Schwelm. . Welche Rolle spielt das Netz im Gemeindealltag? Ein Gespräch mit Kaplan Christoph Werecki.
Für viele Menschen gelten Kirchen als die letzten traditionellen Bastionen, wenn es um das Bewahren von Werten und Traditionen geht. Gleichzeitig gelten religiöse Institution aber auch als etwas schwerfällig, wenn es um Veränderungen geht. Doch einer grundlegenden Neuerung wie dem Internet können sich auch Jahrtausende alte Religionsgemeinschaften nicht entziehen. Das wirft die Frage auf: Wie geht eine traditionelle Institution mit der Digitalisierung um? Wir haben mit Kaplan Christoph Werecki (31) gesprochen.
„Vergleicht man es mit der Seefahrt, dann ist die Kirche manchmal schon so etwas wie ein schwerer Tanker. Allerdings ist das gar nicht mal negativ gemeint, in vielen Bereichen ist das ja auch durchaus eine gute Sache“, sagt Kaplan Christoph Werecki von der katholischen Gemeinde St. Marien, die für Schwelm, Ennepetal und Gevelsberg zuständig ist. Das Thema Internet sei natürlich auch in der Kirche mittlerweile ein großes Thema, erklärt er: „Man muss aber schon selbstkritisch sein und sagen, dass wir da etwas hinterher sind. Aber wir holen schnell auf.“
Messenger bei der Jugend beliebt
Im Alltag der Gemeinde sei die moderne Kommunikation etwa längst und ganz selbstverständlich angekommen: „Fangen wir einfach mal in der Gemeinde an. Ich behaupte mal, ohne Messenger wie Whatsapp wäre die Koordination in der Jugendarbeit heute kaum noch möglich oder zumindest sehr schwierig“, sagt Werecki. „Da wird natürlich heute viel über Messengergruppen geplant und ausgetauscht.“
Praktisch sei die Vernetzung untereinander in diesem Bereich schon deshalb, weil man viel schneller reagieren könne als früher. Die häufig angeführten negativen Effekte der neuen Kommunikationsformen, etwa Mobbing, kann der Kaplan, zumindest aus seinem Tätigkeitsfeld, indes ganz und gar nicht bestätigen: „Natürlich haben wir nicht in alles, was die Jugendlichen bewegt, einen genauen Einblick. Und selbstverständlich spielt sich vieles ja auch außerhalb der Gemeinde ab. Von Konflikten oder gar Mobbing habe ich aber noch nichts mitbekommen.“ Ganz unkritisch sieht Werecki die immer häufigere Nutzung von Smartphones oder Tablets zur Kommunikation miteinander aber auch nicht: „Durch diese Art der schriftlichen Kommunikation geht schon auch eine Menge verloren.“ Ein direktes Gespräch böte natürlich auch noch viel mehr unbewusste Elemente, wie Gestik und Mimik. „Das ist natürlich schon schade und kann auch zu Missverständnissen oder im schlimmsten Fall zu Konflikten führen. Von daher bin ich auch immer für ein gutes Gespräch.“
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Während die Nutzung zum Austausch durchaus schon dazu gehöre, sei das bei der Nutzung der neuen und sozialen Medien im Dienstgebrauch aber noch anders. Hier könne man erst einen langsamen Wandel feststellen: „Es geht im Vergleich zu anderen Institutionen sicher deutlich langsamer, aber die Notwendigkeit, das Internet und soziale Medien zu nutzen, hat man auch in der Kirche erkannt“, sagt Werecki. Die Webseite der Gemeinde, über die Informationen zu fast allen Bereichen des kirchlichen Lebens abgerufen werden können und die auch Neuigkeiten aus dem Gemeindeleben bietet, sei da ein gutes Beispiel. „Dem neuesten Stand entspricht unsere Webseite derzeit nicht. Wir arbeiten in der Gemeinde aber daran.“ Eine Ebene höher, beim Bistum Essen, zu dem auch die Gemeinde St. Marien gehört, gebe es allerdings schon gute Beispiele.
Netzaktionen als Vorbild
Die Social-Media-Redaktion des Bistums konnte etwa schon mit der ein oder anderen Aktion im Internet von sich reden machen und die Botschaft der Kirche ins Netz tragen: „Die Mitarbeiter sind auf die Idee gekommen, die Ostergeschichte über Whatsapp zu erzählen. Das kam gut an und hat deutschlandweit ein großes mediales Echo hervorgerufen.“ Perspektivisch könnten solche Aktionen auch etwas für die Gemeinden sein, findet Werecki. Denn in Zeiten, in denen viele Menschen der Kirche zunehmend kritisch gegenüberständen, sei es wichtig, auf allen Wegen Kontakt zu suchen: „Wenn man Menschen so erreichen kann, wüsste ich nicht, was dagegen spräche“, sagt der Kaplan.
Klare Linie bei Sakramenten
Eine klare Haltelinie beim Interneteinsatz gibt es für den jungen Geistlichen dann aber doch: Bei den heiligen Sakramenten der Kirche, dazu zählt etwa die Beichte, könne das Internet auch in Zukunft keinen Ersatz für den direkten, zwischenmenschlichen Kontakt zwischen Gläubigen und Geistlichen bieten: „Da muss man einfach schon realistisch sein. Das funktioniert einfach nicht über das Internet.“