Schwelm. Sie maulen Kinder an und kümmern sich nicht um die Hygiene und umarmen sich: Polizei und Schulleitung sprechen mit Schwelmer Grundschuleltern

Die Mutti-Taxis reihen sich im absoluten Halteverbot auf. Die Eltern stehen dicht an dicht am Schultor. Küsschen links, Küsschen rechts. Umarmungen. „Wir haben uns ja lange nicht gesehen.“ „Wie war Euer Urlaub?“ Ein kleiner Junge – vielleicht in der zweiten Klasse, möglicherweise in der dritten – will zwischen zwei Frauen hindurch auf seinen Schulhof gehen. Er fragt, ob die Mütter ihm Platz machen. „Stell Dich mal nicht so an, hier passt Du locker durch“, blafft ihn eine der Frauen an. Der Einzige, der von den Dreien eine Maske trägt, ist der Junge.

Eine Szene aus der vergangenen Woche kurz nach dem Start des neuen Schuljahres an der Grundschule Engelbertstraße in Schwelm. Kinder melden sich später bei Schulleiter Mathias Wagener, erzählen, sie hätten Angst durch die Erwachsenen ohne Maske zu gehen. Ähnliches hören andere Eltern zu Hause. Kopfschütteln auch bei Müttern und Vätern, die ihre Kinder zur Schule bringen und sehen, wie sich die anderen Erwachsenen vor den Kindern verhalten. Kopfschütteln bei der Polizei.

Küsschen links, Küsschen rechts

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„Besonders chaotisch war es am Freitag“, sagt Wagener im Gespräch mit dieser Zeitung. „Mindestabstand, Mundschutz – an diese Regeln halten sich die Kinder vorbildlich, ein Teil der Eltern leider nicht. Ich führe das mal auf die Euphorie zurück, dass das Schuljahr endlich startet“, sagt der Schulleiter, der noch am vergangenen Freitag von aufgebrachten Eltern angesprochen wurde, die im Fokus steigender Infektionszahlen mit dem Covid19-Virus entsetzt waren über das Verhalten der Mütter und Väter die sich maskenfrei zu Schulbeginn und Schulende so sorglos verhielten. Unter ihnen war auch Nicole Gemmecker, Organisatorin des Schülerlotsendienstes an der Engelbertstraße.

Schnell waren sich alle einig, in der laufenden Woche aktiv auf die Eltern zuzugehen. Unterstützung bekommen Schulleitung und Schülerlotsen von den beiden Bezirksbeamten der Polizei, Frank Gronemann und Wolfgang Kolb. Gronemann: „Wir wollen für Verständnis werben und zunächst nicht mit Strafen sanktionieren.“ Ihn freue, wie gelassen die Kinder mit der Ausnahmesituation umgehen, ihn wundere hingegen wie „etwa zehn bis 15 Prozent“ der Mütter und Väter klare Regeln konsequent missachten.

Einige pöbeln Schulleiter an

Hier ein Bild vom Montag: Frank Gronemann, Bezirksbeamter der Polizei in Schwelm (links) hat ein Auge auf die Eltern, die ihre Kinder bringen und abholen. Rechts spricht Schulleiter Mathias Wagener mit den Eltern, weist sie auf die Maskenpflicht und die geltenden Abstandsregeln hin. Die Gespräche sollen noch diese Woche weitergeführt werden.
Hier ein Bild vom Montag: Frank Gronemann, Bezirksbeamter der Polizei in Schwelm (links) hat ein Auge auf die Eltern, die ihre Kinder bringen und abholen. Rechts spricht Schulleiter Mathias Wagener mit den Eltern, weist sie auf die Maskenpflicht und die geltenden Abstandsregeln hin. Die Gespräche sollen noch diese Woche weitergeführt werden. © WP | Frank Gemmecker

Vom Schulleiter, den Polizisten und den Schülerlotsen auf ihr Fehlverhalten hingewiesen, reagierten am Montag die meisten Eltern recht gelassen. Manche zogen sich mit einem müden Lächeln die Maske auf, manche entschuldigten sich gar. „Zwei, drei waren allerdings auch wenig einsichtig, haben etwas gepöbelt“, sagt Mathias Wagener. Die Schülerlotsen berichten von Sätzen wie „Wer bist Du denn?“ oder „Was willst Du von mir?“ Unterm Strich habe sich der erste Tag der Aktion aber gelohnt. Die Menschen hätten Abstand gehalten, ihre Masken aufgesetzt und den Kindern, die ohne Eltern zu Schule gehen, Platz gemacht.

Schulleiter Wagener hofft darauf, dass sich die Situation schnell und dauerhaft entspannt. „Die Eltern sollten sich ihrer Vorbildfunktion für ihre und andere Kinder bewusst werden. Diese machen das mit den Masken nämlich wirklich gut und sehr entspannt.“ Sollten die Intensivkontrollen und Gespräche wieder zurückgefahren werden und gleichzeitig wieder Zustände wie am vergangenen Freitag auftreten, müsste Mathias Wagener Konsequenzen ziehen. „Ich könnte mir vorstellen, dass es dann eine Mischung aus Präsenz- und Distanzunterricht gibt und maximal die Hälfte der Kinder gleichzeitig in die Schule gehen können. Das halbiert automatisch auch die Zahl der Eltern, die sich vor dem Schulhof drängen“, sagt der erfahrene Grundschulchef. Sein Rat: „Die Eltern müssen nicht bis ans Schulhoftor kommen. Sie können die Kinder auch allein eine Strecke gehen lassen. Die können das. Und wir als Schule machen ab da dann schon vernünftig weiter.“

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Auch wenn die Problematik an der Grundschule Engelbertstraße am ausgeprägtesten scheint, sieht es andernorts ähnlich aus. „Wir haben auch am Ländchenweg und an der Katholischen Grundschule ein hohes Aufkommen an Eltern, die keine Masken tragen, die im absoluten Halteverbot parken, die ihre Kinder am Liebsten bis in den Klassenraum bringen würden“, sagt Wolfgang Kolb, ebenfalls Bezirksbeamter der Polizei in Schwelm und betont: „Dies lässt sich aktuell wohl auf jede Grundschule in Schwelm, und anderen Städten ausweiten. Und alle hoffen gleichermaßen auf ein Einsehen und mehr gegenseitige Rücksichtnahme.