Balve. Die Hacker-Attacke auf die Südwestfalen IT ist für die Stadt Balve ein teurer Spaß. Und noch ist nicht alles abgerechnet.
Der Hackerangriff auf die kommunale Software fand im vorigen Oktober statt. Balves Rat zog eine vorläufige Bilanz: politisch, aber auch finanziell. Spannend war die Frage, ob Privatleute bereits Schadenersatzforderungen gestaltet haben. Bereits war der Unmut im Rat unüberhörbar.
Aber der Reihe nach. Über 40 Seiten Abschlussbericht, darin eine forensisches Analyse des Hackerangriffs auf die Südwestfalen IT, bekamen die Ratsmitglieder in ihrer jüngsten Sitzung vorgelegt.
UWG-Chef Lorenz Schnadt sprach von einem „Führungsversagen erster Güte“ beim IT-Dienstleister. Es sei genau zu überprüfen, wer in Haftung genommen werden könne für die massiven Folgen. Nach dem Angriff ist die Geschäftsführung der Südwestfalen-IT bereits ausgewechselt worden.
Cay Schmidt von der SPD, beruflich durchaus mit dem Thema vertraut, stellte in der Ratssitzung fest: „Es war offensichtlich relativ einfach, in die Systeme einzudringen.“ In der Spitze des Dienstleisters wie auch in den Kontrollinstanzen könne das nicht ohne Folgen bleiben.
Weitere Kosten für Balve absehbar
Cay Schmidts Befürchtung: Da in der Südwestfalen IT letztlich ja die Kreise und Kommunen der Region zusammengeschlossen seien, kämen auf sie alle am Ende auch die Schäden in Form weiterer Kosten zu. Das musste dann André Flöper, zuständiger Fachbereichsleiter im Balver Rathaus, auch so bestätigen: Zusätzlich zur üblichen Umlage müsse Balve 10.000 Euro zahlen. Die konkreten Schäden für die Stadt durch die eigentliche Cyberattacke, so führten es Flöper und Bürgermeister Hubertus Mühling im Rat noch weiter aus, ließen sich eher grob und schematisch beziffern, 25.000 Euro werden als ungefähre Größenordnung genannt.
Für Hubertus Mühling ist die Schlussfolgerung klar: „Die Südwestfalen IT muss eine bessere Sicherheitsarchitektur aufbauen.“ Auch wenn man 100-prozentigen Schutz nie erwarten könne. Wie der aktuelle Stand im Balver Rathaus ist, erläuterte André Flöper: „Die meisten Programm laufen wieder.“
Finanzsoftware hakt noch
Probleme gebe es noch bei der Finanzsoftware, beim Ratsinformationssystem müsse man sich wohl noch bis in den Sommer gedulden, beziehungsweise aktuell mit einer Not-Version im Netz zufrieden geben. „Wir gehen schon davon aus dass uns das alles noch ein paar Monate beschäftigen wird“, erklärte Flöper. Letztlich sei Balve noch vergleichsweise gut weggekommen. Man habe im Anschluss die Systeme durchleuchtet und keine weiteren Schäden gefunden, wolle nun nochmal alle Mitarbeiter schulen und sensibilisieren und eine unabhängige Sicherheitsanalyse erstellen lassen.
Cay Schmidt: „Das Problem sitzt schließlich oft vor dem Computer.“
Werden noch weitreichendere Entscheidungen daraus folgen? Wie die Westfalenpost Anfang März berichtet hatte, kündigte dort das Rathaus Menden einen ersten Vertrag mit der SIT, ebenso Städte wie Witten. Fragen nach ähnlichen Entscheidungen habe er entsprechend auch erwartet, erklärte Hubertus Mühling.
Er stellte heraus, dass sich die Stadtverwaltung so breit wie möglich aufgestellt habe: mit mehreren Anbietern. „Wir haben immer schon versucht die Risiken zu vermeiden, wenn man alles nur bei einem Anbieter hat. Das ist sinnig.“ Folge sei gewesen, dass das Balver Rathaus arbeitsfähig geblieben sei, wo hingegen in anderen Städten nichts mehr funktioniert hätte, vom Telefon bis zur Schließanlage, so dass man dort nicht nur sprichwörtlich vor verschlossenen Rathaustüren stand. Aber die Vernetzungen der Systeme, so Mühling weiter, seien auch so eng, dass vielfach ein Dienstleisterwechsel nicht möglich sei.
Bisher keine Forderungen von Privatleuten
Denkbar sei es übrigens auch, dass Privatpersonen ihre finanziellen Verluste geltend machen, zum Beispiel durch nicht rechtzeitig ausgestellte Dokumente. Damit müsste man dann zunächst an die Stadt herantreten, so erklärte Hubertus Mühling, die das an die Haftpflichtversicherung weiterleite. Bislang sei ihm so ein Fall aber nicht bekannt.