Schwelm. Das Leo-Theater hat wegen des Coronavirus den Spielbetrieb eingestellt. Die Leitung spricht von einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz.

Es war eine Entscheidung aus Vernunft und Verantwortung. Es ist ein Schritt, der den Kulturbetrieb auf seine wahrscheinlich härteste Probe stellt. Das Leo Theater hat angesichts der Pandemie den Spielbetrieb am Samstag mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres eingestellt. Theater-Chef Andreas Winkelsträter beschönigt nicht: „Diese Situation bedroht unsere Existenz“.

„Freitag haben wir noch ganz normal gespielt. Es war eine völlig entspannte und nette Stimmung“, berichtet Andreas Winkelsträter. Das Publikum amüsierte sich köstlich mit „Heinz Erhardt – Ein Schelm in Schwelm“. Doch die Lage im Land und auch vor Ort verschärfte sich stündlich. Gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Marc Neumeister fasste Winkelsträter einen weitreichenden Beschluss. „Wir hatten uns nach der Vorstellung noch in der Nacht zusammengesetzt und entschieden, dass das Risiko, wenn wir weiterspielen, zu hoch ist. Für unsere Gäste wie auch für unser Ensemble.“ Die Darsteller und alle Ensemblemitglieder seien noch in der Nacht informiert worden.

Entscheidung noch in der Nacht

Die Theaterleitung entwirft noch in der Nacht eine Pressemitteilung, die am Samstag – nach einem Gespräch mit der Stadt – veröffentlicht wird und auch an alle Abonnenten und den Freundeskreis geht. Darin teilt das Leo-Theater mit: „In enger Abstimmung mit der Stadt Schwelm und der Erlass-Lage des Landes zu den Auswirkungen der Verbreitung des Corona-Virus in NRW finden bis auf weiteres keine Vorstellungen und Veranstaltungen in unseren Räumlichkeiten statt. Eine Entscheidung, die wir schweren Herzens nach der letzten Vorstellung am Freitagabend getroffen haben. Seien Sie versichert, dass die getroffenen Entscheidungen ihrer Sicherheit und Gesundheit dienen, wie wir andererseits unserer Fürsorgepflicht gegenüber dem Ensemble und den Beschäftigten verantwortungsvoll und umfassend nachkommen werden. “

„Spielbetrieb abgesagt“: Das Leo-Theater informiert auch per Aushang über die weitreichende Entscheidung.  
„Spielbetrieb abgesagt“: Das Leo-Theater informiert auch per Aushang über die weitreichende Entscheidung.   © WP | Tim Berninghaus

„Die Reaktionen darauf waren durchweg positiv“, berichtet Theaterchef Andreas Winkelsträter. „Wir haben viele Rückmeldungen, auch per Mail und auf dem Anrufbeantworter, bekommen. Alle haben gesagt, dass sie die Einstellung des Spielbetriebs bedauerlich finden. Es haben aber auch alle gesagt, dass es die richtige Entscheidung ist“.

Was dem Theaterchef und dem gesamten Ensemble in der aktuellen Lage sehr viel Mut macht: „Viele haben geschrieben oder gesagt: ,Durchhalten!’ , ,Wir kommen wieder’ und dass wir uns nicht unterkriegen lassen sollen und dass wird gestärkt aus der Krise kommen werden, berichtet Andreas Winkelsträter. Es sind wohltuende Worte und ein Zuspruch, den sich ein Ensemble erst einmal erspielen muss...

Der Theaterchef will jedoch nichts beschönigen. Er macht deutlich, dass die Einstellung des Spielbetriebes das „Leo“ in einem ungünstigen Moment erwischt. Die Situation bedrohe die Existenz. Auch in der Pressemitteilung teilten er und der künstlerische Leiter Marc Neumeister mit: „Für unseren privaten Theaterbetrieb, fernab öffentlicher Fördertöpfe, sind diese aktuellen Maßnahmen, die mit hohen Einnahmeverlusten einhergehen, eine Bedrohung unserer wirtschaftlichen Existenz.“ Dies ist umso niederschmetternder, weil beim Leo-Theater alle Zahlen gerade nach oben gingen.

Tickets behalten ihre Gültigkeit

Die Einstellung des Spielbetriebes gilt bis auf weiteres. Das Leo-Theater weist daraufhin, dass bereits erworbene Tickets ihre Gültigkeit behalten.

Das Leo-Theater hält Abonnenten und Theaterfreunde auf seiner Homepage (www.leo-theater.ruhr ) und auf seiner Facebook-Seite auf dem Laufenden.

Andreas Winkelsträter führt im Gespräch mit unserer Redaktion aus: „Ein kleines Theater wie wir kann nur überleben, wenn es spielt. Die nächste Premiere war schon ausverkauft, weitere Vorstellungen im März auch.“ Sollte der Spielbetrieb bis zum 18. April ausfallen, wovon nach jetzigem Stand mindestens auszugehen ist, fallen beim „Leo“ insgesamt elf Vorstellungen aus. Hinzu kommen zwei Gastspiele, die ebenfalls abgesagt wurden. Die Verluste, die das Theater hinnehmen muss, sind damit gewaltig. Andreas Winkelsträter hält es sogar für wahrscheinlich, dass das öffentliche Leben und damit auch der Kulturbetrieb darüber hinaus noch länger ruhen werden. „Unser Problem ist: Wir wissen nicht, was noch kommt und ob es nicht noch länger geht.“ Existenzbedrohend ist die Situation für das Theater insbesondere deshalb, weil das „Leo“, das 2017 von Ennepetal nach Schwelm ins Ibach-Haus wechselte und dort seitdem kräftig in die Ausstattung investierte, noch keine Rücklagen bilden konnte, wie der Theaterchef erklärte.

Bund und Land haben bereits Hilfe für solche Härtefälle in Aussicht gestellt. Sie kündigten an, private Kultureinrichtungen wie dem „Leo“, die durch Corona-Schutzmaßnahmen Einbußen erleiden und in ihrer Existenz gefährdet sind, nicht im Regen stehen zu lassen. Von „Finanzhilfen in erforderlichem Umfang und Mittel für Härtefälle“ ist die Rede. „Wir müssen erstmal gucken, was kommt“, bleibt Andreas Winkelsträter vorsichtig. „Womöglich kommt etwas, aber erst in einem halben Jahr“.

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Weil der private Theaterbetrieb solange nicht warten kann, will das Leo-Theater auf seine lokalen Unterstützer zugehen, in der Hoffnung, gemeinsam eine Lösung zu finden. Parallel dazu werden Überlegungen angestellt, ob man Vorstellungen, die jetzt ausfallen, nach den Sommerferien nachholen kann.