Ennepetal. Der „Letzte-Hilfe“-Kurs soll den Teilnehmern die Berührungsängste vor dem Umgang mit dem Tod nehmen und das Leid des Sterbenden lindern

Ein Koffer liegt auf dem Boden des Seminarraumes im Alten- und Pflegeheim Haus am Steinnocken. Daneben stehen ein kleiner Blumenstrauß und kleine Figuren. Sie stellen Engel dar. Im Koffer, das ist deutlich zu sehen, befinden sich Weinflaschen. Was passiert im Raum, indem 10 Frauen und ein Mann sitzen und konzentriert zuhören? Sie befinden sich im Kurs „Letzte Hilfe“, und der Koffer symbolisiert wohl die letzte Reise eines Menschen, der für immer Abschied von dieser Welt nehmen muss.

„Das Sterben ist ein Teil des Lebens!“ heißt es, aber wohl kein leichter. Sehr unterschiedlich sind die Kursbesucher, einige haben schon Abschied von lieben Menschen nehmen müssen, andere wollen vorbereitet sein, wenn der Tag x anstehen sollte.

Keine traurige Stimmung

Nein, eine traurige Stimmung herrschte nicht. Die Hausleiterin des Alten- und Pflegeheims, Katharina Füllbeck, sie ist u. a. auch Pflegewirtin, und Marion Matt, die Diplom-Heilpädagogin und im Heim auch in der Sozialdienstleitung tätig, sind die Referentinnen, strahlen Ruhe und Kompetenz aus und bringen auch hin und wieder die Zuhörer ins Schmunzeln. Jeder weiß, dass Sterben Abschied bedeutet, oft auch körperliche und seelische Qualen. Aber hier seien die Angehörigen und Freunde der sterbenden Menschen gefragt. „Schaffen Sie eine schöne Atmosphäre, nehmen Sie dem Sterbenden die Einsamkeit, halten Sie die Hand des Menschen, der auch Todesangst haben kann!“ Zuhören und Berühren seien hilfreich.

Was sterbenden Menschen hilft

 Die Teilnehmer des Kursus mit Einrichtungsleiterin Katharina Füllbeck (rechts) und Diplom-Heilpädagogin Marion Matt (links).
Die Teilnehmer des Kursus mit Einrichtungsleiterin Katharina Füllbeck (rechts) und Diplom-Heilpädagogin Marion Matt (links). © Hans-Jochem Schulte

Die Teilnehmer erfahren, was sterbenden Menschen bei Atemnot, Durst und Übelkeit hilft. Durst habe oft mit einem trockenen Mund zu tun. Mundpflege sei wichtig. Die Lippen des Sterbenden benetzen, z. B. mit einem Wassereis mit Erdbeergeschmack. Wenn der Sterbende gerne Wein getrunken habe, könne man ihm auch ein Schluck Wein reichen oder auf Wunsch auch Whisky. Katharina Füllbeck und Marion Matt betonten immer wieder: „Es gibt keine Tabus!“ Aber Vorsicht, bei Whisky-Kennern. „Sie wollen noch einmal, ihren Whisky’ genießen und keine andere Marke!“ weiß Katharina Füllbeck. Beide Referentinnen sagen: „Man stirbt nicht, weil man aufhört zu essen und zu trinken, sondern man hört auf zu essen und zu trinken, weil man stirbt!“

Frau und Mann gehen mit dem Sterben unterschiedlich um

Katharina Füllbeck und Marion Matt haben auch einen Unterschied zwischen Frau und Mann festgestellt. Frauen würden vor dem Sterben noch einmal alles ordnen wollen, Männer seien anders, oft würden sie sich zurückziehen.

Auch für Angehörige könne die „letzte Hilfe“ ein Geschenk sein, z.B. wenn die Mutter ihr Leben klang distanziert wirkte, und jetzt im Sterben ganz anders sei. Man komme sich näher.

Der „Letzte-Hilfe“-Kurs soll den Teilnehmern vor allem die Berührungsängste vor dem Umgang mit dem Tod nehmen und das Leid des Sterbenden lindern. Auch das Trauern sei normal, „Es gibt keine richtige oder falsche Art zu trauern!“ sagen die Fachfrauen.

Rituale

Wird beim Kurs Pause gemacht, werden Getränke und kleine Naschereien gereicht. „Murmelrunde“ wird das genannt. Man unterhält sich zwanglos. Auch das ist ein Ritual. Am Ende des Kurses gab es für jeden ein Blümchen und ein Zertifikat sowie einen schön gestalteten Zettel, auf dem geschrieben steht: „Wir können den Verlauf des Weges nicht ändern, aber die Bedingungen, unter denen wir sie begleiten!“ Damit ist alles gesagt.

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Schon sechs Kurse unter dem Titel „Letzte Hilfe“ gab es im Alten- und Pflegeheim Haus am Steinnocken. Im Herbst soll ein weiterer Kurs folgen.

Jetzt erst einmal gibt es den „Tag der offenen Tür“ am Freitag, 19. Juli, von 15 bis 17.30 Uhr. Dann sind alle willkommen.

Wer nicht bis zum nächsten Kurs in Ennepetal warten möchte, wird auch im Internet fündig. Unter www.letztehilfe.info gibt es Erläuterungen und Hinweise auf entsprechende Angebote auch in anderen Städten.