Gevelsberg. Der Angeklagte aus Aserbaidschan soll versucht haben, einen Gevelsberger Kioskbesitzer zu erwürgen. Vor Gericht erzählt er eine wilde Geschichte.
War das, was sich am 8. August 2016 gegen sechs Uhr morgens im Hinterzimmer des Gevelsberger Kiosks abgespielt hat, ein versuchter Mord? Das muss derzeit das Schwurgericht Hagen herausfinden. Unbestritten ist: Der aserbaidschanische Betreiber (52) wurde massiv von einem Landsmann gewürgt. Doch die Begleitumstände des Vorfalls sind verworren.
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Während das Opfer mit dem Rücken auf einer Pritsche lag und tief schlief, soll sich der Angeklagte (28) auf dessen Brustkorb gesetzt und ihn mit beiden Händen gewürgt haben. Erst ein Kunde soll den Angeklagten von seinem rot angelaufenen, röchelnden Opfer getrennt haben. Der Täter floh und tauchte für mehr als drei Jahre unter. Erst im Januar konnte er in Italien festgenommen werden. Jetzt der Prozess.
Was steckt hinter dem Vorfall? Womöglich eine Dreiecks-Geschichte. Der Angeklagte, der seinerzeit im Kiosk aushalf, war in Aserbaidschan verheiratet und hatte dort Frau und Kind zurückgelassen. Zeitgleich verliebte er sich in die Schwägerin des Gevelsberger Kioskchefs, die er sogar am 11. November 2017 geheiratet haben will. Ob es eine reguläre Scheidung von der Ehefrau gegeben hat, ist fraglich. Doch dazu wollte sich der Angeklagte nicht äußern.
Angeblicher Streit um den Pass
Überhaupt will er nichts sagen. Er lässt durch Verteidigerin Lisa Chiarelli eine Erklärung verlesen: Der Kioskbetreiber hätte ihm in Aussicht gestellt, fest angestellt werden zu können. Dazu musste er diesem seinen Pass aushändigen. Das sei ein Trick gewesen: In Wahrheit sei ihm der Pass abgeknöpft worden, um die Ehe mit der Schwägerin zu verhindern. Es kam zum Streit.
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Erst später habe sich der Büdchen-Mann doch noch bereit erklärt, den Pass wieder herauszugeben. Unter einer Bedingung: Der Angeklagte sollte sich für die Streitigkeiten entschuldigen und erniedrigen. Er sollte in eine Kamera über sich selbst sagen: „Ich bin ein Hurensohn“ und „Ich bin ein warmer Bruder“. Weil er unbedingt seinen Pass wiederhaben wollte, hätte er widerwillig eingewilligt. Das Video sei per WhatsApp zu der Familie nach Aserbaidschan geschickt worden und habe dort für Empörung gesorgt. Aus Wut sei er am Tattag zum Kiosk gefahren. Doch dann weicht seine Darstellung von der Anklageschrift bedeutend ab: Er habe das Opfer angeschrien: „Steh auf du Schwein!“ Dieses sei aufgesprungen, man habe gerangelt, sei auf die Matratze gefallen, hätte weiter gerangelt, „bis ich weggegangen bin“. Und: „Ja, es stimmt. Im Rahmen der Rangelei habe ich ihn am unteren Halsbereich festgehalten. Auf keinen Fall habe ich mit beiden Händen seinen Hals fest umschlossen.“
Laut dieser Einlassung lege keine Tötungsabsicht vor. Ob diese Verteidigungsstrategie aufgeht, muss sich noch zeigen. Heute geht das Verfahren weiter.