Balve/Osnabrück. Das Unternehmen RPS hat Straßenlärm untersucht, die Stadt Balve Bürger befragt. 6 Maßnahmen können helfen.

Er nervt, schlimmer noch: Er macht krank. Lärm ist seit Jahren ein großes Thema im Hönnetal, vor allem den beiden Bundesstraßen B 515 und B 229 sei’s geklagt. Die Stadt Balve ist dabei, den Lärmaktionsplan fortzuschreiben. Die Verwaltung, so sieht es ein Beschlussvorschlag für den Ratsausschuss USB vor, soll die zweite Phase der Öffentlichkeitsbeteiligung einläuten. Für Betroffene ist das Verfahren eine erneute Chance, sich Gehör zu verschaffen. Schon in den vergangenen Jahren ließen bürgerschaftliche Stellungnahmen zur Lärmbelastung aufhorchen.

Tempo-Display in Balve: An der Hauptstraße in Höhe der Volksbank wird die Geschwindigkeit des fließenden Verkehrs gemessen. Korrektes Fahren wird per Smiley belohnt. Für zu hohes Tempo gibt‘s einen gesenkten Daumen. Die Stadt setzt gelegentlich ein Display zur Geschwindigkeitsverringerung des Verkehrs ein.
Tempo-Display in Balve: An der Hauptstraße in Höhe der Volksbank wird die Geschwindigkeit des fließenden Verkehrs gemessen. Korrektes Fahren wird per Smiley belohnt. Für zu hohes Tempo gibt‘s einen gesenkten Daumen. Die Stadt setzt gelegentlich ein Display zur Geschwindigkeitsverringerung des Verkehrs ein. © Balve | Nele Gimbel

Millionen Fahrzeuge pro Jahr

Bekannt ist: Laut Lärmkartierung der Landesbehörde Lanuv sind Anwohner der B 515 im Hönnetal sowie Anwohner der B 229 zwischen Kreuzung Sanssouci und Abzweig Mellener Straße „von übermäßigem Verkehr betroffen“. Das Osnabrücker Unternehmen RP Schalltechnik (RPS) hat Zahlen vorgelegt. Am stärksten belastet ist der B-229-Abschnitt Wocklumer Allee bis zur Kormke. Dort rollen im Schnitt 15.700 Fahrzeuge pro Tag. Pro Jahr sind das 5,71 Millionen. Selbst der vergleichsweise verkehrsarme Abschnitt der B 515 zwischen der Grübeck und Kreuzung Sanssouci wird täglich 9200 Fahrzeugen befahren. Das macht pro Jahr 3,35 Millionen. Den Angaben liegen Hochrechnungen aus dem Jahr 2015 für 2019 zugrunde. Damit ist das Zahlenmaterial veraltet.

Lkw-Kolonnen auf der B 229 in Höhe des Jugendzentrums Balve (Archiv)
Lkw-Kolonnen auf der B 229 in Höhe des Jugendzentrums Balve (Archiv) © Balve | jürgen overkott

Die Westfalenpost hat Andreas Berg vom Landesbetrieb Straßen NRW gebeten, aktuellere Zahlen vorzulegen. Auf der B 229 sind demnach nach der jüngsten bundeseinheitlichen Verkehrszählung 13.569 Fahrzeuge pro Tag im Abschnitt von Balve-City bis Sanssouci unterwegs. Auf der B 515 sind es zwischen der Einmündung in die B 229 und der Kreisstraße (K) 26 in die Grübeck 10.900 Autos pro Tag.

Andreas Berg von Straßen NRW 
Andreas Berg von Straßen NRW  © Wetter / Herdecke | Yvonne Held

Die RPS-Studie schätzt die Zahl der Menschen, die tagsüber von Lärm mit mehr als 55 Dezibel beschallt werden, auf 880. Nachts, heißt es, seien immerhin noch rund 630 Personen betroffen. Die Zahl der sehr stark Betroffenen liegt tagsüber bei 203 Personen und nachts bei 225.

Balves Rat hat die Fortschreibung des Lärmaktionsplans im vorigen Sommer beschlossen. Vor Weihnachten folgte die erste Phase der Öffentlichkeitsbeteiligung. Sie hat in der zweiten Januar-Hälfte stattgefunden.

Vorschlag: Laster raus aus der Innenstadt

Fünf Vorschläge sind aus der Öffentlichkeit gekommen. Dazu zählen ein Durchfahrtverbot für Lkw über die Hauptstraße (B 229) in Balve. Stattdessen, hieß es, solle Lkw- und Schwerlastverkehr via Garbeck und Küntrop in Richtung Neuenrade geführt werden. Zudem wurde Tempo-Begrenzung in der Innenstadt sowie der Ortsein- und -ausfahrten angeregt. Ferner soll Straßen-Instandsetzung zur Lärminderung beitragen. Nicht zuletzt steht Förderung des Radverkehrs zur Diskussion.

RPS weist darauf hin, dass ein Lkw-Fahrverbot an Bedingungen geknüpft ist. Es muss nachgewiesen werden, dass die Lärmbelastung durch Laster zu hoch ist, ihre Verbannung den Schalldruck deutlich mindert und genügend Menschen von der Maßnahme profitieren. Ähnliches gilt für Tempo-Begrenzung.

Der Neubau einer Umgehungsstraße ist grundsätzlich geeignet, die Ortsdurchfahrt von Verkehr zu entlasten.“
Gutachterbüro RPS in einer Vorlage für den Ratsausschuss USB

Umgehungsstraße

Voraussetzung für die Verlegung der B 229 ist eine detaillierte Verkehrsuntersuchung. Sie liege aber bisher nicht vor, hieß es. Allerdings erklärt RPS aber auch: „Der Neubau einer Umgehungsstraße ist grundsätzlich geeignet, die Ortsdurchfahrt von Verkehr zu entlasten.“

Dem Vorschlag aus der Bürgerschaft, den Straßenbelag zur Lärmminderung zu verbessern, folgt RPS, ebenso dem Anstoß, den Fahrradverkehr auszubauen.

Das Planerbüro weist nebenher daraufhin, dass die Stadt Balve mancherorts bereits Tempo 30 eingeführt habe, sich für die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs im Verbund mit dem Märkischen Kreis sowie für den Ausbau des Radwegenetzes eingesetzt habe.

Hönnetal-Radweg: Er ist das politische Ziel des ADFC. Aber auch Hotels und Gastronomie sowie Kalk-Hersteller Lhoist unterstützen den Plan.
Hönnetal-Radweg: Er ist das politische Ziel des ADFC. Aber auch Hotels und Gastronomie sowie Kalk-Hersteller Lhoist unterstützen den Plan. © Wirth, Jennifer | Wirth, Jennifer

Am Ende bleibt die Frage: Was ist machbar, um die Lärmbelastung der an den Hauptverkehrsachsen in Balve lebenden Menschen zu verringern? Grundsätzlich sind Schallschutzmaßnahmen. RPS schreibt mit Bezug auf Straßen NRW, Lärmschutzwände seien „bisher nicht vorgesehen“. Möglich sind ferner der Einbau von Schallschutzfenstern sowie die „Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit“ auf den Hauptverkehrsachsen.

Bus, Bahn und Rad

Die RPS-Fachleute geben sechs Empfehlungen. Demnach soll der ordnungsgemäße Zustand der Fahrbahnen regelmäßig überprüft werden. Bei Straßenerneuerung soll Flüsterasphalt verwendet, bei Bauarbeiten Lärmvorsorge betrieben werden. Zudem werden mobile Blitzer empfohlen sowie tempobegrenzende Maßnahmen vor Ortsdurchfahrten. Nicht zuletzt rät RPS der Bürgerschaft dringend, Pkw-Fahrten möglichst zu vermeiden. Als Alternativen werden Bus, Bahn und Fahrrad vorgeschlagen. Auch Zufußgehen hat einen unbestreitbaren Vorteil: Es macht keinen Lärm.