Beckum. Endlich sind sie wieder da, die Freunde aus Roussay. Halb Beckum ist auf den Beinen, um sie zu begrüßen. Selbstverständlich ist das nicht. Warum?
Diese Geschichte spendet Trost. Sie beginnt mit einem Ölgemälde in der Villa Lenze, und sie endet vorläufig an der Hönnetalhalle in Beckum. Nach dreijähriger Corona-Zwangspause wird die Städtepartnerschaft zwischen Beckum und Roussay, Frankreich, fortgesetzt. Aus einstigen Feinden sind längst Freunde geworden. Am Montagnachmittag feierten sie ein freudiges Wiedersehen. Und das war nur der Anfang.
Rückblende. Professor Peter Vieregge hat sich intensiv mit der Geschichte der Villa Lenze am Ortsrand in Richtung Hövel auseinandergesetzt. Im Treppenhaus hängt ein Ölgemälde, das die Burg Pfalzgrafenstein in Kaub am Rhein zeigt. Das Landschaftsbild hat eine politische Aussage. Es zeigt die Stelle, an der Preußens General Blücher 1813/14 den Rhein im Kampf gegen Napoleon überquerte. Bauherr Josef Lenze hat es aufgehängt. So wie er haben damals, vor mehr als 100 Jahren, viele Deutsche gedacht.
Der jetzige Hausherr Peter Vieregge denkt anders. Er freut sich, dass sich Deutsche und Franzosen ausgesöhnt haben: „Das ist schon toll, auch dieser Austausch hier, auf dieser kleinen Ebene fängt’s an.“ Er habe schon Besuch aus Roussay aufgenommen.
Fußball verbindet
Die Geschichte der Städtepartnerschaft geht zurück ins Jahr 1980. „Ein Beckumer und ein Roussayer Geflügelzuchtbetrieb haben damals kooperiert“, erinnert Ortsvorsteher Georg Wortmann. Aus Geschäftspartnerschaft ist längst Freundschaft geworden. Statt einiger Lkw-Fahrer engagiert sich inzwischen ein ganzes Dorf. Fußball verbindet zunächst. „Eine Idee war geboren, und 1980 fuhr ein Bus mit Jugend- und Seniorenspielern und weiteren Begleitern nach Roussay. Damals lernte ich die Familie Brin kennen. Ab da folgten – mit Unterbrechungen – immer wieder gegenseitige Besuche. Daraus bildete sich die Freundschaft zu Hervé und Dominique Brin“, erzählt Georg Wortmann. Die Beiden sind am Montag wieder dabei. Georg Wortmann: „Das ist eine von vielen langfristigen Freundschaften. Die meisten halten ewig.“
+++ WECHSEL IN BECKUMS PARTNERSCHAFTSKOMITEE +++
Der Sportverein hat den Anfang gemacht. Andere Vereine ziehen nach – etwa der Musikverein. Dazu kommt der Schüleraustausch. Ein Partnerschaftskomitee wird gegründet. Das Engagement hat viele Namen. Heiner Oest gehört dazu, Hans-Dieter Teichert, Meinolf Wortmann, Elfi Allefeld, Andrea Busche und, natürlich, Theresa Schmidt. Sie hat den Vorsitz des Komitees von Andrea Busche übernommen. Die deutsch-französische Freundschaft – sie läuft wie ein gut geölter Motor. Und dann kommt Corona.
„Ja, während Corona war es schwierig. Da sind die Besuche ausgefallen“, sagt Georg Wortmann. „Jeder hat für sich versucht, den Kontakt zu halten: selten per Telefon, das ist schwierig, wenn man die andere Sprache nicht gut genug spricht. Häufig über WhatsApp, manchmal auch privat als Videogespräch.“ Theresa Schmidt knüpft an: „Wir haben mal eine gemeinsame Komitee-Sitzung gemacht, eine gemeinsame Videokonferenz. Und es haben auch vom Komitee ganz, ganz viele regelmäßig Kontakt nach Frankreich gehalten. Das gilt auch für die Gastfamilien.“
Was Theresa Schmidt den Kontakt erleichtert hat: Seit ihrem Schulaustausch Ende der 90er Jahre ist sie mit dem Paar befreundet, das das Partnerschaftskomitee in Roussay leitet: „Normalerweise schlafen sie immer bei uns – aber diesmal sind sie leider verhindert.“ Das tut der Freundschaft keinen Abbruch. Im Gegenteil: Theresa Schmidt freut sich „über die kurzen Wege“.
Pause an der Sorpe
Auf der Straße indes sind die Wege lang. Knapp 1000 Kilometer hat die 50-köpfige Gruppe um Sandrine Lepine per Bus zurückgelegt. Bereits am Vorabend gegen 22.30 Uhr ist sie in Roussay abgefahren. Doch Theresa Schmidt weiß, dass die Franzosen Verzögerungen von vorn herein eingeplant haben – und Pausen. Bevor sie in Beckum – wie geplant – um 16 Uhr einrollen, haben sie noch einen kleinen Stopp an der Sorpe eingelegt.
+++ BECKUM FIEBERT BESUCH AUS FRANKREICH ENTGEGEN +++
Die Gäste, ob Klein oder Groß, erwartet ein pralles Programm. Bei den Schulkindern – so viel ist sicher – mischen sich Lernen und Vergnügen, Spiel und Sport. Dazu kommen viele Begegnungen jenseits geplanter Aktivitäten. „Und dabei ist es immer ein Vergnügen zu sehen, wie sich alle Mühe geben, dass ein Funke der Begeisterung auch auf neue Gäste überspringt“, weiß Georg Wortmann aus langjähriger Erfahrung. „Häufig gelingt das.“