Schwelm. Hat der Fake-Wahlkampf jetzt Schwelm erreicht? Genau das befürchten SPD und FDP. Anlass zur Sorge geben verdächtige Facebook-Profile.

Stimmungsmache im Wahlkampf per Fake-Profil: In den USA und in Brasilien haben Beiträge in Sozialen Netzwerken, veröffentlicht von Profilen, hinter denen sich falsche Identitäten verbargen, die Präsidentschaftswahlen beeinflusst. Bei der Europawahl im vergangenen Jahr tauchten beim Blogging-Dienst Twitter Kurznachrichten von anonymen Konten auf, die verdächtig offensichtlich Werbung für die AfD machten. In Schwelm spielten solche Machenschaften, die als unsauber gelten, in Wahlkämpfen bisher keine Rolle. Hat sich das geändert? Diesen Verdacht hegen die Schwelmer SPD und FDP und warnen „vor politischem Schaden durch Fake-Wahlkampf in Schwelm“.

Verdächtige Facebook-Profile

Anlass für die Sorge sind mehrere Facebook-Profile, bei denen der Verdacht aufkam, dass sich dahinter ein Fake-Account verbergen könnte, also eine Identität, die es gar nicht gibt. Verdächtig erscheinen sie deshalb, weil damit Posts verbreitet wurden – also Fotos, Meinungen oder geteilte Beiträge – die den CDU-Fraktionsvorsitzenden in Schwelm und im Kreistag, Oliver Flüshöh, in einem sehr wohlmeinenden Licht dastehen lassen. Flüshöh tritt im Kommunalwahlkampf als Landratskandidat gegen Amtsinhaber Olaf Schade von der SPD an.

Keine Beweise, nur Indizien

In Verdacht gerieten die Profile außerdem, weil die geposteten Beiträge auch kräftig Werbung machen für die Einführung der Gelben Tonne – eine Sache, für die sich Flüshöh eingesetzt hatte. Nicht nur SPD und FDP wittern dahinter ein möglicherweise abgekartetes Spiel. Die Profile, die auch Mitglied in der lokalen Facebook-Gruppe „Netzwerk Schwelm“ waren, wurden dort rausgeschmissen, als der Verdacht aufkam, dass es sich um Fake-Profile handeln könnte bzw. weil offensichtlich nur Werbung damit betrieben wurde.

Beweise, dass es sich tatsächlich um Fake-Profile handelt, gibt es nicht. Der Verdacht begründet sich auf Indizien anhand von Posts und Interaktionen. Aus diesem Grund macht unsere Redaktion die Profilnamen auch nicht öffentlich. Sie sind der Redaktion aber bekannt.

Fake-Profile mit Schuld an Politikverdrossenheit

Für Sozialdemokraten und Liberale wiegt die Möglichkeit, dass es sich um Fake-Profile handeln könnte, schwer. So schwer, dass sich die Parteien auf eine gemeinsamen Erklärung verständigt haben. Sie liegt unserer Redaktion vor und soll in Kürze veröffentlicht werden. Darin heißt es unter anderem: „Mit großer Sorge beobachten SPD und FDP in Schwelm die Entwicklung des Wahlkampfs in den sozialen Netzwerken“. Fake-Profile seien mit Schuld an der Politikverdrossenheit und würden der Demokratie einen großen Schaden zufügen.

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SPD und FDP distanzieren sich in ihrer Erklärung von solchen Methoden und beteuern, dass für sie der Einsatz von Fake-Profilen nicht in Frage kommt (siehe Artikel auf dieser Seite).

Mit dem Verdacht gefakter Facebook-Profile, die den CDU-Landratskandidaten Oliver Flüshöh gut dastehen lassen, gerät dieser automatisch ins Visier, damit etwas zu tun haben zu können. Flüshöh wehrt sich gegen einen solchen möglichen Eindruck. Er erklärte auf Nachfrage: „Ich bin schon darauf angesprochen worden und habe mir die Profile angeschaut. Die Profilnamen sagen mir überhaupt nichts. Ich habe diese Namen vorher noch nie gehört.“

Keine Verbindung dazu

Dass jemand glauben könnte, er könne damit etwas zu tun haben, bezeichnet Flüshöh als „totalen Schwachsinn“. „Da würde ich sogar einen Eid drauf geben, dass ich nichts damit zu tun habe.“ Seine Partei habe im Vorfeld des Wahlkampfes deutlich zum Ausdruck gebracht, sich in den Sozialen Netzwerken zurückzuhalten. Er selbst sei dort nur wenig unterwegs.

„Natürlich beschwere ich mich nicht, wenn jemand in meinem Sinne postet“, sagt Oliver Flüshöh. Er erklärte aber auch klar: „Ich weiß nicht, wer dahinter steckt. Ich werde mich auch nicht an Spekulationen darüber beteiligen. Wenn es tatsächlich Fake-Profile sind, sehe ich das so wie SPD und FDP, dass es nicht in Ordnung ist“.

Kritik übt er am Vorgehen von SPD und FDP. Sie würden eine Sache zu einem großen Thema machen, die leicht aus der Welt zu bringen ist. „Wenn sie vermuten, dass es Fake-Profile sind, bräuchten sie das doch nur bei Facebook melden. Die prüfen das und löschen die Profile, wenn es sich um Fake-Accounts handelt.“

Die Erklärung von SPD und FDP

Diese Erklärung haben die Schwelmer SPD und FDP vorbereitet. Sie ist überschrieben mit: „SPD und FDP warnen vor politischem Schaden durch Fake-Wahlkampf in Schwelm“

In der Erklärung heißt es: „Mit großer Sorge beobachten SPD und FDP in Schwelm die Entwicklung des Wahlkampfs in den sozialen Netzwerken. Hierzu erklären beide Parteien übereinstimmend, dass der Einsatz von Profilen mit zweifelhafter Herkunft für sie nicht in Frage komme. „Die Politik lebt von Vertrauen und Ehrlichkeit“, betont Gerd Philipp, Vorsitzender der SPD in Schwelm. „Die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, wer Ansprechpartner ist und mit wem sie in den sozialen Netzwerken diskutieren. “ Das Aneignen von unechten Identitäten – sog. Fake-Profilen – erzeugt nach Überzeugung von SPD und FDP bei den Menschen den Eindruck, es gehe nur um politische Macht und nicht um ihre Belange. Dieser Verdacht falle schnell auf die Politik als Ganzes zurück.

„Dies trägt aus unserer Sicht auch zur Politikverdrossenheit bei“, ergänzt der Vorsitzende der FDP Schwelm, Philipp Beckmann. „Wir distanzieren uns ausdrücklich von solchen Methoden und lehnen den Einsatz von Fake-Identitäten auf Facebook oder Twitter bedingungslos ab“, erklären die Vorsitzenden von SPD und FDP übereinstimmend. Beide sind sich einig, dass der Grundsatz „fairer Wahlkampf“ im Internet nicht zur Worthülse verkommen sollte.

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„Wer dies nicht beherzigt, trägt dazu bei, dass Hass und Hetze im Netz endgültig hoffähig werden und fügt der Demokratie dadurch großen politischen Schaden zu“, fügt Gerd Philipp (SPD) mahnend hinzu.