Balve/Lendringsen. In der Corona-Zeit kommen immer mehr Balver auf den Hund. Doch solch eine Anschaffung will gut überlegt sein.

In der Corona-Zeit kommen in Balve mehr Menschen als sonst auf den Hund. Die Menschen im Hönnetal verbringen gerade mehr Zeit zu Hause. Einige, die sich schon im Vorfeld lange Gedanken über ein Tier gemacht haben, nutzen gerade die Gelegenheit, sich einen vierbeinigen Begleiter zuzulegen. „In der Praxis haben wir viele neue Familien, die sich jetzt für einen Hund entschieden haben“, erklärt die TierärztinAlexandra Gaberle aus Balve. Die Stadt Balve bestätigt, dass die Anzahl an Hundeneuanmeldungen in den letzten 18 Monaten überdurchschnittlich hoch sei. Aber woran liegt das?

Tierärztin Lisa Keil aus Lendringsen mit Kleinvieh. Der Trend geht aber unzweifelshaft zum Hund.
Tierärztin Lisa Keil aus Lendringsen mit Kleinvieh. Der Trend geht aber unzweifelshaft zum Hund. © WP | Sophie Becker

„Vor allem der ausgefallene Urlaub ist für viele Familien, die seit Längerem mit Gedanken spielen, einen Hund aufzunehmen, der Ausschlag gewesen, sich ihren Hundewunsch zu erfüllen“, berichtet Lisa Keil, Tierärztin aus Lendringsen. Ein weiterer Grund für die vielen Neuanschaffungen ist Gaberle zufolge, dass sich die Leute zurzeit mehr in der Natur aufhalten, und lange Spaziergänge im Wald seien mit Hund einfach schöner.

Viele Menschen haben mehr Zeit zur Verfügung, um sich um einen Hund zu kümmern. Die 24 Stunden Betreuung im Familienverbund aufgrund von Homeoffice und Homeschooling ist gerade für Welpen und Junghunde ideal. Laut Keil waren viele Katzen hingegen anfangs ein wenig irritiert davon, dass die Menschen jetzt mehr zuhause sind. Die Zahl der Kittenadoptionen ist angestiegen. Aber nach Gaberles persönlichem Eindruck werden momentan deutlich mehr junge Hunde adoptiert.

Dadurch hat sich auch der Praxisalltag der beiden Tierärztinnen verändert. Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte Lisa Keil damit gerechnet, dass der Praxisbetrieb abnehme. Aber seit den Menschen im letzten Sommer bewusst geworden ist, dass wir jetzt wohl erst einmal eine längere Zeit mit Corona leben müssen, haben die Tierärztinnen mehr zu tun als vorher. Den Menschen im Homeoffice fällt häufiger und früher auf, wenn etwas mit ihrem Tier nicht stimmt.

Dr. Alexandra Gaberle bei einem Stöbertag vor Corona: In der Zeit der Pandemie kommen Balver immer mehr auf den Hund.
Dr. Alexandra Gaberle bei einem Stöbertag vor Corona: In der Zeit der Pandemie kommen Balver immer mehr auf den Hund. © WP | Marcus Bottin

„Die Hauptursache für die vollen Sprechstunden ist aber die steigende Zahl an neuen Hundebesitzern“, weiß Keil. Viele Familien nehmen gerade zum ersten Mal einen Welpen auf. „Das ist absolut nicht rassenabhängig, sondern kunterbunt durchgemischt bei uns in der Praxis“, berichtet Alexandra Gaberle. Aufgrund der hohen Auslastung seien Covid-Impfungen für Menschen in den Praxen momentan nicht möglich. In der Impfkampagne fehlt es auch nicht an Impfärzten, sondern nach wie vor an Impfdosen, sagen die beiden Tierärztinnen übereinstimmend.

In Tierpraxen können hundeinteressierte Personen einen Beratungstermin vereinbaren, um sich vor dem Kauf über alles Wichtige zu informieren. Obwohl momentan viel dafür spricht, sich einen tierischen Begleiter nach Hause zu holen: Der Kauf eines Hundes sollte gut durchdacht sein.

Anschaffung will überlegt sein

„Bevor man sich einen Hund anschafft, ist wichtig zu überlegen, ob ich mir das Tier auch wirklich leisten kann“, berichtet Gaberle. Arztrechnungen für die Tiere können nämlich schnell mehrere Hundert Euro betragen. Dazu kommen die Kosten für das Futter. Gaberle zufolge scheint vielen bei der Anschaffung aber nicht klar zu sein, wie teuer ein Hund im Unterhalt wirklich ist. Für reinrassige Welpen bezahlen Halter teilweise mehrere Tausend Euro, aber bei den Arztkosten für eine Impfung oder Zeckenschutzmittel wird über die hohen Preise gemeckert. Für die Tierärztin passt das nicht zusammen.

Laut Keil ist es außerdem wichtig, sich schon im Vorfeld zu überlegen, ob in einem gesundheitlichen Notfall genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Denn die Kosten für medizinische Eingriffe wie Operationen belaufen sich häufig auf vierstellige Summe. Wenn dafür die Rücklagen nicht ausreichen, sollte man den Hundekauf noch mal sorgfältig überdenken.

EXTRA: KRITISCHE SICHT AUF TREND

Die heimischen Tierärztinnen Alexandra Gaberle und Lisa Keil stehen dem aktuellen Hundetrend durchaus kritisch gegenüber. Sie sorgen sich, dass in der Zeit nach Corona die Zahlen abgegebener Hunde in Tierheimen ansteigen.

Dazu kommt, dass junge Hunde ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr knuffig sind, sondern in ihrer Pubertät groß und anstrengend. Besonders dann ist zeitaufwendige Erziehung nötig. Aber aktuell sind die Hundeschulen dicht. Die Fachfrauen befürchten, dass Hundeanfänger ohne Unterstützung schnell überfordert sein könnten.