Ennepetal. . Er war wie ein Großvater zu den Kindern und spielte zu Weihnachten den Nikolaus für sie. Niemand in der Familie ahnte, dass der Ennepetaler mit dem schlohweißen Haar und dem Vollbart ein verurteilter Sexualstraftäter war, der bereits sechs Jahre und neun Monate wegen Kindesmissbrauchs abgesessen hat.

Nun steht der 66-Jährige vor dem Hagener Landgericht. Er soll sich an zwei Jungen aus Ennepetal vergangen haben.

Bei der Tafel in Voerde machte eine Ennepetalerin (39) die Bekanntschaft des Angeklagten. Sie suchte damals nach einem Weihnachtsmann für ihre Kinder, weil sie selbst in dieser Rolle von den Kindern längst durchschaut wurde. Da fiel ihr Blick auf den 66-Jährigen. Das schneeweiße Haar und der weiße Vollbart machten ihn zum geeigneten Kandidaten. Die 39-Jährige und der Mann schlossen schnell Freundschaft. Und auch ihre Kinder und ein Neffe schienen ihn sehr zu mögen. „Es entwickelte sich ein enges Vertrauensverhältnis.

Er war wie ein Familienmitglied und wurde eine Art ,Ersatzopa’“, erklärte der Vertreter der Nebenklage Dietmar Welt im Gespräch mit unserer Redaktion am Rande des Prozesses. Niemand ahnte, dass der 66-Jährige bereits im Dezember 2010 damit begonnen haben soll, den damals elfjährigen Sohn der Ennepetalerin zu missbrauchen. So soll der Angeklagte mit ihrem Sohn Pornofilme geschaut und sexuelle Handlungen an dem Kind vorgenommen haben beziehungsweise ließ er laut Anklage solche Handlungen an sich von dem Jungen vornehmen, während der bei ihm übernachtete.

Ungewöhnliche Vorkommnisse

Die Mutter registrierte damals nur ein paar ungewöhnliche Vorkommnisse. Vor Gericht erinnerte sie sich: „Der Angeklagte hat immer gefragt, ob er mal was mit dem Jungen unternehmen darf. Danach kam der Junge mit Geld an oder hatte eine neue Hose geschenkt bekommen.“ Als ihr Sohn eines Tages mit einer nagelneuen Playstation nach Hause kam, wurde es ihr zu bunt. „Ich wollte das nicht. Es sah so aus, als ob er sich die Liebe des Kindes kaufen wollte“, so die 39-Jährige weiter.

Erst diesen Mai kam der Stein ins Rollen, als der Cousin eines Abends der ältesten Schwester (18) erzählte, was der Angeklagte mit ihm und ihrem Bruder gemacht haben soll. Auch bei dem Cousin (zur Tatzeit 13) soll der Angeklagte versucht haben, sexuelle Handlungen vorzunehmen. Aber der Junge ergriff angewidert die Flucht, als er begriff, was passierte, so die Anklage. „Ich war schockiert. Unsere Mutter schlief schon. Ich habe sie sofort geweckt“, erzählte die 18-Jährige. Danach hätten sie die ganze Nacht geredet.

Am nächsten Morgen, dem 4. Mai, erstattete die Mutter Anzeige und erfuhr dabei von der Vorbelastung des Angeklagten. Dem Jungen geht es laut seiner Mutter schlecht. Er versuche, sich mit „Ballerspielen“ zu betäuben. „Und alle, die er abschießt, sehen so aus wie der Angeklagte“, so die Mutter.

Beim Angeklagten konnten keine Festplatten gefunden werden. Ein Laptop enthielt keine auffälligen Daten. Eine Polizeibeamtin berichtete jedoch von Zeugen, die beobachtet haben wollen, dass der Angeklagte eine ausgedehnte „Schredderaktion“ vorgenommen haben soll. Bei einer erneuten Verurteilung droht dem 66-Jährigen die Sicherheitsverwahrung.