Ennepe-Ruhr. Im Schwelmer Kreishaus ist ein Streit über die Finanzierung von Kontaktstellen für psychisch kranke Menschen ausgebrochen.

Einigkeit herrscht darüber, dass Kontaktstellen und Tagesstätten für psychisch kranke Menschen sowie die Betreuung der Angehörigen elementar wichtige Aufgaben sind; nicht zuletzt, weil die Zahl derer, die unter schwerwiegenden psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen leiden, zunimmt. Das war es aber auch schon mit der Einhelligkeit, denn über die Art der Finanzierung dieser Kontaktstellen tobt ein heftiger Streit im Schwelmer Kreishaus. Erneut fällt die SPD ihrem Landrat in den Rücken.

Was bisher geschah

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Seit dem Jahr 1988 fördert der Kreis die Kontakt- und Beratungsstellen, an die sich psychisch Erkrankte oft als erstes wenden, weil sie hier niederschwellige, anonyme und kostenfreie Hilfe erwartet. Zuständig für Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld ist die Kontakt- und Krisenhilfe, in Sprockhövel und Hattingen leistet die Caritas diese Arbeit, in Witten Viadukt e. V. sowie Wetterleuchten e. V. in Wetter und Herdecke.

Die Kontaktstellen werden durch den Ennepe-Ruhr-Kreis finanziert. Das lief bis zum Jahr 2010 über Zuwendungsbescheide. Das sind einseitige Willenserklärungen, so dass beispielsweise Leistungen, die nicht erbracht werden, auch vom Kreis nicht eingeklagt werden könnten. Heißt: Die Träger müssen keinerlei Leistung erbringen, haben wohl aber ein Recht auf das Geld – im laufenden Jahr werden dies 382.000 Euro sein. Nicht zuletzt aus diesem Grund bestehen seit dem Jahr 2014 zwischen dem Kreis und den Trägern Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, die frei verhandelt wurden und eine Laufzeit von drei Jahren haben. Wie auch bei der Sucht- und Drogenberatung ist dieses Förderverfahren rechtlich nicht mehr möglich.

Was die Verwaltung möchte

Es bestehen drei Alternativen: Der Kreis nimmt diese Aufgaben selbst wahr. „Dies ist ausdrücklich nicht gewollt“, teilt Fachbereichsleiterin Astrid Hinterthür mit. Aus ihrer Sicht ist auch die Rückkehr zum Zuwendungsbescheid keinerlei Option. „Es fehlen explizite Steuerungsmöglichkeiten des Kreises hinsichtlich Leistungsmengen und Qualitäten“, argumentiert sie. Nicht zuletzt müsste die Politik in jedem Jahr aufs Neue über die Höhe der Zuwendung entscheiden. Der Vorschlag der Verwaltung lautet daher: Die Kontaktstellenarbeit europaweit auszuschreiben mit einer Beauftragung für drei oder mehr Jahre.

Astrid Hinterthür betont: „Dies ist nicht gleichbedeutend damit, dass immer der günstigste Anbieter zum Zuge kommt. Neben dem Preis müssen qualitative, umweltbezogene und soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden.“ Dies sei der rechtlich sicherste und der fachlich praktikabelste Weg.

Was die Träger fordern

Die vier Trägervereine haben sich in einer Stellungnahme klar positioniert und wollen das Geld über Zuwendungsbescheide erhalten. Eine Ausschreibung würde die Zusammenarbeit gefährden, teilen Dominik Spanke (Caritas), Jürgen Wanitzke (Kontakt- und Krisenhilfe), Rudi Skott (Wetterleuchten) und Barbara Dieckheuer (Viadukt) mit. Andere Träger bedeuteten aus ihrer Sicht Probleme für die Klienten, die sich an neue Ansprechpartner gewöhnen müssten, Entlassungen sowie die Gefahr, dass die Vereine Fördergelder zurückzahlen müssten.

Was die Politik denkt

Die Fraktionen von SPD und Grünen positionieren sich gegen den Verwaltungsvorschlag und damit gegen Landrat Olaf Schade. Beide argumentieren, dass der Zuwendungsbescheid die beste Lösung sei, „wenn die Träger das so wollen.“ Die Linken wollen ebenfalls per Zuwendungsbescheid bezahlen allerdings 16.500 Euro mehr als bislang. Sämtliche Oppositionspolitiker hingegen sind zurückhaltender und unterstützen den Beschlussvorschlag der Verwaltung, die Leistungen europaweit auszuschreiben. Bedenken gegen die Zuwendung bestehen auch, weil dann diese Debatte in jedem Jahr geführt würde und es bereits schlechte Erfahrungen mit Zuwendungsbescheiden bei der Sucht- und Drogenberatung gibt.