Der Ur-Schwelmer Christian M. Fasel ist immer in Gesellschaft. Wie er es ohne erträgt, schreibt er in unserem Corona-Tagebuch.

Die Passivphase meiner Altersteilzeit habe ich mir anders vorgestellt. Der erste Lockdown wegen Corona wurde zeitgleich ausgerufen, als ich nicht mehr zu meiner Arbeitsstelle fahren musste. Ich bin Energieberater bei der AVU. Den Ausstand, den ich eigentlich im Kreise meiner Kolleginnen und Kollegen geben wollte, der fiel wegen der Pandemie schon einmal ins Wasser. So fing das ganze Dilemma mit dem Virus an.

Christiane M. Fasel Ehrenobernachtwächter der Stadt Schwelm berichtet aus seinem Corona-Alltag
Christiane M. Fasel Ehrenobernachtwächter der Stadt Schwelm berichtet aus seinem Corona-Alltag © WP | Bernd Richter

Die Zeit, die ich nun habe, konnte ich aber wunderbar nutzen. Langweilig war mir in den vergangenen Monaten absolut nicht. Ich hatte noch nie so einen schönen Garten wie in diesem Jahr. Ich bin zwar immer gerne zur Arbeit gegangen, es hat mir immer Spaß gemacht, aber meine Arbeit vermisse ich nicht. Gedanklich konnte ich mich ja auf den neuen Lebensabschnitt lange genug vorbereiten. Dann ist Feierabend und ab dann machst du was anderes. Das Wort Langeweile gibt es bei mir nicht.

Das größte Manko für mich ist, das die ganzen sozialen Kontakte weggebrochen sind. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne unter Menschen bin. Wenn ich nur an die ganzen Festivitäten denke, die ausgefallen sind, die geselligen Zusammenkünfte auch in den Nachbarstädten. Ich bin der Ehrenobernachtwächter von Schwelm. Eine Kirmes nach der anderen wurde abgesagt, die Gesichter wurden immer länger, auch bei mir. Dann blieb mir noch die Hoffnung auf das Heimatfest.

Zunächst habe ich gedacht, es ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin. Aber das Heimatfest fiel dann auch aus. Das ist natürlich alles Mist.

Und es wird ja auch nicht besser, wenn man Richtung Weihnachten blickt und an die Familie denkt. Wir in der Familie halten uns ziemlich zurück mit den Kontakten, um uns und auch andere zu schützen. Nebenan wohnen die Eltern – alle über 80 Jahre. Zu Anfang hat man sie noch mitversorgt, so gut es eben ging, damit sie nicht selbst raus mussten. Da gab es diese komischen Hamsterkäufe. Für zwei Haushalte musstest du einkaufen, bekamst aber teilweise nur die Mengen für einen Haushalt. Da bist du zur einen Tür aus dem Geschäft rausgegangen und zur anderen Tür wieder rein, um noch einen Wagen voll zu kaufen. Aber das hat sich mittlerweile zum Glück ja selbst ein wenig relativiert.

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Was leider warten muss, ist die Vereinstätigkeit bei den Pfadfindern und in der Nachbarschaft Oberstadt, da wir uns ja selbst zu Versammlungen nicht mehr treffen können. Normalerweise hätte ich dieses Jahr ein Vorlager mit den Pfadfindern gehabt als Vorbereitung für ein großes Lager in Polen, das im nächsten Jahr stattfinden sollte. Aber ich bin Optimist. Ich für mich kann mich auch immer beschäftigen. Was so aufs Seelchen geht, das sind die Kontakte, die man nicht pflegen kann oder nur auf sehr viel Distanz.

Ich selbst gehöre zur Risikogruppe, werde nächstes Jahr 60 und bin vorgeschädigt mit Herzinfarkt und als starker Raucher gefährdet. Angst vor Corona habe ich nicht. Aber ich möchte die Krankheit sicherlich nicht haben. Deshalb lasse ich mich auch auf jedem Fall impfen, wenn der Impfstoff da ist. Nur, ich werde sicher nicht der Erste oder der Zweite sein.

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Langsam reicht es mir aber. Es hätte kein Mensch gedacht, das die ganze Welt einmal von jetzt auf gleich so runter gefahren wird, wie es jetzt passiert. Wenn mir das jemand vor einem Jahr erzählt hätte, den hätte ich für verrückt erklärt. Als ich einmal in Japan war, liefen dort die Menschen auch mit Maske herum. Das sich dieses Bild in Schwelm in der Fußgängerzone wiederholt, da hätte doch kein Mensch daran geglaubt. So ändert sich die Welt.

Aufgeschrieben von Bernd Richter

Der Mensch ist ein geselliges Wesen. Das trifft besonders auf Christian M. Fasel zu. Der 59-Jährige ist in Schwelm bekannt wie der besagte „bunte Hund“ und in der Kreisstadt gewöhnlich omnipräsent in seiner Uniform als Ehrenobernachtwächter.