Ennepetal/Gevelsberg. Hannah Sommer aus Gevelsberg spricht über den entsetzlichen Unfall ihres Verlobten Sascha Standt in Ennepetal und die Folgen für die Familie.
Als Sascha Standts Gesicht auf das Lenkrad trifft, in das VW damals noch keinen Airbag verbaut hat, bleibt die Zeit stehen. Seine Zeit, die seiner kleinen Familie. All die Pläne, all die Träume – zerplatzt oder nur aufgeschoben? Das ist die Frage, die sich Saschas Freunde, Saschas Familie aber vor allem Saschas Verlobte Hannah Sommer (29) nun stellen. Denn: Der 36-Jährige ist bei dem Unfall in Ennepetal derart heftig verletzt worden, dass die Ärzte noch nicht sagen können, wie schwer sein Hirn geschädigt ist, ob sein Bewegungsapparat jemals wieder komplett der alte sein wird.
„Das ist ein Scheißschicksal. Mich trägt die Hoffnung, dass er sich zurück ins Leben kämpft“, sagt Hannah Sommer, als sie über diesen 24. August spricht. Erst vor einem Jahr war Sascha Standt für Hannah Sommer und ihre heute vierjährige Tochter aus dem Kreis Gummersbach nach Gevelsberg gezogen. Bald wurde Hannah Sommer schwanger, die beiden verlobten sich. „Eigentlich wollten wir in diesem Sommer heiraten, aber dann kam Corona“, sagt Hannah Sommer. Das Paar hoffte, bald die Eheschließung nachholen zu können. Ihr Glück war ohnehin perfekt, als Ende Juli das gemeinsame Töchterchen auf die Welt kam.
Sascha Standt war an diesem Montagnachmittag auf dem Weg von der Arbeit im Kreis Gummersbach nach Hause in Gevelsberg, als er im Heilenbecker Tal in den Gegenverkehr geriet. Der Grund ist weiterhin unbekannt. „Die Blutprobe und sein Mobiltelefon sind noch nicht ausgewertet. Das lässt sich wohl nur klären, wenn wir mit dem Fahrer selbst gesprochen haben“, sagt Polizeisprecherin Sonja Wever.
Schwere Hirnblutung erlitten
Wann das jedoch möglich ist, vermag aktuell niemand zu sagen. Denn die Feuerwehr schnitt den 36-Jährigen mit lebensgefährlichen Verletzungen aus seinem völlig zerstörten Jetta heraus, ehe ein Hubschrauber ihn ins Bochumer Knappschaftskrankenhaus brachte.
Hannah Sommer wird dieser Tag ewig im Gedächtnis bleiben. Sie wartet auf ihren Verlobten, der sonst immer pünktlich ist oder sich meldet. „Ich habe mit einer Freundin gesprochen, bei Facebook lasen wir, dass es in Ennepetal einen schweren Unfall gegeben hat.“ Sie versucht ihn anzurufen. Immer wieder. Doch Sascha Standt hebt nicht ab. Denn zu diesem Zeitpunkt kämpfen die Ärzte bereits händeringend um sein Leben. „Irgendwann war mir völlig klar: Er hatte einen Unfall.“ Bald darauf meldet sich die Polizei, gibt ihr aber nur spärliche Informationen – die beiden sind ja noch nicht verheiratet. Dann klingelten die Beamten bei ihr. „Die hatten einen Notfallseelsorger dabei. Meine Welt ist völlig zusammengebrochen. Ich habe gedacht, er ist tot“, sagt Hannah Sommer.
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Doch Sascha Standt ist stark. Sieben Stunden operieren die Ärzte allein sein zertrümmertes Gesicht. „Er hat eine Hirnblutung erlitten und die Folgen sind noch nicht absehbar“, sagt seine Verlobte. Mittlerweile ist sie erste Ansprechpartnerin für die Mediziner, trifft alle wichtigen Entscheidungen. „Ich funktioniere nur noch“, sagt sie. Und: „Ohne die großartige Hilfe von Familie und Freunden, würde ich das alles nicht schaffen.“ Vor der großen Tochter muss sie stark sein, ihr Zuversicht vermitteln, gleichzeitig einen Säugling versorgen. Dazu kommt eine finanzielle Belastung. „Durch die Geburt ist Sascha unser Hauptverdiener gewesen.“
Welle der Solidarität
Sie besucht ihren Verlobten oft im Krankenhaus. „Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, ist mein Kreislauf zusammengebrochen.“ Er erkennt sie, lächelt, wenn sie lächelt, weint, wenn sie weit. Doch sprechen oder sich allein bewegen, das kann der 36-Jährige noch nicht. Er ist in der Früh-Reha, kann seine Augen öffnen. Sascha Standt ist ein hilfsbereiter Mensch, herzensgut, und dementsprechend groß ist die Welle der Solidarität.
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„Es sind so viele, die sich bei mir melden, an unserer schweren Situation Anteil nehmen. Alle hoffen, dass er wieder fit wird, um sich seinen ganz großen Traum zu erfüllen: einmal nach China zu reisen“, sagt Hannah Sommer. Dann könnte die Familie auch all die anderen Träume verwirklichen. Und dann läuft die Zeit auch für sie wieder weiter.
Polizei sucht den Grund für den Unfall
Der Unfall im Heilenbecker Tal ist polizeilich noch nicht aufgeklärt.
Fest steht, dass Sascha Standt in einer Rechtskurve in den Gegenverkehr geraten ist.
„Damit ist er aus polizeilicher Sicht der Schuldige“, sagt Polizeisprecherin Sonja Wever.
Die Ermittlungen sollen nun den Grund dafür aufklären, warum der 36-Jährigen mit seinem geliebten etwa 30 Jahre alten VW Jetta auf dieser Strecke, die er täglich fuhr, überhaupt seine Fahrspur verlassen hat.