Schwelm. Andreas Althaus aus Schwelm wird Opfer dreister Diebe, die eine Sicherheitslücke beim Keyless Go-System ausnutzen. BMW verweigert eine Ortung.

Als Andreas Althaus am Donnerstagmorgen aufsteht, will er schnell seinen Wagen in der Max-Klein-Straße umparken. Straßenreinigung. Das kann in Schwelm teuer werden, wenn die Kehrmaschine den Wagen umschiffen muss. Doch Althaus muss sein Auto nicht mehr umparken. Denn es ist weg. „Ich wusste sofort, dass den jemand gestohlen hat“, sagt der Schwelmer. So weit, so ärgerlich, doch das passiert leider immer wieder. Das wirklich Unglaubliche ereignet wenige Minuten später. Denn: Die hochwertige Karosse hätte noch während der Flucht problemlos geortet werden können. Das darf BMW allerdings aus Datenschutzgründen nicht.

Das Auto von Andreas Althaus ist kein Wagen von der Stange. Der 440i xdrive Gran Coupé hat einen der größten lieferbaren Motoren, ist in einem auffälligen Blau lackiert und hat eine Top-Ausstattung. Zu der zählt auch, dass Althaus seinen Wagen über eine Handyapp orten kann – das geht allerdings nur, wenn das Fahrzeug steht und in einem beschränkten Radius. „Als ich mein Auto tracken wollte, war er aber in Bewegung“, sagt der Schwelmer. Im Beisein der Polizisten, die die Diebstahlsanzeige aufnehmen, ruft Andreas Althaus bei BMW an. Der Hersteller hat nämlich die technischen Möglichkeiten, seine Fahrzeuge zu lokalisieren. Dort bekommt der Schwelmer mitgeteilt: „Das dürfen wir aus Datenschutzgründen leider nur mit einem richterlichen Beschluss.“ Bis ein solcher allerdings vorliegt, verstreicht zumeist derart viel Zeit, dass die Ermittler sich die Ortung auch sparen könnten, denn bis dahin haben die professionell agierenden überörtlichen Banden die Möglichkeiten zur Ortung längst deaktiviert.

BMW will Stalking vorbeugen

 Der BMW 440i xdrive Gran Coupé auf seinem Parkplatz in der Max-Klein-Straße. Es hätte auf der Flucht geortet werden können.
 Der BMW 440i xdrive Gran Coupé auf seinem Parkplatz in der Max-Klein-Straße. Es hätte auf der Flucht geortet werden können. © WP | Privat

Der Grund dafür, dass in diesem Fall die Privatsphäre von Verbrechern auf frischer Tat geschützt wird, lautet, dass BMW sicher gehen will, dass niemand über eine telefonische Abfrage einfach fremde Autos ausspionieren kann. Die Redaktion fragte am Montag telefonisch und schriftlich beim Premiumhersteller in München nach: „Warum und auf welcher rechtlichen Grundlage ist dies der Fall? Wieso wird diese Technik verbaut, wenn sie nicht genutzt werden kann? Ist das Tracken der Fahrzeuge in anderen Ländern möglich? Bekommen Sie tatsächlich richterliche Beschlüsse zum Orten der Fahrzeuge und hat dies Erfolg? Welche technischen und datenschutzrechtlichen Perspektiven können Sie zum Wiederauffinden gestohlener Fahrzeuge zeichnen?“ Eine Antwort von BMW blieb bis Redaktionsschluss allerdings aus.

Professionelle Banden

Wirklich wirksam scheint nur ein adäquater Diebstahlschutz zu sein, doch der ist den wenigsten Menschen bekannt. Denn die Diebe nutzen eine Schwachstelle in den Keyless Go-Systemen aus, die in immer mehr modernen Wagen verbaut werden. Sonja Wever, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr, erklärt: „Die Täter sind in professionellen Banden organisiert, fallen wie eine Herde über die Landkarte her und haben es vor allem auf hochpreisige Autos abgesehen.“

Sie machen es sich zunutze, dass jeder Keyless-Go-Schlüssel permanent ein Signal sendet. Ist der Schlüssel nah genug am Auto, erkennt der Wagen über dieses Signal den Schlüssel, lässt sich öffnen und starten. Das funktioniert nur über eine Entfernung von wenigen Metern. Deshalb schleichen die Täter, vor den Türen der Häuser, vor denen Autos, auf die sie es abgesehen haben, stehen, mit Empfangsgeräten herum. Sonja Wever: „Oft hängen die Autoschlüssel mit an den Schlüsselbrettern in den Häusern und Wohnungen oder liegen vielfach in Schalen nahe den Eingangstüren.“

Schlüssel in abgeschirmte Boxen

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Die Täter greifen die Funkwellen mit einem Gerät auf, das ähnlich wie ein Repeater beim heimischen W-Lan arbeitet und dieses Signal verlängert. Am Wagen steht schließlich ein weiterer Täter, mit einem Empfangsgerät. Das greift das Signal auf und teilt dem Auto mit: „Ich bin Dein Schlüssel“. Das Fahrzeug öffnet sich, lässt sich starten. Die Diebe fahren es auf einen Lkw oder in Werkstätten, in denen es zerlegt wird. Die Diebstähle passieren schnell und recht unauffällig. Die Täter zu stoppen, scheint kaum möglich. Daher rät die Polizei: „Lassen Sie ihre Autoschlüssel nicht in der Nähe der Eingangstür. Sichern sie sie gegebenenfalls in abgeschirmten Behältnissen.“

Das hilft Andreas Althaus im Nachhinein natürlich wenig. Große Hoffnung, dass er seinen Wagen zurückbekommt, hat er nicht, dafür jede Menge Papierkram und Telefonate, um die Sache abzuwickeln.