Bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs kritisierte der Verwaltungschef überbordende Abgaben an den Kreis. Auch das Land NRW sieht er in die Pflicht.

Balve Wenn’s ernst wird, ist Bürgermeister Hubertus Mühling immer mal für einen flotten Spruch gut. Der Verwaltungschef macht das mit Absicht. Er weiß, dass fein dosierte Scherze zu Lockerung in stressiger Sitzung führen können. Und dass den Ratsmitgliedern unangenehme Zahlen auf den Tischen lagen, war absehbar. Der Mix aus Steueranhebungen bei gleichzeitiger Leistungsabsenkung hebt nicht eben die Stimmung. Doch nach launiger Sitzungseröffnung wurde auch das Stadtoberhaupt nach eigenem Bekunden ungewohnt „emotional“. Was war der Grund?

Balves Rat berät den Haushalt: Bürgermeister Hubertus Mühling (Mitte. hinten) scherzt mit seinem Stellvertreter Michael Bathe.
Balves Rat berät den Haushalt: Bürgermeister Hubertus Mühling (Mitte. hinten) scherzt mit seinem Stellvertreter Michael Bathe. © Balve | jürgen overkott

Mühling hatte erklärt, warum die Anhebung der Grundsteuer aus Sicht der Verwaltung unumgänglich sei. Demnach sind die Transferleistungen an den Märkischen Kreis enorm gestiegen. „Sie erreichen fast die 50-Prozent-Marke“, stellte Mühling fest. Die Stadt Balve werde durch den Kostenanstieg geradezu „erwürgt“.

Ralf Runte (re.) wird Balves neuer Kämmerer - als Nachfolger von „Hansi“ Karthaus. Bürgermeister Hubertus Mühling gratuliert ihm.
Ralf Runte (re.) wird Balves neuer Kämmerer - als Nachfolger von „Hansi“ Karthaus. Bürgermeister Hubertus Mühling gratuliert ihm. © Balve | Stadt Balve

Der Verwaltungschef appellierte den Kreis, „an die kommunale Familie zu denken“. Zugleich mahnte er beim Land NRW „eine verlässliche, konstante und ausreichende Finanzierung“ der Kommunen an. Immerhin seien weder aufwendige Leistungen für Einrichtung und Betrieb der Offenen Ganztagsschule noch für die Betreuung von Geflüchteten auf kommunale Initiative zurückzugreifen. Vielmehr reagiere eine Verwaltung wie die Stadt Balve aus Vorgaben vom Bund: „Und dann muss der Bund die Kosten 1:1 tragen und nicht auf die Kommunen abwälzen.“

Balves Rat berät den Haushalt: „Hansi“ Karthaus nennt Zahlen.
Balves Rat berät den Haushalt: „Hansi“ Karthaus nennt Zahlen. © Balve | jürgen overkott

Die Zahl der Flüchtlinge ist in den vergangenen Wochen erneut gestiegen (WP berichtete). Laut Ratsvorlage hielten sich zuletzt 434 Geflüchtete im Stadtgebiet auf. Rund 40 Prozent von ihnen kommen aus der von Russland angegriffenen Ukraine, fast ein Drittel nach wie vor aus Syrien und knapp zehn Prozent aus dem Irak.

Derweil wird Wohnraum für diese Personengruppe knapp. Deshalb will die Verwaltung die alte Schule Volkringhausen als Unterkunft nutzen. Dafür sprechen laut Mühling zwei Gründe. Das leerstehende Gebäude sei bereits zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt worden. Obendrein brauche die Feuerwehr die bisher genutzten Räumlichkeiten nicht mehr. Nebenan, in Sanssouci, entsteht ein neues Feuerwehrgerätehaus. Allerdings seien neue Sanitäranlagen erforderlich. Die Stadt Balve will vor dem Gebäude Container für Duschen und Toiletten aufstellen. Die Verwaltungsvorlage wurde einstimmig angenommen. Thema beendet?

Balves Rat berät den Haushalt: Kommunale Akten - ganz gleich ob analog oder digital - sind trotz des Hackerangriffs verfügbar.
Balves Rat berät den Haushalt: Kommunale Akten - ganz gleich ob analog oder digital - sind trotz des Hackerangriffs verfügbar. © Balve | jürgen overkott

Keineswegs. Mühling sagte, eine große Gruppe rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber werde eben nicht abgeschoben. Stattdessen bleibe sie in den Kommunen. Der Umgang mit Personen aus dieser Gruppe sei nicht selten schwierig. Mühling sprach davon, dass Mitarbeiter der Verwaltung „drangsaliert“ würden. Damit werde bei ihm „eine gewisse rote Linie“ überschritten. Mühling betonte, die Verwaltung wolle sich nach wie vor für diejenigen Menschen einsetzen, die vor politischer oder religiöser Verfolgung in Deutschland Schutz suchen.