Balve. Firmen sollen künftig Kredite nur dann günstig erhalten, wenn sie nachhaltig wirtschaften. Das sorgt für Verunsicherung im Hönnetal. Was tun?
Auf die mittelständische Wirtschaft kommt viel Arbeit zu – bei Kreditanträgen. Das Schlagwort lautet „nachhaltige Wirtschaft“. Das umfasst Standards für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Es geht um umweltfreundliche Produktion, Arbeitsschutz und gute Unternehmensführung. Die Vorgaben kommen von der Europäischen Union. Die Bundesbank drängt deutsche Geldinstitute zur Umsetzung der Regeln. Heimische Unternehmen sind verunsichert, der Beratungsbedarf ist groß.
Sparkassen-Sprecher Tomislav Majic erläutert den Hintergrund der neuen Kriterien für die Vergabe von Firmenkrediten: „Nachhaltigkeits- oder Klimarisiken gewinnen an Bedeutung.“ Majic nennt ein Beispiel: „Mit dem Klimawandel kommt es häufiger zu Starkregen und Unwettern. Das ist ein Risiko für Gebäude, die in gefährdeten Gebieten liegen. Mögliche Folge: Die Vergabe eines Kredits für solche Immobilien wird erschwert.“
Aber auch Risiken für das Ansehen von Unternehmen bei Nichteinhaltung von Standards für Soziales und Unternehmensführung fließen in die Prüfung von Kreditanträgen ein – angesichts „einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit“. Was bedeutet das für Betriebe?
Umbau von Geschäftsmodellen
„Jede fünfte Branche, darunter etwa die Land- und Forstwirtschaft, das Baugewerbe oder die Energie- und Wasserversorgung, gilt demnach als besonders sensibel für Nachhaltigkeitsrisiken“, sagt Majic. „Mit dem Megatrend Nachhaltigkeit müssen viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle umbauen.“
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Energieversorger oder energieintensive Hersteller haben laut Majic bereits reagiert. Demnach erzeugen oder verbrauchen sie weniger Energie mit hohen Treibhausgasemissionen. Stattdessen seien erneuerbare Energiequellen angesagt. „Gleichwohl benötigt die TransformationZeit und Geld“, weiß Majic.
Uwe Kleppel sieht das genauso. Er ist der Bereichsleiter für Firmenkunden bei der Volksbank Südwestfalen. Er beobachtet Verunsicherung vor allem bei kleineren Unternehmen in der Region. Sie können sich – im Gegensatz zu größeren Betrieben – keine Fachabteilung für nachhaltiges Wirtschaften leisten.
Doch der Druck wächst. „Kredite in Branchen mit erhöhten und hohen Nachhaltigkeitsrisiken erfordern in Zukunft eine besondere Begründung“: Diese Markt-Einschätzung teilen Majic und Kleppel. Mag die Digitalisierung längst auch die Geldwirtschaft erfasst haben: Bei der Einschätzung von ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit zahle sich die Nähe der Bank-Berater zur Kundschaft besonders aus. „Nur mit einem tiefen Verständnis des Geschäftsmodells eines Unternehmens lassen sich Entwicklungspotenziale erkennen und Nachhaltigkeitsrisiken treffsicher beurteilen“, heißt es.
Unternehmen müssen nicht fürchten, wegen Nachhaltigkeitsrisiken keine Kredite mehr zu erhalten. Majic: „Zusammen mit unseren Partnern in der Sparkassen-Finanzgruppe stehen wir bereit, unsere Unternehmen beim Umbau ihres Geschäftsmodells zu begleiten.“ Auch die Volksbank hilft. Kleppel merkt aber nebenher an, dass die Nichterfüllung von Nachhaltigkeitskriterien für ein Unternehmen teuer werden könne.
Immer wieder Seminare
Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) in Hagen will Risiken für Unternehmen verringern oder am besten vermeiden helfen. Es gebe „zunehmend verbindliche rechtliche Anforderungen“, teilt sie im Netz mit. „Das ist für viele Unternehmen eine sehr, sehr große Herausforderung“, stellt Dr. Fabian Schleithoff fest. Er ist bei der SIHK zuständig für die Beratung von Unternehmen. Der nachhaltige Umbau der Wirtschaft sei gerade eine von mehreren Herausforderungen.
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Die Corona-Krise habe der Wirtschaft Lockdowns und Lieferengpässe beschert, der Ukraine-Krieg steigende Preise und teilweise saftige Tariferhöhungen. Dazu kommt das A-45-Problem. „Viele Mittelständler haben Schwierigkeiten, die ersten Schritte zu machen.“ Die SIHK hat darauf reagiert. Sie hat auf ihrer Homepage (www.ihk.de/hagen/innovation/nachhaltigkeit) ein Informationspaket zu „Sustainable Finance“, wie das Themenfeld im Fachjargon heißt, zusammengestellt. Das sei längst nicht alles. „Wir bieten immer mal wieder Informationsveranstaltungen zu dem Thema an. Am 7. November bieten wir eine Veranstaltung – ,Gemeinwohl-Bilanz als Einstieg in das Nachhaltigkeitsmanagement’ – an“, betont Schleithoff. Die Industrie- und Handelskammern in NRW haben zudem gerade ein Nachhaltigkeitskompetenzzentrum aufgebaut. Dort sollen monatlich Fachveranstaltungen für Mitgliedsfirmen stattfinden: „Wir wollen ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.“ Der Akzent liegt auf „ein bisschen“. Die EU-Vorgabe sei da. Aber sie müsse in deutsches Recht umgesetzt werden: „Da ist häufig noch gar nicht alles klar.“ Das heißt: Fortsetzung folgt.