Gevelsberg. Das Corona-Virus trifft vor allem die Frauen besonders hart – meint zumindest Christel Hofschröer. Sie ist Gleichstellungsbeauftragte.
Gevelsberg tritt für eine vielfältige und offene Stadtgesellschaft ein, in der Respekt füreinander, die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Geschlechter zentrale Werte sind. Gleichstellung bedeutet nämlich, dass allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird. Alle sollen die gleichen Möglichkeiten haben, ihr Leben nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu gestalten – egal ob im Beruf, in der Familie, im Privatleben oder in der Gesellschaft. Und auch das Geschlecht darf dabei keine Hürde sein.
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„Wichtige Themen sind für uns zum Beispiel verbesserte berufliche Chancen für Frauen nach einer Familienphase und aufgeschlossene Unternehmen, die Frauen und Männer mit guten Rahmenbedingungen bei der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf entgegenkommen“, sagt Christel Hofschröer, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Sie ist Anlauf- und Koordinierungsstelle zugleich. Denn sie analysiert die gesellschaftliche Entwicklung in ihren Auswirkungen auf die Chancen von Frauen und Männern, gleichberechtigt am Leben teilhaben zu können, spürt Gleichstellungsdefizite auf, ist im Gespräch mit Bürgerinnen, vernetzt Fraueninteressen und betreibt eine starke Lobbyarbeit.
Corona und die Folgen
„Frauen trifft die Krise ungleich härter“, schätzt die Gleichstellungsbeauftragte die aktuelle Situation ein, „als Alleinerziehende, Geringverdienerinnen mit weniger oder auch gar keinen Ansprüchen auf Kurzarbeitergeld, als Sorgende in den Familien und in der Isolation von Gewalt Betroffene. Sie sind es, die in den Krankenhäusern und Pflegeheimen und an den Kassen im Supermarkt unter stressigen Arbeitsbedingungen die Krise auffangen, im Vergleich zu „Männerberufen“ schlechter oder unterbezahlt sind und dabei besonderen Ansteckungsrisiken ausgesetzt sind.“ Gleichzeitig haben sie schon vor der Krise einen Großteil der Betreuungs- und Familienarbeit geleistet und finden sich in der Krise unfreiwillig in Arbeitsteilungen wieder, die ihre Kräfte zuhause binden und noch stärker von gleichberechtigten Einkommen und Mitwirkungsmöglichkeiten in Politik und Gesellschaft entfernen.
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Corona benachteilige die Frauen doppelt, auf dem Arbeitsmarkt und in der Krise. „Gerade deswegen ist eine konsequente Gleichstellungsperspektive im Krisenmanagement und bei den politischen Weichenstellungen danach so wichtig“, sagt Hofschröer. „Damit es nicht bei dem Applaus für Sorgende bleibt, sondern Frauenberufe aufgewertet werden, damit wir genügend Fachkräfte in Kitas, Offenen Ganztagsschulen und in der Pflege finden und damit Frauen von Männern in der Arbeitswelt nicht belächelt werden, wenn sie sich für die Familie und gegen eine Vollzeitstelle entscheiden.“ Dabei ist Gleichstellungsarbeit in Gevelsberg und in der Region vor allem Lobby- und Netzwerkarbeit, am Runden Tisch zum wirksamen Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt, im Bündnis für Teilzeitausbildung, im Netzwerk Wiedereinstieg für berufliche Chancen und eine familienfreundliche Arbeitswelt und Plattformen wie dem Bunten Salon oder dem Frauencafé, bei denen sich Frauen austauschen, bestärken und in ihrer Stadt mitmischen.
Frauencafé findet wieder statt
„Corona hat uns erstmal ausgebremst, aber wir haben relativ schnell neue Formate entwickelt“, sagt Christel Hofschröer über die Gleichstellungsarbeit und blickt dabei auch auf das Frauencafé. Umso erfreulicher ist da, wenn man aufgrund bestehender Lockerungen endlich mal wieder analog ein Treffen des Frauencafés veranstalten konnte. So geschehen am 23. Juni. Zu einem Picknick am Ennepebogen waren alle Bürgerinnen eingeladen, die einfach mal wieder einen entspannten Nachmittag miteinander verbringen und das Eine oder Andere aus dem Gevelsberger Stadtleben erfahren wollten. „Es war schön zu sehen, dass dabei langjährige Cafébesucherinnen, neue Frauen, die bei der AWo beheimatet sind, und Corona-Ausgehungerte mit Lust auf Kontakt gekommen waren. Wir waren glücklich darüber, nach solch einer langer Durststrecke endlich mal wieder die Seele baumeln zu lassen“, sagt sich Christel Hofschröer erfreut.
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Das Treffen unter freiem Himmel hatten die Frauen auch dazu genutzt, um sich von der Gevelsberger Ratsfrau und Caféfrau, Alba Tiranno, über die anstehenden Wahlen zum Integrationsrat informieren zu lassen und um Kontakte für eine mögliche Kandidatur zu diesem zu knüpfen.
Was letztendlich Früchte trug, wie sich am vergangenen Dienstag, bei der Fortsetzung des Frauencafés zeigte. Alba Tiranno hatte hierfür ihre Türe geöffnet und zu sich in den Garten eingeladen. Bei zahlreichen italienischen Köstlichkeiten, darunter unterschiedliche und selbst gemachte Varianten an Pizzen und verführerischen Süßspeisen, unterhielt man sich gemeinsam mit den Kandidatinnen Anna Rylko (Polen), Bianca Fisi (Rumänien) und Sofia Eleftheriadou (Griechenland) über die bevorstehenden Kommunalwahlen am 13. September, die unterschiedlichen Gehälter bei Mann und Frau sowie eine für alle so wichtige Familiengerechtigkeit.
Es ging bei der Frauenrunde aber auch um die Frage, in welchen Kulturen man selbst aufgewachsen ist sowie um das Thema Integration durch Bildung.
Alles Gespräche die zeigten, welch starke Persönlichkeit doch eine jede einzelne Frau ist, wie Christel Hofschröer abschließend kommentierte. „Jede von uns hat ihre eigenen Interessen und trägt diese nach Außen – auch in Zeiten von Corona.“