Balve. Journalist und Medientrainer Tom Buschardt war zu Gast beim Kolpingforum, und das Interesse war groß wie lange nicht.
Szenen mitten aus dem Krieg in der Ukraine sind in Wirklichkeit schon mehrere Jahre alt, oder sie stammen aus ganz anderen Ländern, die Körper getöteter Menschen oder die flehenden Blicke verwundeter Kinder sind mit Künstlicher Intelligenz erzeugt. Was kann man glauben, was ist gefälscht? Jeder Mensch und jedes seriöse Medium stehen tagtäglich vor diesen Fragen, in Kriegs- und Krisenzeiten noch einmal mit besonderer Dringlichkeit. So traf das Balver Kolpingforum am Montagabend im Pfarrheim mit seiner monatlichen Veranstaltung einen besonderen Nerv. Was sich auch in der Resonanz niederschlug.
Stühle reichen nicht
50 Stühle waren aufgestellt, 66 Besucher kamen schließlich: Bestwert. „Ich bin immer noch begeistert“, sagte Bernward Midderhoff von der Balver Kolpingsfamilie einen Tag später noch.
Nun hatte man dieses Mal aber auch noch gezielter die Werbetrommel gerührt. Unter-16-Jährigen war in der Ankündigung vom Besuch des Vortrags zwar abgeraten worden, da Referent Tom Buschardt Darstellungen von Gewalt und Tod als Beispiele mitgebracht hatte. Zugleich hatte die Kolpingsfamilie über die heimischen Schulen versucht Eltern und Lehrer anzusprechen. Was gelang.
Referent Tom Buschardt hat das Journalistenhandwerk von der Pike auf gelernt, in den letzten Jahren arbeitete er als Medienberater und -trainer nicht nur für andere Journalisten, sondern auch für Firmen bis hin zu Spitzenpolitikern. Und er vermittelt in Vorträgen für jedermann, wie Fake News erzeugt und verbreitet werden - und wie man sie erkennen kann, oft schon in nur wenigen Minuten eigener Recherchearbeit. Zumindest meistens recht zuverlässig. Denn Buschardt betonte schon von Beginn weg: „Auch ich falle auf Fake News herein.“
Er zeigte die Methoden anhand von Bildern und Videos. Da wird ein Foto aus dem Internet aus einem komplett anderen Kontext genommen und nun einfach mit Gaza- oder Ukrainekrieg in Zusammenhang gebracht. Für Journalisten, vor allem wenn sie unter Zeitdruck arbeiten, sei es schwer, eine Nachricht oder ein Foto zu verifizieren. Das brauche etwa aus einem Kriegsgebiet mehrere Tage.
„Journalismus muss langsam sein dürfen“, betonte Tom Buschardt. Eine Herausforderung in Zeiten von Eilmeldungen oder dann, wenn vor alle junge Leute in Sekundenbruchteilen entscheiden, welcher Inhalt von ihnen ein Like bekommt - und, mehr noch, von ihnen bezahlt wird. Die Bereitschaft für Entertainment zu bezahlen, so der Referent, sei vor allem in der jüngeren Generationen höher als für hochwertigen, verlässlichen Journalismus.
Fehlerkultur wichtig
Fehler einzugestehen, das würden seriöse Journalisten auch machen, im Gegensatz zu Querdenkern oder Verschwörungstheoretikern.
Tom Buschardt erklärte, wie Bilder von Künstlicher Intelligent erzeugt werden. Und auch wenn diese dann gar nicht behaupten, ein tatsächliches Ereignis widerzugeben: Die Nachricht und vor allem die Emotion sei schnell im Kopf des Menschen. Buschardt zeigte ein Beispiel, dass er selbst geschaffen hat: leidende Kinder im Bombenhagel von Gaza. All das rufe immer wieder ins Gedächtnis, es sich nicht zu einfach zu machen. „Natürlich werden in Gaza Kinder getötet. Aber diese Bilder sind eben nicht echt.“
Und das müsse man schon unterscheiden. Genauso gebe es Bilder und Nachrichten, die bei aller anzuklagenden Grausamkeit des russischen Angriffs, von der ukrainischen Seite verfälschend verbreitet würden.
Tom Buschardt ging faktenreich und mitreißend durch seinen Vortrag, der am Ende trotz einer gewissen Geschwindigkeit seines Erzählens, gut zwei Stunden dauerte. Konzentriert musste man schon bleiben, um allen Gedanken folgen zu können, was durch den eindringlichen Vortrag aber nicht schwer fiel. „Ich habe nicht gesagt, dass es ein einfacher Abend wird“, hatte der Referent selbst augenzwinkernd eingestanden.
Nach so viel Input sollte die anschließende Frage- und Diskussionsrunde dann bewusst knapper ausfallen. Politischer Einschätzungen und Meinungen enthielt sich Buschardt auch auf Nachfragen bewusst, es sollte hier um den technischen und optischen Aspekt der Info-Vermittlung in den Medien gehen. Weiteres Interesse aus dem Publikum gab es zum Thema Künstliche Intelligenz, was neben den Medien viele andere Gebiete umfasst. So dass Bernward Midderhoff im Nachgang überlegte: „Das könnte mal ein eigener Abend beim Kolpingforum werden.“
Sichtbarkeit des Whiteboards wird verbessert
Ein bisschen tüfteln möchte man noch am Whiteboard, der großen digitalen Tafel im Pfarrheim, die in den Neubau etwa von Referenten wie Buschardt des Kolpingforums genutzt werden kann. Von der seien zwar alle bisherigen Nutzer begeistert, berichtet Midderhoff. Aber wegen Höhe und Auflösung der Tafel seien die Inhalte in hinteren Reihen schlecht erkennbar gewesen. Man arbeite an einer Lösung.