Gevelsberg. Erst Corona, dann der Tod seiner Frau Karin. Gäste wollen Gevelsberger Wirt Harald Apfelbaum in seiner Gaststätte „Unter den Linden“ aufmuntern.

„Mir sind richtig die Tränen gelaufen“, sagt Harald Apfelbaum. Und noch jetzt – gut zwei Wochen später – ist der Wirt sichtlich ergriffen, wenn er daran denkt, was Freunde für ihn auf die Beine gestellt haben. Der 78-Jährige hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Wie viele andere hat Corona auch seine Gaststätte „Unter den Linden“ getroffen. Schlimmer noch: Im Juli starb seine geliebte Ehefrau Karin. Sie war das Herz und Gesicht des Traditionslokals an der Teichstraße. Umso emotionaler war die Überraschung, die Harald Apfelbaum am 20. November erlebte. Pünktlich zu seinem Geburtstag hat eine Handvoll seiner treusten Gäste sein Lokal renoviert. Komplett in Eigenleistung und ohne etwas dafür zu verlangen.

Die Gaststätte „Unter den Linden“ an der Teichstraße in Gevelsberg. Für Wirt Harald Apfelbaum sind seine Gäste wie eine Familie. Viele Jahre hat er das Lokal mit seiner Frau Karin betrieben.
Die Gaststätte „Unter den Linden“ an der Teichstraße in Gevelsberg. Für Wirt Harald Apfelbaum sind seine Gäste wie eine Familie. Viele Jahre hat er das Lokal mit seiner Frau Karin betrieben. © Max Kölsch

Es scheint, als hätten sie sich das scherzhaft gemeinte Schild hinter der Theke zu Herzen genommen. „Jeder Gast hat sich hier so zu verhalten, dass die Wirtsleute sich wohlfühlen“, steht darauf. Denn wohl fühlt Harald Apfelbaum sich in seiner Gasstätte definitiv. Wer sieht, wie stolz er seine frisch renovierten Räume zeigt, merkt ihm das an. Die gesamte Einrichtung wirkt wie neu. Und das obwohl es immer noch die alte ist. Auch ein leichter Farbgeruch liegt noch in der Luft. „Das ist hier wie eine große Familie“, kann Apfelbaum da nur sagen. Anders kann er kaum erklären, was seine Gäste für ihn getan haben.

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In einer kleinen Gruppe von sechs bis sieben Personen haben sie an mehreren Tagen mehr oder minder heimlich die Innenräume des Lokals neu gestrichen und die gesamte Einrichtung gereinigt. Tische, Stühle, Lampen, Deko – eben alles, was beweglich ist. Selbst Teppiche und Gardinen machten sie sauber. Und natürlich die Thekenanlage.

Untereinander organisiert

Susanne Bierbaumer und ihr Lebensgefährte Martin Remmers haben die Aktion gemeinsam mit weiteren Gästen organisiert.
Susanne Bierbaumer und ihr Lebensgefährte Martin Remmers haben die Aktion gemeinsam mit weiteren Gästen organisiert. © Privat

Den Stein ins Rollen gebracht haben Susanne Bierbaumer und ihr Lebensgefährte Martin Remmers. „Als Karin Apfelbaum gestorben ist, war das auch für uns ganz schlimm“, erinnert sich Remmers noch genau. „Harald hatte deswegen und auch wegen Corona so ein bisschen den Antrieb verloren.“ So sei ihnen schließlich die Idee gekommen, seine Gaststätte zu renovieren. „Und weil Harald das nicht mehr so gut kann, haben wir gesagt, dass wir das als Geschenk zu seinem Geburtstag machen“, erklärt Martin Remmers. „Auch damit es nach Corona wieder weitergehen kann.“

Seit 1977 hinter Tresen

Seit Oktober 1977 standen Karin und Harald Apfelbaum gemeinsam hinter dem Tresen ihrer Gaststätte „Unter den Linden“.

Mehrere Kirmesgruppen, der Kirmesverein, ein BVB-Fanclub und zwei Sparclubs treffen sich hier.

2018 zierte die Gaststätte, die von den Gevelsbergern auch liebevoll „Bei Apfelbaum“ genannt wird, den ersten Kirmeskrug nach dem neuen Konzept.

Genau wie seine Gaststätte ist Harald Apfelbaum ein echtes Unikat. Als gelernter Kfz-Mechaniker war er DJ in der „Kupferschale“, der ersten Disco in Haspe. Heute fühlt sich der Hagener aber als echter Gevelsberger.

Also hörten sie sich um, sprachen andere Stammgäste und Freunde an. Martin Remmers sammelte ein wenig Geld für die Materialkosten ein. Susanne Bierbaumer sorgte dafür, dass die Helfer in die Gaststätte kommen, ohne das Harald Apfelbaum ihnen die Tür aufschließen muss. So ganz geheimhalten konnten sie die Aktion aber trotzdem nicht. „Ab einem gewissen Fortschritt ging das nicht mehr“, sagt Martin Remmers und lacht. So durfte der Wirt schon ein paar Tage vor seinem Geburtstag in die Gaststätte kommen und zumindest einen symbolischen Pinselstrich machen.

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Und obwohl er vorher wusste, was passiert, tat das Harald Apfelbaums Freude zu seinem Geburtstag keinen Abbruch. „Das hat mich umgehauen“, kann er ganz klar sagen.

„Wenn sowas wie Corona ist, merkt man erstmal, wie wichtig so eine Gemeinschaft ist“, sagt Martin Remmers. „Es hätten sogar noch mehr Leute mitgemacht, aber wegen Corona war das schwierig.“ Bei der Renovierung hätten sie stets auf Abstand und Hygiene geachtet.

Eine Bilderreihe von den Renovierungsarbeiten.
Eine Bilderreihe von den Renovierungsarbeiten. © Privat

Für Harald Apfelbaum ist nun umso klarer, dass er auch nach den Corona-Beschränkungen mit seiner Gaststätte weitermachen will. „Meine Gäste haben mir gesagt, dass ich viel Gutes für sie getan hätte“, sagt der 78-Jährige. „Jetzt haben sie mir geholfen. Das gibt mir einen Motivationsschub.“

Auch von anderen unterstützt

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Nicht zuletzt, weil auch andere ihn in den vergangenen Monaten unterstützt hätten. Sei es in Form von Spenden wie durch den BVB-Fanclub, der in seiner Gaststätte sonst ein und aus geht, oder durch den unkomplizierten Ablauf im Rathaus bei der Ummeldung des Lokals von seiner Frau auf ihn. „Wenn mal was ist, habe ich immer Hilfe“, ist sich Harald Apfelbaum sicher. „Deshalb mache ich die Gaststätte noch so lange, wie ich kann.“