Gevelsberg. Ennepetaler schießt bei Verkehrskontrolle in Gevelsberg auf Beamte. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Hagen Anklage. 36-Jähriger schweigt.

Versuchter Mord in drei Fällen. So lautet die Anklage, die Staatsanwältin Sandra Ley gegen den Ennepetaler erhebt, der in der Nacht auf den 6. Mai für den wohl größten Polizeieinsatz in der Geschichte der Stadt Gevelsberg gesorgt hatte. Der damals 36-Jährige hatte ohne Vorwarnung mit einer scharfen Pistole das Feuer auf zwei Streifenbeamte eröffnet, sich anschließend stundenlang in einem Hinterhof versteckt. Läuft alles nach Plan, wird er sich wohl noch in diesem Jahr vor dem Hagener Landgericht für seine Aufsehen erregende Tat verantworten müssen.

Auch interessant

„Wir stimmen die Termine gerade ab, möglicherweise könnte das Verfahren Anfang bis Mitte November starten“, sagt die Chefermittlerin aus den Reihen der Hagener Staatsanwaltschaft zum aktuellen Stand. Der Angeklagte, den die Männer eines Spezialeinsatzkommandos überwältigt hatten, ist mittlerweile aus dem Justizkrankenhaus entlassen worden und in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Eine Einlassung des zur Tatzeit 36 Jahre alten Mannes zu den kaum zu fassenden Geschehnissen in der Gevelsberger Innenstadt liegt indes noch nicht vor. „Er schweigt bislang“, sagt Sandra Ley.

Damit bleibt zumindest mal bis zum Gerichtsverfahren unklar, warum der Mann in der Nacht zum 6. Mai derart ausrastete. Die Szene begann zunächst nämlich unaufgeregt. Zwei Polizisten hielten den Ennepetaler gegen 23.55 Uhr auf der Mühlenstraße in Gevelsberg an, ließen ihn pusten, weil sie den Verdacht hatten, dass er möglicherweise unter Alkoholeinfluss am Steuer gesessen hatte. Nachdem er zunächst die geforderte Probe auch ohne jeden Widerstand abgab, hatte er urplötzlich eine Pistole in der Hand und schoss laut Ergebnissen der Ermittlungen gezielt auf die beiden Polizisten.

Kugel schlägt in Oberschenkel ein

Während er einen verfehlte, traf er den zweiten Beamten am Oberkörper. Das Glück des Polizisten: Er trug eine schusssichere Weste, an der das Projektil abprallte. Dies sind nur die beiden ersten angeklagten Mordversuche, denn der Wahnsinn hatte da erst begonnen. Der Ennepetaler trat auf das Gaspedal seines 5er BMW, kam aber nicht weit, weil er vor der Hauptstelle der Stadtsparkasse über eine Verkehrsinsel fuhr und seinen Wagen zerstörte. Von hier an flüchtete er zu Fuß weiter.

Binnen weniger Minuten war die Stadt Gevelsberg komplett abgeriegelt. Ein Hubschrauber kreiste, überall waren Polizisten, die Mitglieder eines Spezialeinsatzkommandos durchsuchten die Umgebung, bis sie schließlich knapp vier Stunden nach der ersten Schießerei auf den 36-Jährgen in einem Hinterhof an der Brüderstraße trafen. Als der Mann, der sich dort versteckt hielt, sah, dass er nun in der Fall saß, eröffnete er erneut das Feuer, verfehlte aber den Polizisten auf den er gezielt haben soll. Der dritte Mordversuch, den Sandra Ley anklagt. Treffsicherer zeigten sich da die Profis. Die Kugel eines Polizisten schlug in den Oberschenkel des Mannes ein, er wurde überwältigt, kam unter schwerer Bewachung ins Krankenhaus und musste anschließend über vielen Wochen wegen der Schwere seiner Schussverletzung im Justizkrankenhaus behandelt werden.

Toxikologischer Befund ist schwierig

Zum Motiv lässt sich derzeit nur spekulieren, weil der Ennepetaler beharrlich schweigt. Fest steht, dass er wegen einer Verurteilung aus dem April 2019 eine Haftstrafe hätte antreten müssen. Hierbei handelte es sich aber um eine vergleichsweise geringe Strafe, weil er lediglich wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt worden war. Er hätte laut Informationen dieser Zeitung für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis gemusst.

Auch interessant

Unklar ist ebenfalls noch, ob er zum Zeitpunkt der Tat in Gevelsberg unter dem Einfluss irgendwelcher berauschender Mittel gestanden hat. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch fraglich, weil er durch die Schussverletzung auch Medikamente wie zum Beispiel Schmerzmittel verabreicht bekommen hat. Dies hat bereits vor der Blutentnahme stattgefunden“, erläutert die Hagener Staatsanwältin, warum die toxikologischen Befunde noch nicht eindeutig vorliegen.

Tief geschockt waren nach dieser Tat, die der Ennepetaler mit einer illegalen Schusswaffe verübt hatte, die Kollegen der Polizeibehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises, dass auf ihre Kollegen geschossen wurde. Diese hatte der 36-Jährige glücklicherweise nicht ernsthaft verletzt, so dass auch der getroffene 28-jährige Beamte schnell wieder genesen und dienstfähig war.