Gevelsberg. „Es ging mir immer schlechter“: Anja Krug aus Gevelsberg hat Corona überstanden und leidet noch unter den Folgen. So hat sie Covid-19 erlebt.
Es ist der 5. März als Anja Krug sich das erste Mal krank fühlt. Sie glaubt, ihre Nasennebenhöhlen sind entzündet, hat Halsschmerzen, immer wieder Fieberschübe. Ihr Hausarzt empfiehlt ihr, sich eine Woche auszuruhen. Danach soll es ihr wieder besser gehen. Soweit die Hoffnung. Das Gegenteil ist der Fall. „Es ging mir immer schlechter“, sagt die 44-Jährige heute.
Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Ihr stehen ein Ärztemarathon und eine Quarantäne bevor. Und das obwohl es ihr so schlecht gehen wird, dass sie nicht einmal mehr mit ihrem Hund rausgehen kann. Die Gevelsbergerin gehört zu denen, die positiv auf das Coronavirus Sars-CoV-2 getestet wurden und die an Covid-19 erkrankt sind. Mittlerweile ist sie zwar aus dem Gröbsten raus. Anja Krug leidet aber noch an den Folgen.
Der Verlauf
„Nach eineinhalb oder zwei Wochen habe ich das erste Mal ein Antibiotikum bekommen“, erzählt sie. „Ein paar Tage später gab es immer noch keine Linderung.“ Das Mittel scheint ihr stattdessen auf den Magen zu schlagen. Sie bekommt sogar eine Nesselsucht. „Von Kopf bis Fuß“, sagt Anja Krug. Der Verdacht: eine allergische Reaktion auf das Antibiotikum. Dabei hatte sie es in der Vergangenheit schon einmal genommen – ohne Probleme.
Tagsüber ist sie so müde, dass sie sich nach dem Aufstehen direkt wieder hinlegen könnte. Das liegt auch an einem hartnäckigen Husten, der ihr nachts den Schlaf raubt. Medikamente scheinen ihr generell nicht zu helfen. „Irgendwann habe ich keine Luft mehr bekommen“, sagt Anja Krug. „Ich hatte tatsächlich zwischendurch Todesangst.“
Ihr Hausarzt und ihr Hals-Nasen-Ohren-Arzt vermuten mittlerweile eine Bronchitis in Verbindung mit einem Heuschnupfen. „Da habe ich schon gesagt, dass ich das Gefühl habe, irgendetwas frisst sich durch meinen Körper“, beschreibt die Gevelsbergerin, wie sie sich gefühlt hat. Einen Notarzt will sie wegen der Diagnosen ihrer Ärzte aber nicht rufen. „Ich hätte mich geschämt wegen einer Bronchitis den Notarzt zu rufen“, gibt sie zu.
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Erst als sie zur Behandlung ihrer chronischen Migräne turnusmäßig zum Neurologen geht, fällt der Verdacht auf Corona. Der Arzt wundert sich, dass sich bei Anja Krug keine Besserung zeigt. Mittlerweile ist es Ende März. Er schickt sie noch am nächsten Tag in ein Zentrum für Coronatests nach Bochum. „Selbst dort ist man davon ausgegangen, dass ich einen verschleppten Infekt habe“, sagt die Gevelsbergerin. Vier Tage später meldet sich das Gesundheitsamt. Ihr Coronatest ist positiv. „Das hat mich erstmal wie ein Schlag vor den Kopf getroffen“, blickt sie zurück.
„Andererseits wusste ich ab da, warum es mir so schlecht geht.“ Sie und ihre Partnerin (50) müssen beide für zwei Wochen in Quarantäne. Es folgen tägliche Telefonate mit dem Gesundheitsamt, dem Corona-Testzentrum in Bochum und mit ihren Ärzten. „Das Amt wollte natürlich wissen, mit wem ich Kontakt hatte, um die Infektionsketten nachzuvollziehen“, sagt Krug. „Es wurde aber auch kontrolliert, ob wir uns wirklich an die Quarantäne halten.“ Für ihre Partnerin kommt das Abstrich-Mobil des Ennepe-Ruhr-Kreises vorbei, um sie ebenfalls auf Corona zu testen. Das Ergebnis: negativ. Und auch wenn all das zu dieser Zeit sehr anstrengend für sie ist, lobt Anja Krug die Arbeit des Gesundheitsamts heute. „Die haben einen super Job gemacht“, findet sie.
Zwei Wochen lang sitzt die 44-Jährige Covid-19 schließlich zuhause aus, kann kaum richtig essen, ohnehin nicht richtig schmecken. „Ich habe auch abgenommen in dieser Zeit“, sagt sie. Erst am Ostersonntag kommt der Wendepunkt. „Da habe ich das erste Mal gemerkt, dass es mir wieder besser geht“, weiß Krug noch. Vier Tage später endet auch ihre Quarantäne.
Die Folgen
Die Versicherungskauffrau bleibt danach noch einige Wochen krankgeschrieben. „Ich konnte nicht mehr richtig atmen“, sagt sie. „Ich habe eingeatmet und hatte das Gefühl, es geht nur zu 50 Prozent.“ Richtig fit fühlt sie sich bis heute nicht. „Das mit dem Atmen ist nicht mehr so extrem, trotzdem bin ich deswegen jetzt in fachärztlicher Behandlung“, so Krug. Auch stellt sie tagsüber immer noch einen starken Leistungsabfall bei sich fest, ermüdet schnell.
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Ihr Neurologe möchte noch prüfen, ob ihr Gehirn Schäden davongetragen hat. Sorgen macht Anja Krug außerdem, dass sie laut Tests keine Antikörper gebildet hat. Sie kann nach derzeitigem Wissensstand also jederzeit wieder an Covid-19 erkranken.
Die Debatte
Anja Krug und ihre Partnerin waren laut eigener Aussage schon vor der Krankheit sehr vorsichtig, haben auf Abstand, Mund-Nasen-Schutz und Desinfektion geachtet. Wo sie sich angesteckt haben könnte, weiß sie bis heute nicht. „Wahrscheinlich in einer Arztpraxis“, so ihre Vermutung. Wenn sie mit ihrer heutigen Erfahrung auf die Debatte rund um die Corona-Einschränkungen blickt, tut sie sich schwer.
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„Ich kann alle Seiten verstehen, ich kenne auch Leute, die ihre Jobs verloren haben“, macht die Gevelsbergerin klar. „Aber wenn ich Anti-Corona-Demos im Fernsehen sehe, dann kann ich nur wegschalten“. Auch wenn sie Corona-Skeptikern aus ihrem privaten Umfeld begegnet, muss sie sich auf die Zunge beißen. „Da bin ich fassungslos, da kann ich auch nicht objektiv bleiben“, ärgert Krug sich. „Klar haben wir Einschränkungen, aber das Virus ist doch nun mal da.“
Ihrer Ansicht nach hatte sie noch Glück im Unglück. „Andere mit Covid-19 hingen an der Beatmungsmaschine“, sagt sie. Wer Corona leugnet oder kleinredet, ist ihrer Meinung nach respektlos denen gegenüber, die Angehörige verloren haben.