Balve. Die UWG wirkte bei den Haushaltsberatungen im Rat so uneinig wie selten. Anlass war vor allem das Baugebiet Schmandsack.

Die letzte Ratssitzung in diesem Jahr sollte versöhnlich wirken, der Adventsstimmung entsprechend, der Wahlkampf fürs Stadtparlament liegt ein Jahr zurück. Tatsächlich beharkten sich CDU-Mehrheit und Opposition weit weniger heftig als gewohnt. Stattdessen knirschte es an anderer Stelle. Die UWG sprach bei den Haushaltsberatungen keineswegs mit einer Stimme.

Niemand wunderte sich, dass UWG-Ratsherr Heinrich Stüeken ein weiteres Mal gegen das geplante Baugebiet Schmandsack stemmte. Er blieb damit seiner Linie treu, die er bereits seit langem fährt. „Der grüne Heinrich“, wie er zuweilen genannt wird, spricht sich gegen weitere Baugebiete im Stadtgebiet aus. Stüeken will Baulücken gefüllt sehen. Zusätzliche Wohngebiete im Stadtgebiet fressen Land, schaden Flora und Fauna: So lautet Stüekens Credo. Ähnlich wetterte er gegen den Schmandsack. Der Artenschutz sei nicht hinreichend geprüft, eine Zustimmung des Rat rechtlich nicht zulässig.

Bauamtschef Sven Rothauge hielt gegen. Er räumte zwar ein, dass die Prüfung des Artenschutzes noch nicht abgeschlossen sei, verwies aber darauf, dass das Vorgehen der Stadt mit der Unteren Naturschutzbehörde des Märkischen Kreises abgesprochen sei. Sobald das Ergebnis der Artenschutz-Prüfung vorliege, könne es nachgereicht werden. Bis dahin werde es keine öffentliche Freigabe für das Baugebiet geben, das Baugebiet keine Rechtskraft erlangen. Mit einem Stopp der Pläne rechnet im Rathaus allerdings niemand.

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Doch Stüekens Auftritt war nur der Anfang. Ihm folgte UWG-Politiker Peter Glasmacher. Ihm war der „Kassandra-Ruf“ (Glasmacher) so wichtig, dass er seine Rede der Redaktion am Donnerstag noch einmal schriftlich vorlegte. Glasmacher trug seine Position leidenschaftlich vor. Was bei CDU, SPD und vor allem beim jüngeren Teil der UWG-Fraktion für Verwunderung sorgte: Glasmacher setzte sich in gleich drei Punkten von der Fraktionslinie ab. Zunächst pflichtete er der CDU ausdrücklich bei. Sie hatte sich für einen städtischen Zuschuss für die Sanierung des Reiterstadions stark gemacht. Zudem solle der Neustart des Sozialen Wohnungsbaus durch Private erfolgen.

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Schließlich argumentierte Glasmacher gegen den Schmandsack. Er bemühte gleich eine „staatsbürgerliche Pflicht“. Er wolle „Schaden von Balve“ abwehren. Glasmacher unkte, das Projekt Schmandsack werde „ein desaströses finanzielles und bautechnisches Abenteuer“. Zugleich räumte Glasmacher ein, die Stadt Balve habe den Schmandsack für „wenig Geld“ gekauft und hoffe auf ein großes „Geschäft“.

Investition in altersgerechtes Wohnen

Tatsächlich aber sei der Schmandsack „die denkbar schlechteste, um nicht zu sagen: ungeeignetste Baufläche in Balve“. Glasmachers Sicht: Das Gelände sei zu steil. Bei Starkregen werde Boden weggeschwemmt. Die beiden Erschließungsstraßen seien Sackgassen. Die Entwässerung sei „schwierig“. Am Nordhang Schmandsack seien hohe Heizkosten zu befürchten. Zugleich sah Glasmacher es als Gefahr für die Stadt an, wenn Grundstücke an Auswärtige verkauft werden. Stattdessen empfahl der Ratsherr städtische Investitionen in altersgerechtes Wohnen in der Innenstadt. Das mache Einfamilienhäuser für junge Balver Familien frei. Das Baugebiet „Hönnewiesen“ sei ausreichend.

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UWG-Fraktionschef Lorenz Schnadt sah den Schmandsack ebenfalls als B-Lösung. Zugleich betonte er, für ihn gebe es keine Alternative, weil jenseits der beiden Baugebiete so gut wie keine freien Grundstücke verfügbar seien. Schnadt nannte ein weiteres Mal das Baugebiet Liboriweg. Verhandlungsfortschritte sind bisher übersichtlich. Am Ende stimmte die UWG für den Schmandsack – bis auf Stüeken und Glasmacher.

Ende der Geschichte? Keineswegs. Im Rat blieb ein Thema unerwähnt. Das Baugebiet selbst gehört der Stadt. Dennoch laufen noch Verhandlungen mit Privateigentümern, unter anderem wegen des Regenrückhalte-Beckens im Hönnetal. Wem der Boden gehört, mochte Bauamtschef Rothauge auf Anfrage der Westfalenpost nicht sagen. Er berief sich auf schutzwürdige Privatinteressen.