Schwelm. Laut der Linken soll Landrat Schade dem Grünen-Fraktions-Chef die Kreisdirektorenstelle versprochen haben, wenn die Partei ihn unterstützt.
Gibt es im Vorfeld der Landratswahl für den Ennepe-Ruhr-Kreis einen Kuhhandel mit Geschmäckle zwischen Landrat Olaf Schade, seiner SPD sowie den Grünen, oder sind die Pläne zur Nachbesetzung der Stelle der Kreisdirektorin Iris Pott völlig normale Vorgänge? Im Raum steht, dass Landrat Olaf Schade und die Sozialdemokraten dem Vorsitzenden der Grünen im Kreistag, Paul Höller, versprochen haben sollen, dass er Kreisdirektor wird, wenn die Grünen im Gegenzug auf einen eigenen Landratskandidaten verzichten und stattdessen Olaf Schade erneut unterstützen. Höller wehrt sich gegen die Vorwürfe des Linken-Fraktionsvorsitzenden Helmut Kanand, Schade erklärt die Vorgänge um die Stellennachbesetzung als völlig normal.
Die Kandidatenkür
Landrat will Aufgaben auf mehrere verteilen
Anzustreben sei laut Olaf Schade ein zeitnahes Votum für die Direktorenstelle des neuen Kreistags. Um dies im November 2020 einholen zu können und dem Dienstbeginn am 1. Januar 2021 den Weg zu ebnen, werde die notwendige Ausschreibung so frühzeitig wie nötig veranlasst.
Bis zur Neubesetzung der zwei Stellen in der Verwaltung will der Landrat die Aufgaben des bisherigen Fachbereichsleiters im Rahmen seiner Organisationsgewalt auf andere Fachbereichsleiter verteilen. „Damit stellen wir sicher, dass die Arbeiten in gewohnter Qualität erfüllt werden.“
Bereits Ende September einigten sich SPD und Grüne darauf, mit Amtsinhaber Olaf Schade auch in den Wahlkampf 2020 um den Landratsposten gehen zu wollen. Die Delegierten der SPD wählten ihn mit 92,6 Prozent der Stimmen, die Grünen mit 81 Prozent der Stimmen. Bereits unmittelbar nach dieser Kandidatenkür wunderten sich einige Beobachter, dass die Grünen trotz ihrer zuletzt hervorragenden Ergebnisse bei der Europawahl den Sozialdemokraten unterstützen, dessen Partei sich bei der Wählergunst im Sturzflug befindet.
Paul Höller, Fraktionsvorsitzender der Grünen macht im Gespräch mit dieser Zeitung deutlich: „Olaf Schade ist von zwei Parteien aufgestellt. Wir schicken ihn als grünen Kandidaten ins Rennen, weil wir keinerlei Zweifel haben, dass er weiter grüne Inhalte umsetzen wird.“ Innerhalb der Partei hatte es aber im Vorfeld durchaus sehr unterschiedliche Positionen zur erneuten Unterstützung von Olaf Schade gegeben.
Die hohen Beamtenposten
Zwei extrem verantwortungsvolle Posten mit sehr viel Entscheidungsgewalt werden in absehbarer Zeit im Kreishaus frei. Zunächst wird Klaus Tödtmann, Fachbereichsleiter Bau, Umwelt, Vermessung und Kataster nach 24 Jahren zum März 2020 in den Ruhestand gehen. „Kreisdirektorin Iris Pott wird nach 16 Jahren im Amt nicht für eine weitere achtjährige Wahlperiode zur Verfügung stehen. Ihre Amtszeit endet damit am 31. Dezember 2020“, teilte Olaf Schade nun auch öffentlich mit, nachdem er diese Personalie den Vorsitzenden der politischen Fraktionen im Kreistag in einem Gespräch verkündet hatte.
Dort machte Olaf Schade auch klar, dass er die Stelle von Iris Pott erst nach der Kommunalwahl, die am 13. September 2020 stattfinden soll, durch den dann neuen Kreistag nachbesetzen lassen will und dass die Nachfolge von Baudezernent Klaus Tödtmann erst neu besetzt wird, wenn die Pott-Nachfolge geregelt ist. Heißt: Diese Position wäre wohl für mindestens ein Jahr nicht besetzt.
Die Vorwürfe
Die Linke um ihren Fraktionsvorsitzenden Helmut Kanand hatte beantragt, die Tödtmann-Stelle sofort nach dessen Ausscheiden nachzubesetzen und das Personalkarussell damit im Kreisausschuss öffentlich gemacht. Mit dem Verweis darauf, dass allein der Landrat über diese Personalfragen befinden könne, stimmten sämtliche andere Fraktionen, dafür den Linken-Antrag von der Tagesordnung zu werfen.
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Doch Kanand legte in seiner Haushaltsrede nach und skizzierte einen möglichen politischen Kuhhandel: „Wenn die Grünen auf einen eigenen Landratskandidaten verzichten, was bekommen sie dafür? Wer weiß, dass der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Paul Höller, der nächste Kreisdirektor werden will, kann eins und eins zusammenzählen.“ Dies habe Schade Höller im Falle seiner Wiederwahl für die Unterstützung der Grünen im Gegenzug zugesichert. Weil es wahrscheinlich sei, dass SPD und Grüne ihre absolute Mehrheit nicht werden halten können, werde die Dezernentenstelle für einen dritten Koalitionspartner frei gehalten. „Sie ist sozusagen der Lockvogel für die Wahl des Kreisdirektors“, sagt der Linken-Fraktions-Chef. Durch dieses politische Taktieren würde aktuell, wo zahlreiche Bauprojekte anstehen und realisiert werden, eine der wichtigsten Dezernentenstellen in der Verwaltung unbesetzt bleiben. „Meine Kritik lautet, dass Ihnen, dass SPD und Grünen die persönlichen Karriereinteressen Einzelner wichtiger sind als eine gut aufgestellte und funktionstüchtige Kreisverwaltung.“ Im Gespräch mit dieser Zeitung betont Helmut Kanand: „Ich habe aus der SPD die Bestätigung, dass es diese Absprachen gibt.“
Die Reaktionen
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Paul Höller verweist diese Vorwürfe in das Reich der Fabeln: „Wenn wir eine solche Absprache hätten, dann würden wir doch unsere Schäfchen vor der Wahl mit unserer absoluten Mehrheit ins Trockene bringen.“ Und weiter: „Wenn die Stelle ausgeschrieben wird, werden wir uns selbstverständlich Gedanken machen, ob sich bei den Grünen eine geeignete Person findet, die sich bewirbt.“ Ob er dann selbst Ambitionen habe, wisse er derzeit nicht. „Ich bin aktuell mit meinem Job im Ministerium, zwei Kindern und einem Hausumbau ganz gut ausgelastet.“
Landrat Schade macht aus seiner Sicht klar: „Es ist ganz normal die Wahlen abzuwarten, damit der neue Kreistag diese Personalentscheidung treffen kann. Immerhin werden Entscheidungen für acht Jahre getroffen“, entgegnete er Kanand.