Balve.

Der Balver Daniel Pütz und eine breites Bündnis aus der nordrhein-westfälischen Chor-Szene fordern eine Lockerung der Corona-Regeln. Sollte die Landesregierung untätig bleiben, fürchten Chorleiter um ihre berufliche Existenz und Chöre um ihren Fortbestand.

Die Sänger auf der Tribüne des Reitstadions Wocklum im Sicherheitsabstand, vorne Chorleiter Hubertus Schönauer
Die Sänger auf der Tribüne des Reitstadions Wocklum im Sicherheitsabstand, vorne Chorleiter Hubertus Schönauer © WP | Alexander Lück

Pütz, ausgebildeter Chorleiter, hat eine Petition ans Land verfasst. Er verweist zunächst auf die Bedeutung der Chorszene für das gesellschaftliche wie kulturelle Leben zwischen Rhein und Weser. Pütz: „Über die meist als Verein organisierten Gruppen wird nicht nur die Musik gepflegt, sondern speziell in ländlichen Regionen das Dorfleben und das Ehrenamt getragen.“ Allein in der größten Dachorganisation, dem Chorverband NRW, seien 200.000 Singende in rund 3.000 Chören organisiert.

Unpraktikable Regeln

Die Chorszene sieht durch ihrer Ansicht nach unpraktikabele Corona-Regeln ungewollt zum Schweigen gebracht: „Wir fühlen uns wie Sängerinnen und Sänger ohne Stimme.“ Die Corona-Schutzverordnung des Landes habe „immer wieder widersprüchliche Angaben zum Proben- und Konzertbetrieb gemacht, die für viel Verwirrung gesorgt haben“. Die Chorszene betont, keine Fundamental-Opposition gegen die Corona-Regeln zu betreiben: „Wir waren bisher bereit, auf einen großen Teil unserer Freizeitgestaltung zum Wohle der Allgemeinheit zu verzichten.“ Chöre fühlen sich mit Blick auf die immer weiter fortschreitenden Öffnungen bei Reisen, in der Gastronomie und bei Veranstaltungen benachteiligt.

„Sänger müssen singen“, stellt Pütz fest. Chöre seien von ihren Mitgliedern abhängig. Das Gros der Mitglieder sei bereit, Vereinsbeiträge zu zahlen, obwohl so gut wie keine Proben und Konzerte stattfinden. Wichtiger Stichtag ist hierbei das Ende der Schulferien. Danach beginnt üblicherweise wieder der Probenbetrieb.

Doch die aktuellen Abstandsregeln – so etwa vier Meter Abstand nach vorn – machen gemeinsames Singen illusorisch. Allein die Kommunikation zwischen den Chor-Mitgliedern sei so kaum zu gewährleisten. Dazu komme, dass sich kirchennahe Chöre übers ganze Kirchenschiff verteilen müssten, um der Verordnung Rechnung zu tragen. Stücke seien so unter rein akustischen Gesichtspunkten kaum einzustudieren.

1,5 Meter zur Seite und bis 2,5 Meter nach vorn: Das sei „einigermaßen“ akzeptabel. Pütz bringt etliche Belege für seine Forderungen. So beruft er sich auf eine Studie der Musikhochschule Marburg sowie Berichterstattung der „Ärztezeitung“.

Konzert in St. Blasius: Männerchor trifft Kirchenchor.
Konzert in St. Blasius: Männerchor trifft Kirchenchor. © WP

Sollten die Abstandsregeln für Sängerinnen und Sänger nicht alltagsnahen Erfordernissen angepasst werden, ahnt Pütz, werden Austritte „die Folge sein“.

Das träfe vor allem junge Chöre, meinte er. Junge Ensembles seien vor allem beitragsfinanziert. Ohne Geld in der Vereinskasse seien Chorleiter nicht zu bezahlen.

Angst vor grassierendem Chorsterben

Doch gerade junge Chöre seien wichtig, um dem vielerorts grassierenden Chor-Sterben entgegenzuwirken. Pütz fürchtet, dass in Ehren grau gewordene Sängerbünde ohnehin aus Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus vor der Aufgabe stehen.

„Umso wichtiger, dass den zukunftsfähigen Chören eine Überlebenschance durch geregelte Probentätigkeit unter vernünftigen Hygiene-Auflagen ermöglicht wird“. argumentiert Pütz. Die verringerten Abstandsvorgeben sollen nach seinen Vorstellungen bereits in der nächsten Auflage der Corona-Schutzverordnung stehen.