Gevelsberg. Andreas Reschop führt seit 1984 sein Sportartikelgeschäft in Gevelsberg. Er spricht über Hygiene, Trends, Kurzarbeit und Sport zur Corona-Krise.
Wenn Andreas Reschop durch die Stadt geht, kommt er kaum hinterher, den Menschen zurückzuwinken, die ihn grüßen. Der 54-Jährige trägt mit Sicherheit eines der bekanntesten Gesichter aller Gevelsberger Geschäftsbesitzer. Sein Laden trägt eigentlich den Namen „Intersport Reschop“, wird von den Gevelsbergern aber beharrlich weiterhin „Sportshop“ genannt und ist seit mehr als 35 Jahren Anlaufstelle für Sportler.
Auch interessant
Mit 650 Quadratmetern Verkaufsfläche hat Reschop eines der größten, wenn nicht das größte Geschäft entlang der Mittelstraße. Doch wie sieht die Zukunft aus? Was hat die Pandemie auf dem Sportartikelmarkt verändert? Mit seiner gewohnt sympathisch-offenen Art spricht Andreas Reschop darüber, ob die vielen selbsternannten Corona-Sportler tatsächlich existieren, wie er überhaupt in die Branche gekommen ist und seinen wohl schwersten Tag als Chef und Arbeitgeber – den Lockdown im März.
Gleich zu Beginn die unausweichliche Frage: Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf Ihr Geschäft?
Andreas Reschop: Diesen 18. März werde ich immer in Erinnerung behalten, als einen der schwersten Tage in meinem Leben als Chef. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal vor meine Mitarbeiter trete und ihnen sagen muss, dass sie jetzt erstmal nicht wiederkommen. Die Dramatik der Entwicklungen war so stark, dass ich ihnen keine Perspektive aufzeigen konnte. Zu dieser Zeit galt: Was heute ist, zählt morgen nicht mehr. Wir haben viele Dinge im Team besprochen, es gab Kurzarbeit. Wir hatten als Verbund der Intersporthändler alle zwei Tage Videokonferenzen, sind enger zusammengerückt, haben uns gegenseitig geholfen.
Wie haben Sie in dieser Zeit Umsatz generiert?
Natürlich haben wir unseren Online-Shop angeschoben. Ich war täglich im Geschäft, es gab Lösungen, dass wir Ware nach telefonischer Absprache unter Wahrung des Sicherheitsabstands übergeben haben. Das war allerdings ein sehr geringer Anteil.
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen spüren Sie?
Zunächst hatten wir Schlimmeres befürchtet. Aber zwei Dinge haben uns in die Karten gespielt. Erstens: Vielen Leuten war so langweilig, dass Sie mit Individualsport begonnen oder diesen intensiviert haben. Laufschuhe, Laufbekleidung – diese Dinge waren und sind sehr stark nachgefragt. Die Leute laufen, fahren Fahrrad, treiben Fitness in den eigenen vier Wänden und wir sind in der Lage dazu, sie auszustatten.
Auch interessant
Und die zweite Sache?
Nach dem vierwöchigen Shutdown war Gevelsberg sofort wieder da. Wir haben geöffnet und die Kunden kommen seit dem ersten Tag wieder. Menschen haben unser Geschäft betreten mit den Worten: „Toll, dass ihr wieder da seid.“ So etwas ist natürlich Balsam für die Seele nach der schweren Zeit. Wir mussten auch keine Öffnungszeiten anpassen, sind von morgens bis abends im Einsatz, auch wenn manche Dinge noch nicht wieder so laufen können, wie wir das einmal gewohnt waren.
Welche Dinge sind das?
Unseren selbstverständlichen Service am Kunden, der mir stets sehr wichtig war, um uns von den immer besser werdenden Online-Angeboten abzugrenzen. Wir helfen den Kunden in die Schuhe, schnüren diese, überprüfen, wie gut sie sitzen. Wer das Geschäft verlässt, dem helfen wir in die Jacke. Das geht natürlich momentan nicht. Spezielle Maßnahmen, um den Abstand zu gewährleisten, sind für uns nicht so wichtig, weil nie – auch vor Corona schon nicht – so vielen Menschen gleichzeitig im Geschäft sind, wie wir reinlassen dürften. Erlaubt sind bei uns 60 Personen.
Wie gehen Kunden und Mitarbeiter mit den Hygiene- und Abstandsregeln um?
Sehr diszipliniert und unaufgeregt. Wer das Geschäft betritt, trägt eine Maske. Wir hatten in der ganzen Zeit seit der Wiedereröffnung vielleicht zwei, drei Kunden, die keine trugen. Wir haben sie höflich darauf hingewiesen und dann war das Thema auch schon erledigt.
Auch interessant
Wie sind Sie dazu gekommen, ein Sportgeschäft in einer Kleinstadt zu führen?
Ich hatte 1984 meine Lehre als Einzelhandelskaufmann abgeschlossen und habe mir die Frage gestellt, was ich denn mit meinem Leben anfangen möchte. Tennistrainer an der Cote d’Azur, Surflehrer auf Hawaii? Mein Vater betrieb da ja schon Jürgens Sportshop in Schwelm und fragte mich: Andreas, willst Du auch eines in Gevelsberg eröffnen? Gemeinsam mit Wolfgang Püttmann, der nach etwa einem Jahr wieder ausstieg, habe ich dann ein gut sortiertes für damalige Verhältnisse großes Sportartikel-Geschäft im Herzen der Stadt eröffnet.
Was hat sich seit den 80er Jahren geändert?
Ganz klar die Dinge, die die Kunden nachfragen. Frühen haben wir Tennisschläger verkauft und bespannt, Badminton, Squash waren beliebte Sportarten. Eine Zeit lang hatten wir viel Skateboard-Equipment. Aber diese Trends sind vorbei. Wir sind immer noch Ausstatter für Performer. Läufer, Radfahrer, Outdoor-Aktivitäten, Fitness – das sind die Sportarten, für die unsere Kunden aktuell zu uns kommen. Natürlich versorgen wir auch weiterhin Fußballer. Andere Dinge, wie Tennis sind hingegen ins Internet abgewandert.
Ebenfalls geändert hat sich die Unternehmensstruktur. Welche Auswirkungen hat die Schließung des Geschäfts in Schwelm vor zwei Jahren gehabt?
Nicht zuletzt weil einige Angestellte mit nach Gevelsberg gewechselt sind, kommen auch Stammkunden aus Schwelm über den Strückerberg gefahren. Unterm Strich war dieser Schritt aber unausweichlich. Die Verkaufsfläche war einfach zu klein geworden.