Ennepetal. 49-Jährige ist Hitler-Fan und rät im Internet zu einem „Munitionsvorrat“ gegen Flüchtlinge. Sie arbeitet in einem Ennepetaler Kindergarten.

Sie (49) ist Kinderpflegerin seit mehr als 30 Jahren. In einem Ennepetaler Kindergarten arbeitet sie mit den unterschiedlichsten Nationalitäten zusammen – auch mit kleinen Syrern. Doch die scheinbar liebevolle Erzieherin hat privat ein zweites Gesicht: Im Internet zeigt sie sich als glühende Hitler-Verehrerin, verbreitet sie Hassbotschaften und hetzt gegen Flüchtlinge.

Das Amtsgericht Hagen verurteilte die Frau, die in ihrer 25-Wochenstundentätigkeit gut 1465 Euro im Monat verdient, zu elf Monaten Gefängnis. Die Strafe wurde für die bis dahin unauffällige Angeklagte zur Bewährung ausgesetzt, doch muss sie als Bewährungsauflage 1500 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Amtsrichterin Kathrin Krüger befand die Ennepetaler Kinderpflegerin der „Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen“ (in drei Fällen) sowie der Volksverhetzung (in einem Fall) für schuldig.

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Zur Verhandlung in Hagen war Staatsanwalt Dr. Christoph Hebbecker (35) eigens aus Köln angereist. Er gilt als der Jäger von Hetze und Hass im Internet und verfolgt Personen, die auf sozialen Plattformen wie Facebook oder Twitter zu Gewalt gegen Asylbewerber aufrufen oder Nazi-Propaganda verbreiten.

So wie die Ennepetaler Kinderpflegerin, die sich auf der mehrsprachigen Plattform „VKontakte“ wohl besonders sicher fühlte und sich dort am 3. und 6. März vergangenen Jahres hemmungslos ausließ. In dem sozialen Netzwerk, das von Russland aus betrieben wird und in dem mehr als 500 Millionen Nutzer angemeldet sind, tummeln sich zahlreiche deutsche Nazis, weil die von ihnen gepostete Propaganda und Hetze dort nicht gelöscht wird.

Sichtlich nervös, gegen ihre Tränen ankämpfend, lauschte die Kinderpflegerin in ihrem Strafprozess den Vorwürfen von Staatsanwalt Hebbecker, der als Anklagevertreter der Zentralstelle für Cyberkriminalität in Köln vor Gerichten in ganz Nordrhein-Westfalen auftritt, an diesem Tag jedoch zum ersten Mal in dieser Region.

Am 6. März 2019, um 13.33 Uhr, hatte sie eine Schwarzweiß-Fotografie ins Netz gestellt, die den lächelnden Adolf Hitler vor einer Gruppe mit Kindern zeigt, mit der Bemerkung: „Es verdient hohen Respekt, dass die Schüler für ihre Zukunft auf die Straße gehen.“

Einen Internet-Bericht über Kriegsflüchtlinge („Asyl-Tsunami, syrische Türkei-Migranten planen Sturm auf Europa“) kommentierte sie mit den zynischen Worten: „Munitionsvorrat checken“.

Ja, gesteht die Angeklagte ein, bei ihrer Tätigkeit im Kindergarten hätte sie mit den unterschiedlichsten Nationalitäten zu tun, auch mit syrischen Kindern. Doch dass die Erzieherin gleichzeitig im Internet verbrämt dazu aufrufe, auf Syrer zu schießen? Die Frau räumt ein: „Zu diesen Posts habe ich mich aus einer Laune heraus hinreißen lassen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, Sachen zu schreiben, die ich nicht so meine und zu denen ich auch so nicht stehe.“ Nein, sie habe keine nationalsozialistische Einstellung, betont sie.

Bei Facebook für immer gesperrt

Doch dann war da noch ein Porträt des Führers, das die Angeklagte um 8.27 Uhr morgens mit den Worten kommentiert hatte: „Sehr schönes Bild!!!“ Und über Hitlers Werk „Mein Kampf“, das sie in ihrem Profil als „Lieblingsbuch“ bezeichnet, schrieb sie: „Super. Gibt’s jetzt als E-Book.“ Vor Gericht ruderte die Kinderpflegerin jedoch kräftig zurück: „Ich habe nie ,Mein Kampf’ gelesen, bis heute nicht. Vielleicht früher die ersten zehn Seiten, weil es als cool galt.“

Cybercrime-Staatsanwalt Christoph Hebbecker, der sich in seiner Spezialeinheit der Kölner Staatsanwaltschaft tagtäglich mit dem aufgestauten Hass im virtuellen Raum beschäftigen muss, kennt solche Ausreden von ertappten Internet-Hetzern zur Genüge. In seinem Plädoyer fand er deutliche Worte: „Sie haben uns hier groben Unfug erzählt. Ganz bewusst haben Sie die russische Plattform gewählt, stacheln dort zum Hass gegen Ausländer auf. Früher waren Sie auf Facebook aktiv, haben dort auch gehetzt und sind dort für immer rausgeflogen.“