Balve. Vereinigte Sparkasse im Märkischen Kreis legt Analyse für heimische Wirtschaft vor. Zeichen für 2024 sind duster. Die Hintergründe.
„Dieses Jahr war ganz gut. Aber die Aussichten sind schlecht“, fasste Kai Hagen, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Sparkasse im Märkischen Kreis - und damit auch für Balve zuständig -, bei der Vorstellung der Diagnose Mittelstand 2023 die aktuelle Lage zusammen. Dem Mittelstand in Deutschland, eigentlich ein Supermann, würden die Kräfte ausgehen, so der Tenor. Dafür sorgten Hemmnisse wie Überbürokratisierung, Fachkräftemangel und fehlende Digitalisierung. Noch hinzu kämen zum Beispiel hohe Energie- und Personalkosten. „Auch unsere Kunden investieren vermehrt im Ausland“, berichtet Kai Hagen. Welche Herausforderung das Hönnetal erwarten.
Die Grundlagen der Analyse
Mit der Diagnose Mittelstand 2023 legt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zum 23. Mal repräsentatives Datenmaterial zur aktuellen Lage der mittelständischen Unternehmen in Deutschland vor. In diese Untersuchung ist der S-Finanz-Klimaindex von DSGV und Deka integriert, der auf quartalsweisen Umfragen unter den Vorständen der deutschen Sparkassen zur konjunkturellen Entwicklung beruht.
Im dritten Quartal 2023 signalisierte das Deka-S-Finanzklima, so etwas wie das Stimmungsbarometer zur wirtschaftlichen Lage aus Sicht der Sparkassen, die Lage in den Regionen Deutschlands. Die beklemmende Botschaft dabei sei: Die befragten Finanzmanager bezweifeln, dass sich an dieser Situation in absehbarer Zeit etwas ändern wirdDie beklemmende Botschaft dabei sei: Die befragten Finanzmanager bezweifeln, dass sich an dieser Situation in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Zwar scheine die Problemdiagnose mittlerweile überall angekommen zu sein, der Reformwille werde jedoch vermisst. Es gehe kein spürbarer Ruck durch Deutschland. Dementsprechend falle auch die aktuelle konjunkturelle Lagebeurteilung ernüchternd aus. Nachdem bereits im Vorquartal die Erleichterung über die ausgebliebene Energiekrise vorbei war, verschlechterte sich das Konjunkturklima weiter – und zwar kräftig: von 89,9 auf 75,7 Punkte. Dass das gesamte S-Finanzklima nur um knapp einen Punkt von 85,0 auf 84,1 Punkte sank, sei der Stärkung des Bankensektors durch die Rückkehr der Zinsen zu verdanken.
Zeicen stehen auf Stagnation
„Die Zeichen für die deutsche Wirtschaft stehen auf Stagnation“, sagt Mike Kernig, Vorstandsmitglied der Vereinigten Sparkasse im Märkischen Kreis. Es gelte, den Spagat zwischen wirtschaftspolitischen Zwängen und nachhaltiger Aufstellung zu meistern. Unternehmen jeder Größe quer durch fast alle Branchen, auch im Hönnetal, spürten nach wie vor die direkten oder indirekten wirtschaftlichen Folgen der andauernden Gemengelage aus Ukraine-Krieg und weiteren weltweiten geopolitischen Spannungen, hohen Energiekosten, Inflation plus Kaufkraftverlust sowie rasant gestiegenen Zinsen. Das drücke sich auch in den Zahlen aus: Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im zweiten Quartal 2023 – wieder einmal. Denn auch das Auftaktquartal des Jahres war nicht besser und lag sogar leicht unter der Nulllinie. Zusammen mit dem schwachen Verlauf des zweiten Halbjahres 2022 ergebe sich, dass die deutsche Wertschöpfung erneut unter dem Niveau des Vorjahres operiert. Deutschland schrumpfe als einzige Industrienation, bilanziert der Internationale Währungsfonds (IWF) dazu passend in seiner Herbst-Konjunkturprognose. Die Finanzexperten sehen darin vor allem Nachwirkungen des Energiepreisschocks.
Deutschland habe zwar in der Vergangenheit stets wirtschaftliche Anpassungsfähigkeit und hohe Flexibilität bewiesen, aktuell falle aber die größte Volkswirtschaft Europas im internationalen Vergleich zurück und drohe, dauerhaft an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, konstatieren die Verfasser der Diagnose Mittelstand. Das spürten auch die kleinen und mittleren Unternehmenskunden (KMU) der Sparkassen.
Die jährliche Expertenumfrage unter den Sparkassen-Gewerbekundenbetreuern erbrachte für 2023, dass knapp 66 Prozent der Firmenkunden ihre gegenwärtige Geschäftslage schlechter als im Vorjahr einschätzen. 2022 waren es nur 41 Prozent. Einen positiven Ausblick für die nächsten zwölf Monate wagen nur gut 4 Prozent der Befragten. Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Unsicherheiten ließen Unternehmen lange mit Investitionsentscheidungen ringen. Gleichzeitig sei aber der Finanzierungs- und Investitionsbedarf quer durch alle Bereiche nach der Sparkassen-Umfrage mittel bis hoch und der Beratungsbedarf der KMU hat bei knapp der Hälfte der Firmenkunden, insbesondere im Bereich der Transformationsfinanzierung, sogar zugenommen. Dennoch vollzögen weniger den Schritt von der Beratung zum Kreditvertrag – und das gerade auch bei dem für die nachhaltige Transformation wichtigen Thema Verbesserung der Energieeffizienz.
Strukturelle Investitionen erforderlich
„Vor dem Hintergrund des aktuell notwendigen Transformationsprozesses der Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise sitzen wir im selben Boot wie unsere Geschäftskunden. Auch wir müssen den Transformationsprozess zur nachhaltigen Aufstellung und Digitalisierung durchlaufen. Als Marktführer kennen wir unsere gewerblichen Kunden, die Region sowie die Bedingungen vor Ort und sind daher prädestiniert, den Mittelstand zu unterstützen“, hob Vorstandsvorsitzender Kai Hagen hervor.
Angesichts von Herausforderungen wie dem Erreichen von Energieeffizienz, digitaler Modernisierung und der Ausbildung von Fachkräften seien für eine nachhaltige Zukunft große strukturelle Investitionen erforderlich. Das sei im aktuellen schwierigen wirtschaftlichen Umfeld und bei einem erhöhten Zinsniveau für viele Unternehmen nicht einfach. „Sparkassen sind bereit und in der Lage, den Mittelstand bei seiner nachhaltigen Transformation mit kompetenter Beratung, passenden Finanzierungsangeboten und staatlichen Fördermitteln umfassend zu begleiten. Ein Beweis hierfür ist auch der mit 40 Prozent hohe Marktanteil der Sparkassen und Landesbanken an Unternehmenskrediten, der sie mit Abstand zum wichtigsten Finanzierer des deutschen Mittelstands macht“, erklärte Kai Hagen.