabbiegerspur dann 2010 verkürzt.“ Daraufhin habe es weniger Unfälle gegeben. Von wie vielen Unfällen ist dabei aber die Rede?

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Dafür ist es wichtig, zu verstehen, wie Straßen NRW eine sogenannte Unfallhäufungsstelle definiert. „Bei Unfällen unterscheiden wir nach Typen und Kategorien“, erklärt Andreas Berg. Ein Typ sei beispielsweise ein Abbiegeunfall. Die Kategorien würden die Schwere dieses Unfalls definieren, vom reinen Blechschaden bis hin zu Todesopfern (siehe auch Infobox).

„Wir reden von einer Unfallhäufungsstelle, wenn in einem Jahr drei Unfälle gleichen Typs passieren“, so Berg. Diese müssten aber mindestens so schwer sein, dass eines der beteiligten Fahrzeuge nicht mehr fahrbereit sei.

Der Faktor Mensch

Eine Unfallkommission – bestehend aus der jeweils zuständigen Verkehrsbehörde, je nach Straße Vertretern des Landes oder des Bundes und der Polizei – analysiert die Unfälle und schaut sich auch die Unfallstellen an.

„Hatten wir Nässe? Was hatten wir für Unfälle? Ist vielleicht etwas mit der Fahrbahn nicht in Ordnung?“, zählt Andreas Berg klassische Fragen solcher Analysen auf. Darauf basierend macht die Kommission Vorschläge, die Situation vor Ort zu entschärfen.

Von Sachschaden bis hin zu Todesopfern

Bei der Erhebung der Unfälle auf der Eichholzstraße hat die Polizeibehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises alle Unfälle der folgenden Kategorien ausgewertet:

Kategorie 1: Unfälle mit Toten

Kategorie 2: Unfälle mit Schwerverletzten

Kategorie 3: Unfälle mit Leichtverletzten

Kategorie 4: Unfälle mit schwerwiegendem Sachschaden und nicht mehr fahrbereiten Fahrzeugen

Kategorie 6: Unfälle unter Einwirkung von Alkohol oder anderer berauschender Mittel

Straßen NRW nannte im Gespräch mit dieser Zeitung noch die Kategorie 5: Unfälle mit leichtem Sachschaden

Im Fall der Berchemallee beziehungsweise der Eichholzstraße seien es laut einer alten Auswertung vier Unfälle mit Schwerverletzten gewesen, die zur Definition als Häufungsstelle geführt hätten. „Seitdem wir die Abbiegespur verkürzt haben, ist der Knotenpunkt auch nicht mehr auffällig“, sagt Andreas Berg. Daher gebe es aktuell auch keine Überlegungen, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Ganz vermeiden ließen sich Unfälle ohnehin nie. „Unfälle sind immer mit dem Faktor Mensch verbunden, der ist entscheidend“, macht Andreas Berg deutlich.

Polizeilich unauffällig

Konkrete Zahlen zur Eichholzstraße hat die Polizeibehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises parat. So ist zu erfahren, dass es dort in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 22 Verkehrsunfälle mit einer getöteten Person, drei Schwerverletzten und 20 Leichtverletzten gegeben hat. Nicht angepasste Geschwindigkeit sei dabei in nur einem Fall ursächlich gewesen.

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Und auch die Polizei sagt: „Die Eichholzstraße ist kein Unfallschwerpunkt, weder auf Strecke noch im Bereich der Einmündungen.“ In Anbetracht der Bedeutung der Straße, dem ausgewerteten Zeitraum, der Streckenlänge und der Anzahl der Verkehrsunfälle sei die Straße aus polizeilicher Sicht als unauffällig zu bezeichnen.

Die Eichholzstraße sei eine Landstraße außerhalb geschlossener Ortschaften mit sehr hohem Verkehrsaufkommen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit sei somit grundsätzlich 100 km/h. „Den potenziellen Gefahren an den Einmündungen ist durch eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h bereits Rechnung getragen worden“, heißt es.