Gevelsberg. Felix Keßler (38) ist gemeinsamer Bürgermeisterkandidat von CDU. Grünen. FDP und FWG. Er spricht über seine Ziele für die Stadt Gevelsberg
Felix Keßler (38) lächelt, als er am Sonntagnachmittag gemeinsam mit seiner Ehefrau Olga (29) die Redaktion betritt. Er ist gut gelaunt, strahlt Zuversicht aus. Am Vortag hatten ihn in Gevelsberg die CDU, die Grünen, FDP und FWG als gemeinsamen Kandidaten auf den Schild zur Bürgermeisterwahl gehoben. Mit ihm soll es aus Sicht der Parteispitzen gelingen, die absolute SPD-Mehrheit im Rat der Stadt Gevelsberg zu brechen und Bürgermeister Claus Jacobi abzulösen. Bei einer Tasse Kaffee spricht der Triosdorfer darüber, warum er sich auf die Stellenanzeige, mit der das Bündnis einen Kandidaten suchte, überhaupt beworben hat, wie er sich ein Gevelsberg der Zukunft vorstellt und wie er im Wahlkampf bei den Menschen punkten möchte.
Wie sind Sie auf die Stellenanzeige aufmerksam geworden?
Freunde von mir haben mich darauf aufmerksam gemacht. Ich habe mich dann näher mit der Ausschreibung beschäftigt, natürlich auch den Beitrag der Heute-Show gesehen. So wuchs mein Interesse an dieser Sache.
Warum haben Sie sich darauf beworben?
Als meine Frau gemerkt hat, dass mich das Thema nicht los lässt, hat sie gesagt: „Du meckerst den ganzen Tag, da kannst Du etwas bewegen. Bewirb Dich.“ Als unabhängiger Kandidat insbesondere von CDU und Grünen begreife ich das als gewaltige Chance, die Dinge ökologisch und ökonomisch zu gestalten. Beim ersten Gespräch stimmte die Chemie sofort.
Erzählen Sie uns bitte ein wenig aus Ihrer Biografie.
Ich bin mit meiner Frau Olga verheiratet, die im neunten Monat schwanger ist und habe einen siebenjährigen Sohn. Aktuell leben wir in Troisdorf. Ich bin im Kreis Warendorf geboren und überwiegend in Soest aufgewachsen. Ich habe auch einige Jahre in den USA gelebt. Ich habe Jura studiert und bin nach meinem ersten Staatsexamen dann in die Praxis gegangen. Zunächst war ich bei der Agentur für Arbeit und dort für SGB II zuständig. Ich habe dann die Beamtenlaufbahn eingeschlagen und bin bei der Bundeswehr-Verwaltung. Daher weiß ich, wie eine Behörde funktioniert.
Waren Sie als Soldat auch schon im Einsatz?
Sowohl meine Frau als auch ich waren bereits in Afghanistan. Auch wenn das eine Zeit war, in der wir Angst umeinander hatten, haben wir doch als Paar sehr zueinander gefunden. Wir haben in den Telefonaten wieder sehr viel miteinander gesprochen. Das hat unsere Beziehung extrem gestärkt.
Sind Sie Parteimitglied?
Ich war Mitglied der CDU, saß für diese auch von 2004 bis 2009 im Rat der Stadt Soest, bin dann aber unter anderem aus zeitlichen Gründen aus der Partei ausgetreten, lange bevor ich mich nun auf die Kandidatur beworben habe. Ich habe also kein Parteibuch mehr.
Was wussten Sie vor Ihrer Bewerbung über Gevelsberg?
Ich kannte Gevelsberg als Kirmesstadt, weil ich als Soester natürlich die Allerheiligenkirmes kenne. Ansonsten war mir Gevelsberg aus der Stauschau bekannt. Meine Frau und ich sind aber recht bald nach meiner Bewerbung hierher gefahren. Ich habe mir die Protokolle der Ratssitzungen durchgelesen. Ich bin sehr viel hier und wir haben sehr viel vom der Stadt gesehen. Ich finde diese ländliche Idylle in der unmittelbaren Nähe zu den Großstädten einfach schön.
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Welchen Eindruck haben Sie von der Stadt?
Sympathisch, schön und verkehrstechnisch exzellent gelegt. Es gibt aber auch viel zu tun. An der Mittelstraße und in der Fußgängerzone gibt es etliche Frisöre und Wettbuden, hier fehlen mit Blick auf Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten wichtige Dinge, um sich wohl zu fühlen. Ist ein modernes Mall-Konzept möglich? Wie ist Gevelsberg auf selbstfahrende Verkehrsmittel vorbereitet? Warum kann man sich im Rathaus keine Online-Termine holen? Wieso wirbt man nicht offensiver um neues Gewerbe? Das sind nur einige der Fragen, die sich mir stellen und deren Antwort eine Verbesserung für alle Bürger in der Stadt Gevelsberg mit sich bringen kann.
Wofür stehen Sie, falls Sie Bürgermeister werden?
Ich werde zuhören, ich werde offen diskutieren. Ich werde die verkrusteten Strukturen in der Politik und auch im Rathaus aufbrechen. Die Zeit, dass von oben herab regiert wird, ist dann vorbei. Ich will übergreifend ohne ideologische Parteidenke oder Filz und Klüngel Moderator und Mediator sein. Außerdem kenne ich mich in kommunalen Haushalten aus. Ich glaube, dass die Zeit, Versprechen mit Haushaltstricks zu bezahlen auch in Gevelsberg vorbei sein muss. Die Hinterzimmerpolitik endet mit mir. Ich werde mich auf drei Dinge fokussieren: moderne, bürgerfreundliche und serviceorientierte Verwaltungsstrukturen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf allen Ebenen und wie eine moderne Stadt sich entwickeln muss in Bezug auf Klima, Mobilität, Wirtschaft.
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Wie schätzen Sie ihre Chancen gegen Amtsinhaber Claus Jacobi ein, der bei der vergangenen Wahl 88 Prozent der Stimmen erhielt?
Die 4000 Menschen, die Claus Jacobi gewählt haben, werden ihn vielleicht wieder wählen. Ich bin derjenige, der den Menschen eine realistische Wahl gibt. Ich bin eine jüngere, modernere Alternative zu Claus Jacobi. Ich komme von außen und habe einen freien Blick auf die Dinge. Ich glaube, dass die Taktik, den Leuten zu erzählen, es sei alles schön, obwohl es das nicht ist, ausgedient hat. Diese SPD-Sache ist nicht mehr zeitgemäß. Natürlich hat Claus Jacobi einen Amtsinhaber-Bonus, aber ich will auch nicht derjenige sein, der erzählt, was früher war, sondern in die Zukunft blicken. Er muss sich mit mir auseinander setzen. Ich sehe meine Chancen auf einen Sieg 50 zu 50. Nach der Wahl würden wir sofort nach Gevelsberg umziehen.